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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
mittiret worden/ ließ er es nicht allein gar schlecht li-
gen/ sondern/ da er kurtz hernach in einen Streit we-
gen einer Erbschafft verfiel/ und für der Obrigkeit ein
Verzeichnüß aller beweg-und unbeweglichen Güther
herauß geben solte/ da brachte er lauter hoch-trabende
Doctor-Worte herfür/ und gab dem Verzeichnüß die-
sen Titul: Jurata Designatio omnium Mobiliorum
& Immobiliorum.
Von diesem hätte man wol sagen
mögen: Si tacuisses, Philosophus mansisses. Weil ihm
das Latein zu schwer/ möchte er wol bey der Mutter-
Sprache geblieben seyn. Ein einziges Wort/ eine
Sylbe/ ja ein Buchstabe kan einen im Lateinischen
gar bald verrathen/ ob er es verstehe/ oder nicht. Hin-
gegen habe ich auf Academien einen Menschen ge-
kannt/ dem man es nicht angesehen hätte/ daß er so wol
studiret hatte/ dieser hatte zu Hauß/ und in seiner
Schul so wacker proficiret/ daß er auch so gar seinen
eigenen Professoribus im Disputiren ist oben gelegen;
Daher/ weil man daselbst die Gradus Academicos,
sonderlich deß Doctorats Utriusque Juris, ihme nicht
hat mittheilen/ und geben können/ ist er auf Kosten
seines Lands-Fürsten auf die Universität/ allwo ich
mich auch selbiger Zeit aufgehalten/ geschicket wor-
den/ um ein halb Jahr lang daselbst seine Studia zu
perfectioniren/ und endlich den Ehren-Grad deß Do-
ctorat
s anzunehmen. Dieser Kerl erzeigete sich so
Idiotisch/ plump und ungelehrt/ daß sein Professor an
ihm/ wegen der Promotion, anfienge zu desperiren;
Ja/ er bekennete auch offentlich/ und zu verschiedenen
mahlen/ bey seinen Herren Collegis, daß er an seinem
Kostgänger und Discipul gar nicht finde/ was man an
ihm so stattlich gelobet.

Was geschiehet? Auß Rath anderer Herren
Professoren/ muste ihm dieser Kerl eine Thesin, ad

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Q

Romans I. Buch.
mittiret worden/ ließ er es nicht allein gar ſchlecht li-
gen/ ſondern/ da er kurtz hernach in einen Streit we-
gen einer Erbſchafft verfiel/ und fuͤr der Obrigkeit ein
Verzeichnuͤß aller beweg-und unbeweglichen Guͤther
herauß geben ſolte/ da brachte er lauter hoch-trabende
Doctor-Worte herfuͤr/ und gab dem Verzeichnuͤß die-
ſen Titul: Jurata Deſignatio omnium Mobiliorum
& Immobiliorum.
Von dieſem haͤtte man wol ſagen
moͤgen: Si tacuiſſes, Philoſophus manſiſſes. Weil ihm
das Latein zu ſchwer/ moͤchte er wol bey der Mutter-
Sprache geblieben ſeyn. Ein einziges Wort/ eine
Sylbe/ ja ein Buchſtabe kan einen im Lateiniſchen
gar bald verrathen/ ob er es verſtehe/ oder nicht. Hin-
gegen habe ich auf Academien einen Menſchen ge-
kañt/ dem man es nicht angeſehen haͤtte/ daß er ſo wol
ſtudiret hatte/ dieſer hatte zu Hauß/ und in ſeiner
Schul ſo wacker proficiret/ daß er auch ſo gar ſeinen
eigenen Profeſſoribus im Diſputiren iſt oben gelegen;
Daher/ weil man daſelbſt die Gradus Academicos,
ſonderlich deß Doctorats Utriusque Juris, ihme nicht
hat mittheilen/ und geben koͤnnen/ iſt er auf Koſten
ſeines Lands-Fuͤrſten auf die Univerſitaͤt/ allwo ich
mich auch ſelbiger Zeit aufgehalten/ geſchicket wor-
den/ um ein halb Jahr lang daſelbſt ſeine Studia zu
perfectioniren/ und endlich den Ehren-Grad deß Do-
ctorat
s anzunehmen. Dieſer Kerl erzeigete ſich ſo
Idiotiſch/ plump und ungelehrt/ daß ſein Profeſſor an
ihm/ wegen der Promotion, anfienge zu deſperiren;
Ja/ er bekennete auch offentlich/ und zu verſchiedenen
mahlen/ bey ſeinen Herren Collegis, daß er an ſeinem
Koſtgaͤnger und Diſcipul gar nicht finde/ was man an
ihm ſo ſtattlich gelobet.

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Profeſſoren/ muſte ihm dieſer Kerl eine Theſin, ad

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[241/0253] Romans I. Buch. mittiret worden/ ließ er es nicht allein gar ſchlecht li- gen/ ſondern/ da er kurtz hernach in einen Streit we- gen einer Erbſchafft verfiel/ und fuͤr der Obrigkeit ein Verzeichnuͤß aller beweg-und unbeweglichen Guͤther herauß geben ſolte/ da brachte er lauter hoch-trabende Doctor-Worte herfuͤr/ und gab dem Verzeichnuͤß die- ſen Titul: Jurata Deſignatio omnium Mobiliorum & Immobiliorum. Von dieſem haͤtte man wol ſagen moͤgen: Si tacuiſſes, Philoſophus manſiſſes. Weil ihm das Latein zu ſchwer/ moͤchte er wol bey der Mutter- Sprache geblieben ſeyn. Ein einziges Wort/ eine Sylbe/ ja ein Buchſtabe kan einen im Lateiniſchen gar bald verrathen/ ob er es verſtehe/ oder nicht. Hin- gegen habe ich auf Academien einen Menſchen ge- kañt/ dem man es nicht angeſehen haͤtte/ daß er ſo wol ſtudiret hatte/ dieſer hatte zu Hauß/ und in ſeiner Schul ſo wacker proficiret/ daß er auch ſo gar ſeinen eigenen Profeſſoribus im Diſputiren iſt oben gelegen; Daher/ weil man daſelbſt die Gradus Academicos, ſonderlich deß Doctorats Utriusque Juris, ihme nicht hat mittheilen/ und geben koͤnnen/ iſt er auf Koſten ſeines Lands-Fuͤrſten auf die Univerſitaͤt/ allwo ich mich auch ſelbiger Zeit aufgehalten/ geſchicket wor- den/ um ein halb Jahr lang daſelbſt ſeine Studia zu perfectioniren/ und endlich den Ehren-Grad deß Do- ctorats anzunehmen. Dieſer Kerl erzeigete ſich ſo Idiotiſch/ plump und ungelehrt/ daß ſein Profeſſor an ihm/ wegen der Promotion, anfienge zu deſperiren; Ja/ er bekennete auch offentlich/ und zu verſchiedenen mahlen/ bey ſeinen Herren Collegis, daß er an ſeinem Koſtgaͤnger und Diſcipul gar nicht finde/ was man an ihm ſo ſtattlich gelobet. Was geſchiehet? Auß Rath anderer Herren Profeſſoren/ muſte ihm dieſer Kerl eine Theſin, ad diſpu- Q

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/253>, abgerufen am 27.06.2024.