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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
disputandum & defendendum, erwählen/ worzu man
ihm 3. Wochen Zeit vergönnete. Dieser aber nahm
anfänglich die allerschwereste Materie zu Hand/ wiese
solche seinem Herrn Professori, welcher darüber den
Kopff geschüttelt/ und ihn gefraget/ ob er ihm ge-
traue/ in so schwerer Materie bestand zu seyn? Dieser
gab zur Antwort: Er verhoffete/ was er nicht könne/
das werde sein Herr Professor können. An Statt der
3. bestimmten Wochen/ verfertigte er innerhalb zween
Tagen etliche Bögen/ mit so tieff-sinniger Materie,
und accuratem Stylo, daß sich der Professor nicht
gnugsamlich darüber verwundern kunte.

Ferner wurde ihm auch die Wahl/ Opponenten
zu ersuchen/ gegeben; Jndem aber der Professor ver-
meynete/ er werde etwa nur Kerls aufsuchen/ die Me-
diocris Eruditionis
und Scientiae seyn/ da hat er ihme
die allerfürtrefflichste Ingenia und Subjecta erkieset/
welche nicht allein in Linguis Orientalibus, sondern
auch in Theoria & in omni Facultate trefflich versiret/
und wol durchgetrieben waren.

Dem Professori war bey dieser Sache fast äng-
ster und bänger/ als dem Defendenten selber. Der Tag
und die Stunde zum offentlichen Disputiren war da/
die allergelehrtesten Auditores stelleten sich ein/ die
Herren Opponenten begunten ihr Disputir-Gewöhr
nach einander aufzuheben; Der Defendent sahe auf
der Cathedra halb todt auß/ und wurde Jedermann
wegen seiner so albern Postur, an Statt seiner/ fast zu
todt Angst; Nachdem er aber die Syllogismos zier-
lich nach einander reassumirte/ dieselbe Meisterlich
distinguirte/ seine Distinctiones herrlich dilucidirte/
und erklärete/ hat er sich darinnen so Masculos, so zier-
lich und artig/ so Grund-gelehrt und Ingenios auf-
geführet/ daß er nicht allein seine gelehrte und im

Disputi-

Deß Academiſchen
diſputandum & defendendum, erwaͤhlen/ worzu man
ihm 3. Wochen Zeit vergoͤnnete. Dieſer aber nahm
anfaͤnglich die allerſchwereſte Materie zu Hand/ wieſe
ſolche ſeinem Herꝛn Profeſſori, welcher daruͤber den
Kopff geſchuͤttelt/ und ihn gefraget/ ob er ihm ge-
traue/ in ſo ſchwerer Materie beſtand zu ſeyn? Dieſer
gab zur Antwort: Er verhoffete/ was er nicht koͤnne/
das werde ſein Herꝛ Profeſſor koͤnnen. An Statt der
3. beſtimmten Wochen/ verfertigte er innerhalb zween
Tagen etliche Boͤgen/ mit ſo tieff-ſinniger Materie,
und accuratem Stylo, daß ſich der Profeſſor nicht
gnugſamlich daruͤber verwundern kunte.

Ferner wurde ihm auch die Wahl/ Opponenten
zu erſuchen/ gegeben; Jndem aber der Profeſſor ver-
meynete/ er werde etwa nur Kerls aufſuchen/ die Me-
diocris Eruditionis
und Scientiæ ſeyn/ da hat er ihme
die allerfuͤrtrefflichſte Ingenia und Subjecta erkieſet/
welche nicht allein in Linguis Orientalibus, ſondern
auch in Theoria & in omni Facultate trefflich verſiret/
und wol durchgetrieben waren.

Dem Profeſſori war bey dieſer Sache faſt aͤng-
ſter und baͤnger/ als dem Defendenten ſelber. Der Tag
und die Stunde zum offentlichen Diſputiren war da/
die allergelehrteſten Auditores ſtelleten ſich ein/ die
Herren Opponenten begunten ihr Diſputir-Gewoͤhr
nach einander aufzuheben; Der Defendent ſahe auf
der Cathedra halb todt auß/ und wurde Jedermann
wegen ſeiner ſo albern Poſtur, an Statt ſeiner/ faſt zu
todt Angſt; Nachdem er aber die Syllogiſmos zier-
lich nach einander reaſſumirte/ dieſelbe Meiſterlich
diſtinguirte/ ſeine Diſtinctiones herꝛlich dilucidirte/
und erklaͤrete/ hat er ſich darinnen ſo Maſculos, ſo zier-
lich und artig/ ſo Grund-gelehrt und Ingenios auf-
gefuͤhret/ daß er nicht allein ſeine gelehrte und im

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[242/0254] Deß Academiſchen diſputandum & defendendum, erwaͤhlen/ worzu man ihm 3. Wochen Zeit vergoͤnnete. Dieſer aber nahm anfaͤnglich die allerſchwereſte Materie zu Hand/ wieſe ſolche ſeinem Herꝛn Profeſſori, welcher daruͤber den Kopff geſchuͤttelt/ und ihn gefraget/ ob er ihm ge- traue/ in ſo ſchwerer Materie beſtand zu ſeyn? Dieſer gab zur Antwort: Er verhoffete/ was er nicht koͤnne/ das werde ſein Herꝛ Profeſſor koͤnnen. An Statt der 3. beſtimmten Wochen/ verfertigte er innerhalb zween Tagen etliche Boͤgen/ mit ſo tieff-ſinniger Materie, und accuratem Stylo, daß ſich der Profeſſor nicht gnugſamlich daruͤber verwundern kunte. Ferner wurde ihm auch die Wahl/ Opponenten zu erſuchen/ gegeben; Jndem aber der Profeſſor ver- meynete/ er werde etwa nur Kerls aufſuchen/ die Me- diocris Eruditionis und Scientiæ ſeyn/ da hat er ihme die allerfuͤrtrefflichſte Ingenia und Subjecta erkieſet/ welche nicht allein in Linguis Orientalibus, ſondern auch in Theoria & in omni Facultate trefflich verſiret/ und wol durchgetrieben waren. Dem Profeſſori war bey dieſer Sache faſt aͤng- ſter und baͤnger/ als dem Defendenten ſelber. Der Tag und die Stunde zum offentlichen Diſputiren war da/ die allergelehrteſten Auditores ſtelleten ſich ein/ die Herren Opponenten begunten ihr Diſputir-Gewoͤhr nach einander aufzuheben; Der Defendent ſahe auf der Cathedra halb todt auß/ und wurde Jedermann wegen ſeiner ſo albern Poſtur, an Statt ſeiner/ faſt zu todt Angſt; Nachdem er aber die Syllogiſmos zier- lich nach einander reaſſumirte/ dieſelbe Meiſterlich diſtinguirte/ ſeine Diſtinctiones herꝛlich dilucidirte/ und erklaͤrete/ hat er ſich darinnen ſo Maſculos, ſo zier- lich und artig/ ſo Grund-gelehrt und Ingenios auf- gefuͤhret/ daß er nicht allein ſeine gelehrte und im Diſputi-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/254>, abgerufen am 28.06.2024.