Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans I. Buch.
vor meinen Augen weg/ dieses Menschen Vatter ist
die grösseste Ursach an eures Herrn Vatters Tod/
als der den Agostino am allermeisten dahin angefri-
schet/ daß er sich mit ihm keines Weges vertragen sol-
te. Parmenio sagte: Jch meyne es auch also/ Frau
Mutter/ ich wil ihn alsobald in ein finster Gemach
sperren lassen/ und sehen/ was ich weiter mit ihm für-
nehmen möge. Gleich darauf kamen viel bewaffnete
Männer herzu/ und nahmen ihm das Gewöhr ab/
und führeten ihn in ein Zimmer/ das nur mit gar we-
nigem Liecht der Sonnen beschienen ward/ er selber
aber/ Parmenio, ritte zu seinen fürnehmsten Freun-
den/ um sich zu berathschlagen/ was man mit diesem
Gefangenen weiter beginnen solte/ da inzwischen sei-
ne Mutter für Zorn Bett-lägerig ward.

Pardo hatte nunmehro Zeit gnug/ sein Unglück
zu beweinen/ und seine Leichtglaubigkeit zu verfluchen/
dann er versicherte sich eines schmählichen Todes/
wünschete demnach nichts mehr/ als einen Botten
an seinen Herrn Vatter senden zu können/ aber/ es
war ihm alle Correspondentz benommen. Am fol-
genden Tag kam eine Dame in einem schwartzen Kleid
zu ihm herein getretten/ welche sich zu ihm setzete/ und
mit thränenden Augen sagete: Ach mein werthester
Graf Pardo, wie kommet ihr zu diesem Unglück!
Pardo sprach jetzo: Wer ist/ der mich in meinem Jam-
mer tröstet? Jch bin eure getreue Melicerta, sprach
Jene/ und seyd versichert/ dafern euch etwas Unglück-
liches von dem Printzen Parmenio, der mein Ver-
wandter ist/ begegnet/ wil ich ihm einen Dolch in das
Hertz stossen/ und hernach/ um euretwillen/ gar gerne
eines schmählichen Todes sterben. Pardo schätzete
sich glückseelig/ daß er in diesem seinem grossen Un-
glück annoch einen getreuen Menschen fand/ er nahm

ihm
C c 4

Romans I. Buch.
vor meinen Augen weg/ dieſes Menſchen Vatter iſt
die groͤſſeſte Urſach an eures Herꝛn Vatters Tod/
als der den Agoſtino am allermeiſten dahin angefri-
ſchet/ daß er ſich mit ihm keines Weges vertragen ſol-
te. Parmenio ſagte: Jch meyne es auch alſo/ Frau
Mutter/ ich wil ihn alſobald in ein finſter Gemach
ſperren laſſen/ und ſehen/ was ich weiter mit ihm fuͤr-
nehmen moͤge. Gleich darauf kamen viel bewaffnete
Maͤnner herzu/ und nahmen ihm das Gewoͤhr ab/
und fuͤhreten ihn in ein Zimmer/ das nur mit gar we-
nigem Liecht der Sonnen beſchienen ward/ er ſelber
aber/ Parmenio, ritte zu ſeinen fuͤrnehmſten Freun-
den/ um ſich zu berathſchlagen/ was man mit dieſem
Gefangenen weiter beginnen ſolte/ da inzwiſchen ſei-
ne Mutter fuͤr Zorn Bett-laͤgerig ward.

Pardo hatte nunmehro Zeit gnug/ ſein Ungluͤck
zu beweinen/ und ſeine Leichtglaubigkeit zu verfluchen/
dann er verſicherte ſich eines ſchmaͤhlichen Todes/
wuͤnſchete demnach nichts mehr/ als einen Botten
an ſeinen Herꝛn Vatter ſenden zu koͤnnen/ aber/ es
war ihm alle Correſpondentz benommen. Am fol-
genden Tag kam eine Dame in einem ſchwartzen Kleid
zu ihm herein getretten/ welche ſich zu ihm ſetzete/ und
mit thraͤnenden Augen ſagete: Ach mein wertheſter
Graf Pardo, wie kommet ihr zu dieſem Ungluͤck!
Pardo ſprach jetzo: Wer iſt/ der mich in meinem Jam-
mer troͤſtet? Jch bin eure getreue Melicerta, ſprach
Jene/ und ſeyd verſichert/ dafern euch etwas Ungluͤck-
liches von dem Printzen Parmenio, der mein Ver-
wandter iſt/ begegnet/ wil ich ihm einen Dolch in das
Hertz ſtoſſen/ und hernach/ um euretwillen/ gar gerne
eines ſchmaͤhlichen Todes ſterben. Pardo ſchaͤtzete
ſich gluͤckſeelig/ daß er in dieſem ſeinem groſſen Un-
gluͤck annoch einen getreuen Menſchen fand/ er nahm

ihm
C c 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0421" n="407"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
vor meinen Augen weg/ die&#x017F;es Men&#x017F;chen Vatter i&#x017F;t<lb/>
die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te Ur&#x017F;ach an eures Her&#xA75B;n Vatters Tod/<lb/>
als der den <hi rendition="#aq">Ago&#x017F;tino</hi> am allermei&#x017F;ten dahin angefri-<lb/>
&#x017F;chet/ daß er &#x017F;ich mit ihm keines Weges vertragen &#x017F;ol-<lb/>
te. <hi rendition="#aq">Parmenio</hi> &#x017F;agte: Jch meyne es auch al&#x017F;o/ Frau<lb/>
Mutter/ ich wil ihn al&#x017F;obald in ein fin&#x017F;ter Gemach<lb/>
&#x017F;perren la&#x017F;&#x017F;en/ und &#x017F;ehen/ was ich weiter mit ihm fu&#x0364;r-<lb/>
nehmen mo&#x0364;ge. Gleich darauf kamen viel bewaffnete<lb/>
Ma&#x0364;nner herzu/ und nahmen ihm das Gewo&#x0364;hr ab/<lb/>
und fu&#x0364;hreten ihn in ein Zimmer/ das nur mit gar we-<lb/>
nigem Liecht der Sonnen be&#x017F;chienen ward/ er &#x017F;elber<lb/>
aber/ <hi rendition="#aq">Parmenio,</hi> ritte zu &#x017F;einen fu&#x0364;rnehm&#x017F;ten Freun-<lb/>
den/ um &#x017F;ich zu berath&#x017F;chlagen/ was man mit die&#x017F;em<lb/>
Gefangenen weiter beginnen &#x017F;olte/ da inzwi&#x017F;chen &#x017F;ei-<lb/>
ne Mutter fu&#x0364;r Zorn Bett-la&#x0364;gerig ward.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Pardo</hi> hatte nunmehro Zeit gnug/ &#x017F;ein Unglu&#x0364;ck<lb/>
zu beweinen/ und &#x017F;eine Leichtglaubigkeit zu verfluchen/<lb/>
dann er ver&#x017F;icherte &#x017F;ich eines &#x017F;chma&#x0364;hlichen Todes/<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chete demnach nichts mehr/ als einen Botten<lb/>
an &#x017F;einen Her&#xA75B;n Vatter &#x017F;enden zu ko&#x0364;nnen/ aber/ es<lb/>
war ihm alle <hi rendition="#aq">Corre&#x017F;ponden</hi>tz benommen. Am fol-<lb/>
genden Tag kam eine <hi rendition="#aq">Dame</hi> in einem &#x017F;chwartzen Kleid<lb/>
zu ihm herein getretten/ welche &#x017F;ich zu ihm &#x017F;etzete/ und<lb/>
mit thra&#x0364;nenden Augen &#x017F;agete: Ach mein werthe&#x017F;ter<lb/>
Graf <hi rendition="#aq">Pardo,</hi> wie kommet ihr zu die&#x017F;em Unglu&#x0364;ck!<lb/><hi rendition="#aq">Pardo</hi> &#x017F;prach jetzo: Wer i&#x017F;t/ der mich in meinem Jam-<lb/>
mer tro&#x0364;&#x017F;tet? Jch bin eure getreue <hi rendition="#aq">Melicerta,</hi> &#x017F;prach<lb/>
Jene/ und &#x017F;eyd ver&#x017F;ichert/ dafern euch etwas Unglu&#x0364;ck-<lb/>
liches von dem Printzen <hi rendition="#aq">Parmenio,</hi> der mein Ver-<lb/>
wandter i&#x017F;t/ begegnet/ wil ich ihm einen Dolch in das<lb/>
Hertz &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en/ und hernach/ um euretwillen/ gar gerne<lb/>
eines &#x017F;chma&#x0364;hlichen Todes &#x017F;terben. <hi rendition="#aq">Pardo</hi> &#x017F;cha&#x0364;tzete<lb/>
&#x017F;ich glu&#x0364;ck&#x017F;eelig/ daß er in die&#x017F;em &#x017F;einem gro&#x017F;&#x017F;en Un-<lb/>
glu&#x0364;ck annoch einen getreuen Men&#x017F;chen fand/ er nahm<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C c 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ihm</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[407/0421] Romans I. Buch. vor meinen Augen weg/ dieſes Menſchen Vatter iſt die groͤſſeſte Urſach an eures Herꝛn Vatters Tod/ als der den Agoſtino am allermeiſten dahin angefri- ſchet/ daß er ſich mit ihm keines Weges vertragen ſol- te. Parmenio ſagte: Jch meyne es auch alſo/ Frau Mutter/ ich wil ihn alſobald in ein finſter Gemach ſperren laſſen/ und ſehen/ was ich weiter mit ihm fuͤr- nehmen moͤge. Gleich darauf kamen viel bewaffnete Maͤnner herzu/ und nahmen ihm das Gewoͤhr ab/ und fuͤhreten ihn in ein Zimmer/ das nur mit gar we- nigem Liecht der Sonnen beſchienen ward/ er ſelber aber/ Parmenio, ritte zu ſeinen fuͤrnehmſten Freun- den/ um ſich zu berathſchlagen/ was man mit dieſem Gefangenen weiter beginnen ſolte/ da inzwiſchen ſei- ne Mutter fuͤr Zorn Bett-laͤgerig ward. Pardo hatte nunmehro Zeit gnug/ ſein Ungluͤck zu beweinen/ und ſeine Leichtglaubigkeit zu verfluchen/ dann er verſicherte ſich eines ſchmaͤhlichen Todes/ wuͤnſchete demnach nichts mehr/ als einen Botten an ſeinen Herꝛn Vatter ſenden zu koͤnnen/ aber/ es war ihm alle Correſpondentz benommen. Am fol- genden Tag kam eine Dame in einem ſchwartzen Kleid zu ihm herein getretten/ welche ſich zu ihm ſetzete/ und mit thraͤnenden Augen ſagete: Ach mein wertheſter Graf Pardo, wie kommet ihr zu dieſem Ungluͤck! Pardo ſprach jetzo: Wer iſt/ der mich in meinem Jam- mer troͤſtet? Jch bin eure getreue Melicerta, ſprach Jene/ und ſeyd verſichert/ dafern euch etwas Ungluͤck- liches von dem Printzen Parmenio, der mein Ver- wandter iſt/ begegnet/ wil ich ihm einen Dolch in das Hertz ſtoſſen/ und hernach/ um euretwillen/ gar gerne eines ſchmaͤhlichen Todes ſterben. Pardo ſchaͤtzete ſich gluͤckſeelig/ daß er in dieſem ſeinem groſſen Un- gluͤck annoch einen getreuen Menſchen fand/ er nahm ihm C c 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/421
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/421>, abgerufen am 22.11.2024.