Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans I. Buch.
Kind zu sehen. Hiermit wandte er sich zu der andern
Jungfrau/ die sich Ilmene nennete/ und forschete/ wie
sie so genau zuhörete/ ob sie etwa auch die Lateinische
Sprache verstünde? Aures hominum, war ihre Ant-
wort/ plerumque novitate laetantur. Diese Antwort
bestürtzete den Teutschen noch mehr/ daß er meynete/
er wäre unter lauter Musen gerathen. Er bekannte
aber dieser Ilmene, daß man in gantz Teutschland von
der gelehrten Carola Catharina Patina zu sagen wüste/
und daß mancher Printz verlangete/ sie zu sehen. Ilme-
ne
sprach hierauf anders nichts/ als dieses: Principi-
bus placuisse viris non ultima laus est.
Und Klingen-
feld forschete/ was sie bewogen hätte/ die schwere Stu-
dia
anzutretten? Die Antwort war diese: Invenio
apud sapientes, honestisfimum esse, majorum vestigia
sequi, si modo recto itinere praecesserint.

Nachdem endlich der Printz seinen Discurs mit
der andern Damoiselle geendiget/ bekannte er/ daß er
ihres gleichen unter dem Fräulichen Geschlecht sein
Lebtage nicht gefunden/ glaube auch nicht/ daß jemah-
len eine Dame auf die Studia sich insonderheit geleget
hätte. Klingenfeld fiel ihm jetzo mit grosser Beschei-
denheit ins Wort/ und sagte: Mein Printz/ ich muß
zwar selber bekennen/ daß ich nimmer das Glück ge-
habt/ mit dergleichen gelehrten Jungfrauen/ wie diese
sind/ zu reden/ inzwischen aber ist nicht zu läugnen/
daß man wol ehe in der Welt dergleichen kluge und
hochgelehrte Jungfrauen und Frauen gehabt/ als er
nun ersuchet ward/ als ein gelehrter Cavallier, ihnen
etliche Exempel fürzustellen/ da ließ er sich in folgen-
den Discurs herauß: Ein gemeiner Mann stehet in
den Gedancken/ je einfältiger ein Weibs-Bild/ je
züchtiger es sey/ dahero tadelt ein solcher an dem
Frauenzimmer die freyen Künste und hohen Wissen-

schaff-
S 3

Romans I. Buch.
Kind zu ſehen. Hiermit wandte er ſich zu der andern
Jungfrau/ die ſich Ilmene nennete/ und forſchete/ wie
ſie ſo genau zuhoͤrete/ ob ſie etwa auch die Lateiniſche
Sprache verſtuͤnde? Aures hominum, war ihre Ant-
wort/ plerumque novitate lætantur. Dieſe Antwort
beſtuͤrtzete den Teutſchen noch mehr/ daß er meynete/
er waͤre unter lauter Muſen gerathen. Er bekannte
aber dieſer Ilmene, daß man in gantz Teutſchland von
der gelehrten Carola Catharina Patina zu ſagen wuͤſte/
und daß mancher Printz verlangete/ ſie zu ſehen. Ilme-
ne
ſprach hierauf anders nichts/ als dieſes: Principi-
bus placuiſſe viris non ultima laus eſt.
Und Klingen-
feld forſchete/ was ſie bewogen haͤtte/ die ſchwere Stu-
dia
anzutretten? Die Antwort war dieſe: Invenio
apud ſapientes, honeſtiſfimum eſſe, majorum veſtigia
ſequi, ſi modò rectô itinere præceſſerint.

Nachdem endlich der Printz ſeinen Diſcurs mit
der andern Damoiſelle geendiget/ bekannte er/ daß er
ihres gleichen unter dem Fraͤulichen Geſchlecht ſein
Lebtage nicht gefunden/ glaube auch nicht/ daß jemah-
len eine Dame auf die Studia ſich inſonderheit geleget
haͤtte. Klingenfeld fiel ihm jetzo mit groſſer Beſchei-
denheit ins Wort/ und ſagte: Mein Printz/ ich muß
zwar ſelber bekennen/ daß ich nimmer das Gluͤck ge-
habt/ mit dergleichen gelehrten Jungfrauen/ wie dieſe
ſind/ zu reden/ inzwiſchen aber iſt nicht zu laͤugnen/
daß man wol ehe in der Welt dergleichen kluge und
hochgelehrte Jungfrauen und Frauen gehabt/ als er
nun erſuchet ward/ als ein gelehrter Cavallier, ihnen
etliche Exempel fuͤrzuſtellen/ da ließ er ſich in folgen-
den Diſcurs herauß: Ein gemeiner Mann ſtehet in
den Gedancken/ je einfaͤltiger ein Weibs-Bild/ je
zuͤchtiger es ſey/ dahero tadelt ein ſolcher an dem
Frauenzimmer die freyen Kuͤnſte und hohen Wiſſen-

ſchaff-
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0289" n="277"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
Kind zu &#x017F;ehen. Hiermit wandte er &#x017F;ich zu der andern<lb/>
Jungfrau/ die &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Ilmene</hi> nennete/ und for&#x017F;chete/ wie<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;o genau zuho&#x0364;rete/ ob &#x017F;ie etwa auch die Lateini&#x017F;che<lb/>
Sprache ver&#x017F;tu&#x0364;nde? <hi rendition="#aq">Aures hominum,</hi> war ihre Ant-<lb/>
wort/ <hi rendition="#aq">plerumque novitate lætantur.</hi> Die&#x017F;e Antwort<lb/>
be&#x017F;tu&#x0364;rtzete den Teut&#x017F;chen noch mehr/ daß er meynete/<lb/>
er wa&#x0364;re unter lauter <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;</hi>en gerathen. Er bekannte<lb/>
aber die&#x017F;er <hi rendition="#aq">Ilmene,</hi> daß man in gantz Teut&#x017F;chland von<lb/>
der gelehrten <hi rendition="#aq">Carola Catharina Patina</hi> zu &#x017F;agen wu&#x0364;&#x017F;te/<lb/>
und daß mancher Printz verlangete/ &#x017F;ie zu &#x017F;ehen. <hi rendition="#aq">Ilme-<lb/>
ne</hi> &#x017F;prach hierauf anders nichts/ als die&#x017F;es: <hi rendition="#aq">Principi-<lb/>
bus placui&#x017F;&#x017F;e viris non ultima laus e&#x017F;t.</hi> Und Klingen-<lb/>
feld for&#x017F;chete/ was &#x017F;ie bewogen ha&#x0364;tte/ die &#x017F;chwere <hi rendition="#aq">Stu-<lb/>
dia</hi> anzutretten? Die Antwort war die&#x017F;e: <hi rendition="#aq">Invenio<lb/>
apud &#x017F;apientes, hone&#x017F;ti&#x017F;fimum e&#x017F;&#x017F;e, majorum ve&#x017F;tigia<lb/>
&#x017F;equi, &#x017F;i modò rectô itinere præce&#x017F;&#x017F;erint.</hi></p><lb/>
          <p>Nachdem endlich der Printz &#x017F;einen <hi rendition="#aq">Di&#x017F;curs</hi> mit<lb/>
der andern <hi rendition="#aq">Damoi&#x017F;elle</hi> geendiget/ bekannte er/ daß er<lb/>
ihres gleichen unter dem Fra&#x0364;ulichen Ge&#x017F;chlecht &#x017F;ein<lb/>
Lebtage nicht gefunden/ glaube auch nicht/ daß jemah-<lb/>
len eine <hi rendition="#aq">Dame</hi> auf die <hi rendition="#aq">Studia</hi> &#x017F;ich in&#x017F;onderheit geleget<lb/>
ha&#x0364;tte. Klingenfeld fiel ihm jetzo mit gro&#x017F;&#x017F;er Be&#x017F;chei-<lb/>
denheit ins Wort/ und &#x017F;agte: Mein Printz/ ich muß<lb/>
zwar &#x017F;elber bekennen/ daß ich nimmer das Glu&#x0364;ck ge-<lb/>
habt/ mit dergleichen gelehrten Jungfrauen/ wie die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ind/ zu reden/ inzwi&#x017F;chen aber i&#x017F;t nicht zu la&#x0364;ugnen/<lb/>
daß man wol ehe in der Welt dergleichen kluge und<lb/>
hochgelehrte Jungfrauen und Frauen gehabt/ als er<lb/>
nun er&#x017F;uchet ward/ als ein gelehrter <hi rendition="#aq">Cavallier,</hi> ihnen<lb/>
etliche Exempel fu&#x0364;rzu&#x017F;tellen/ da ließ er &#x017F;ich in folgen-<lb/>
den <hi rendition="#aq">Di&#x017F;curs</hi> herauß: Ein gemeiner Mann &#x017F;tehet in<lb/>
den Gedancken/ je einfa&#x0364;ltiger ein Weibs-Bild/ je<lb/>
zu&#x0364;chtiger es &#x017F;ey/ dahero tadelt ein &#x017F;olcher an dem<lb/>
Frauenzimmer die freyen Ku&#x0364;n&#x017F;te und hohen Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chaff-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0289] Romans I. Buch. Kind zu ſehen. Hiermit wandte er ſich zu der andern Jungfrau/ die ſich Ilmene nennete/ und forſchete/ wie ſie ſo genau zuhoͤrete/ ob ſie etwa auch die Lateiniſche Sprache verſtuͤnde? Aures hominum, war ihre Ant- wort/ plerumque novitate lætantur. Dieſe Antwort beſtuͤrtzete den Teutſchen noch mehr/ daß er meynete/ er waͤre unter lauter Muſen gerathen. Er bekannte aber dieſer Ilmene, daß man in gantz Teutſchland von der gelehrten Carola Catharina Patina zu ſagen wuͤſte/ und daß mancher Printz verlangete/ ſie zu ſehen. Ilme- ne ſprach hierauf anders nichts/ als dieſes: Principi- bus placuiſſe viris non ultima laus eſt. Und Klingen- feld forſchete/ was ſie bewogen haͤtte/ die ſchwere Stu- dia anzutretten? Die Antwort war dieſe: Invenio apud ſapientes, honeſtiſfimum eſſe, majorum veſtigia ſequi, ſi modò rectô itinere præceſſerint. Nachdem endlich der Printz ſeinen Diſcurs mit der andern Damoiſelle geendiget/ bekannte er/ daß er ihres gleichen unter dem Fraͤulichen Geſchlecht ſein Lebtage nicht gefunden/ glaube auch nicht/ daß jemah- len eine Dame auf die Studia ſich inſonderheit geleget haͤtte. Klingenfeld fiel ihm jetzo mit groſſer Beſchei- denheit ins Wort/ und ſagte: Mein Printz/ ich muß zwar ſelber bekennen/ daß ich nimmer das Gluͤck ge- habt/ mit dergleichen gelehrten Jungfrauen/ wie dieſe ſind/ zu reden/ inzwiſchen aber iſt nicht zu laͤugnen/ daß man wol ehe in der Welt dergleichen kluge und hochgelehrte Jungfrauen und Frauen gehabt/ als er nun erſuchet ward/ als ein gelehrter Cavallier, ihnen etliche Exempel fuͤrzuſtellen/ da ließ er ſich in folgen- den Diſcurs herauß: Ein gemeiner Mann ſtehet in den Gedancken/ je einfaͤltiger ein Weibs-Bild/ je zuͤchtiger es ſey/ dahero tadelt ein ſolcher an dem Frauenzimmer die freyen Kuͤnſte und hohen Wiſſen- ſchaff- S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/289
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/289>, abgerufen am 22.11.2024.