Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.Romans I. Buch. Colonie gebraucht zu werden. Die Gaudiebe aberhat man grösten Theils geradbrechet/ geköpffet/ oder gehangen/ und weil man dem Cavina noch nichts son- derliches erweisen kunte/ derselbe auch gute Baar- schafften hatte/ und der Hertzog von Mantua ihm gar gnädig war/ wegen seines unschuldigen Vatters/ der so unschuldig hingerichtet worden/ als ist er perdon- nirt worden/ unter dem Beding/ daß er nimmermehr seine Gedancken zu dergleichen Leichtfertigkeiten rich- ten/ sondern allstäts sich aller Tugend und eines ehr- baren Wandels befleissen solte. Dieses hat er zuge- saget/ und redlich gehalten/ inmassen er sich kurtz her- nach nach Bononien erhoben/ und den Studien mit sothanen Ernst obgelegen/ daß man ihn jetzo unter die gelehrtesten und ehrbaresten Leute dieses Landes zehlet. Hiermit endigte der Wirth seine Erzehlung/ und Dieses Cavina Vatter war ein feiner Burger zu Casal, Vortheil/ D 2
Romans I. Buch. Colonie gebraucht zu werden. Die Gaudiebe aberhat man groͤſten Theils geradbrechet/ gekoͤpffet/ oder gehangen/ und weil man dem Cavina noch nichts ſon- derliches erweiſen kunte/ derſelbe auch gute Baar- ſchafften hatte/ und der Hertzog von Mantua ihm gar gnaͤdig war/ wegen ſeines unſchuldigen Vatters/ der ſo unſchuldig hingerichtet worden/ als iſt er perdon- nirt worden/ unter dem Beding/ daß er nimmermehr ſeine Gedancken zu dergleichen Leichtfertigkeiten rich- ten/ ſondern allſtaͤts ſich aller Tugend und eines ehr- baren Wandels befleiſſen ſolte. Dieſes hat er zuge- ſaget/ und redlich gehalten/ inmaſſen er ſich kurtz her- nach nach Bononien erhoben/ und den Studien mit ſothanen Ernſt obgelegen/ daß man ihn jetzo unter die gelehrteſten und ehrbareſten Leute dieſes Landes zehlet. Hiermit endigte der Wirth ſeine Erzehlung/ und Dieſes Cavina Vatter war ein feiner Burger zu Caſal, Vortheil/ D 2
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Romans I. Buch.
Colonie gebraucht zu werden. Die Gaudiebe aber
hat man groͤſten Theils geradbrechet/ gekoͤpffet/ oder
gehangen/ und weil man dem Cavina noch nichts ſon-
derliches erweiſen kunte/ derſelbe auch gute Baar-
ſchafften hatte/ und der Hertzog von Mantua ihm gar
gnaͤdig war/ wegen ſeines unſchuldigen Vatters/ der
ſo unſchuldig hingerichtet worden/ als iſt er perdon-
nirt worden/ unter dem Beding/ daß er nimmermehr
ſeine Gedancken zu dergleichen Leichtfertigkeiten rich-
ten/ ſondern allſtaͤts ſich aller Tugend und eines ehr-
baren Wandels befleiſſen ſolte. Dieſes hat er zuge-
ſaget/ und redlich gehalten/ inmaſſen er ſich kurtz her-
nach nach Bononien erhoben/ und den Studien mit
ſothanen Ernſt obgelegen/ daß man ihn jetzo unter
die gelehrteſten und ehrbareſten Leute dieſes Landes
zehlet.
Hiermit endigte der Wirth ſeine Erzehlung/ und
Klingenfeld begehrte zu wiſſen/ warum dann dieſes
Cavina Vatter ſo unſchuldig hingerichtet ſey? Der
Wirth gab ihm hierauf folgenden Beſcheid:
Dieſes Cavina Vatter war ein feiner Burger zu Caſal,
und ſeine Mutter war in ihrer angehenden Ehe ſo ſchoͤn/ daß
man ſie auch noch lange Zeit hernach unter die Schoͤnften deß
Landes gezeblet hat. Es begab ſich aber/ daß der Mantuaniſche
Amtmann/ oder Podeſtà zu Caſal, in dieſe Frau ſich verliebete/
und weil er mit Liebkoſung und guten Worten nichts gewinnen
konte/ ſo dachte er der Sache auf andere Weiſe zu ratben/ aber
zu ſeinem groſſen Verderben. Dann er gab vor/ dieſer ſchoͤnen
Frauen Ebemann haͤtte Verraͤtherey vorgehabt/ und ließ ihn
alſo in das Gefaͤngnuͤß ſetzen. Das Weib bemuͤhete ſich/ ſolchen
wieder loß- und in Sicherheit zu bringen/ welches ihr auch der
Amtmann endlich verwilligte/ doch mit dieſer Condition, wann
ſie ihn zuvor in ſeinen verliebten Begierden zufrieden ſtellen
wuͤrde. Was wolte das gute Weib machen/ ihre Ehre war ihr
zwar lieb/ aber ihres Manns elender Zuſtand gieng ihr noch
mehr zu Hertzen. Der Amtmann/ der dieſen Zweiffel an ihr
wol mercren kunte/ bedienete ſich deſſen zu ſeinem vermeynten
Vortheil/
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