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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
darüber solches aufgewachet/ und jämmerlich zu
schreyen angefangen. Ob sie nun wol solches mit
Fleiß gethan/ stund sie doch von ihrem entlehnten
Mann auf/ und versprach/ so baiden wieder zu kommen/
als sie nur ihr Kind gestillet haben würde. Er war
müde/ und besande diesen Stillstand zu seiner Ruhe
sehr nöthig/ schlieff auch ein/ und bedurffte keines
Wiegens darzu/ fragete auch nichts mehr nach ihr/
nachdem er seine Lust gnug gebüsset. Sie schüret ein
Feuer/ und begehret vom Wirth/ der sich vom Ge-
schrey deß Kindes aufmachte/ er solte ihr ihres Man-
nes Felleyß geben/ vorwendend/ es sey ein stiberner
Löffel darinnen/ den sie haben müste. Er brachte ihr
solches/ und legete sich wieder nieder/ auf ihr Wort/
daß sie das Feuer wieder wol verwahren wolte/ so
bald sie ihrem Kind den Brey würde gegeben haben.
Da nun das Kind wieder eingeschlaffen war/ legete
sie es fein sanffte wieder nieder bey dem Feuer/ machet
die Thür auf/ und bekommt mit dem Felleyß den
Schlüssel zum freyen Feld. Monsieur stunde frühe
auf/ bezahlete seine Zeche/ und forderte sein Felleyß
wieder. Der Wirth antwortet/ er habe es schon seiner
Liebsten zugestellet. Man suchte sie überal/ aber verge-
bens/ sie hatte in der Nacht ein Loch gefunden/ wor-
durch dieser über die Massen ungedultig worden/ und
die Hur verfluchte; Machte also durch seinen Zorn
offenbahr/ daß dieses sein Weib nicht gewesen. Der
Wirth fänget auch Händel mit ihm an/ und schilt
ihn/ daß er sein Hauß so verunehret/ mit Bedrohung/
ihn bey der hohen Obrigkeit deßhalben zu verklagen.
Der Domine gab es genauer/ bath den Wirth/ er solte
stillschweigen/ und ließ das Kind auf seine Kosten zu
einer Pfleg-Mutter thun. Also ward der Eysen-
fresser betrogen/ die Dirne um ihre Dienste reichlich

beloh-
D 5

Romans I. Buch.
daruͤber ſolches aufgewachet/ und jaͤmmerlich zu
ſchreyen angefangen. Ob ſie nun wol ſolches mit
Fleiß gethan/ ſtund ſie doch von ihrem entlehnten
Mann auf/ und verſprach/ ſo baiden wieder zu kom̃en/
als ſie nur ihr Kind geſtillet haben wuͤrde. Er war
muͤde/ und beſande dieſen Stillſtand zu ſeiner Ruhe
ſehr noͤthig/ ſchlieff auch ein/ und bedurffte keines
Wiegens darzu/ fragete auch nichts mehr nach ihr/
nachdem er ſeine Luſt gnug gebuͤſſet. Sie ſchuͤret ein
Feuer/ und begehret vom Wirth/ der ſich vom Ge-
ſchrey deß Kindes aufmachte/ er ſolte ihr ihres Man-
nes Felleyß geben/ vorwendend/ es ſey ein ſtiberner
Loͤffel darinnen/ den ſie haben muͤſte. Er brachte ihr
ſolches/ und legete ſich wieder nieder/ auf ihr Wort/
daß ſie das Feuer wieder wol verwahren wolte/ ſo
bald ſie ihrem Kind den Brey wuͤrde gegeben haben.
Da nun das Kind wieder eingeſchlaffen war/ legete
ſie es fein ſanffte wieder nieder bey dem Feuer/ machet
die Thuͤr auf/ und bekommt mit dem Felleyß den
Schluͤſſel zum freyen Feld. Monſieur ſtunde fruͤhe
auf/ bezahlete ſeine Zeche/ und forderte ſein Felleyß
wieder. Der Wirth antwortet/ er habe es ſchon ſeiner
Liebſten zugeſtellet. Man ſuchte ſie uͤberal/ aber verge-
bens/ ſie hatte in der Nacht ein Loch gefunden/ wor-
durch dieſer uͤber die Maſſen ungedultig worden/ und
die Hur verfluchte; Machte alſo durch ſeinen Zorn
offenbahr/ daß dieſes ſein Weib nicht geweſen. Der
Wirth faͤnget auch Haͤndel mit ihm an/ und ſchilt
ihn/ daß er ſein Hauß ſo verunehret/ mit Bedrohung/
ihn bey der hohen Obrigkeit deßhalben zu verklagen.
Der Domine gab es genauer/ bath den Wirth/ er ſolte
ſtillſchweigen/ und ließ das Kind auf ſeine Koſten zu
einer Pfleg-Mutter thun. Alſo ward der Eyſen-
freſſer betrogen/ die Dirne um ihre Dienſte reichlich

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[57/0067] Romans I. Buch. daruͤber ſolches aufgewachet/ und jaͤmmerlich zu ſchreyen angefangen. Ob ſie nun wol ſolches mit Fleiß gethan/ ſtund ſie doch von ihrem entlehnten Mann auf/ und verſprach/ ſo baiden wieder zu kom̃en/ als ſie nur ihr Kind geſtillet haben wuͤrde. Er war muͤde/ und beſande dieſen Stillſtand zu ſeiner Ruhe ſehr noͤthig/ ſchlieff auch ein/ und bedurffte keines Wiegens darzu/ fragete auch nichts mehr nach ihr/ nachdem er ſeine Luſt gnug gebuͤſſet. Sie ſchuͤret ein Feuer/ und begehret vom Wirth/ der ſich vom Ge- ſchrey deß Kindes aufmachte/ er ſolte ihr ihres Man- nes Felleyß geben/ vorwendend/ es ſey ein ſtiberner Loͤffel darinnen/ den ſie haben muͤſte. Er brachte ihr ſolches/ und legete ſich wieder nieder/ auf ihr Wort/ daß ſie das Feuer wieder wol verwahren wolte/ ſo bald ſie ihrem Kind den Brey wuͤrde gegeben haben. Da nun das Kind wieder eingeſchlaffen war/ legete ſie es fein ſanffte wieder nieder bey dem Feuer/ machet die Thuͤr auf/ und bekommt mit dem Felleyß den Schluͤſſel zum freyen Feld. Monſieur ſtunde fruͤhe auf/ bezahlete ſeine Zeche/ und forderte ſein Felleyß wieder. Der Wirth antwortet/ er habe es ſchon ſeiner Liebſten zugeſtellet. Man ſuchte ſie uͤberal/ aber verge- bens/ ſie hatte in der Nacht ein Loch gefunden/ wor- durch dieſer uͤber die Maſſen ungedultig worden/ und die Hur verfluchte; Machte alſo durch ſeinen Zorn offenbahr/ daß dieſes ſein Weib nicht geweſen. Der Wirth faͤnget auch Haͤndel mit ihm an/ und ſchilt ihn/ daß er ſein Hauß ſo verunehret/ mit Bedrohung/ ihn bey der hohen Obrigkeit deßhalben zu verklagen. Der Domine gab es genauer/ bath den Wirth/ er ſolte ſtillſchweigen/ und ließ das Kind auf ſeine Koſten zu einer Pfleg-Mutter thun. Alſo ward der Eyſen- freſſer betrogen/ die Dirne um ihre Dienſte reichlich beloh- D 5

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/67>, abgerufen am 18.05.2024.