Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

"Wer ist es denn, der gegen den Halb¬
mond schlägt, wenn es nicht diese sind?"

"Die Griechen selbst."

"Die Griechen? ist es ?" rief Jo¬
hannes; "und die andern Staaten, wo sind
denn diese beschäftigt?"

"Noch haben sie Gesandte bei der Pforte."

"Mensch, was sagst du," sprach Roland
starr vor Staunen, "kann man es ignoriren,
wenn ein Volk um seine Freiheit kämpft?
Heilige Jungfrau, was ist dieß für eine Welt!
Wahrlich, das möchte einen Stein erbarmen!"
Er quetschte im Zorn, während er die letzten
Worte sprach, den silbernen Becher wie dün¬
nes Zinn zusammen, daß der Wein darin
hoch an die Decke spritzte, fuhr rasselnd auf
vom Tisch, nahm seine Tartsche und sein lan¬
ges Schwert, und schritt düster mit dröhnenden
Schritten aus dem Gemach.

„Wer iſt es denn, der gegen den Halb¬
mond ſchlaͤgt, wenn es nicht dieſe ſind?“

„Die Griechen ſelbſt.“

„Die Griechen? iſt es ?“ rief Jo¬
hannes; „und die andern Staaten, wo ſind
denn dieſe beſchaͤftigt?“

„Noch haben ſie Geſandte bei der Pforte.“

„Menſch, was ſagſt du,“ ſprach Roland
ſtarr vor Staunen, „kann man es ignoriren,
wenn ein Volk um ſeine Freiheit kaͤmpft?
Heilige Jungfrau, was iſt dieß fuͤr eine Welt!
Wahrlich, das moͤchte einen Stein erbarmen!“
Er quetſchte im Zorn, waͤhrend er die letzten
Worte ſprach, den ſilbernen Becher wie duͤn¬
nes Zinn zuſammen, daß der Wein darin
hoch an die Decke ſpritzte, fuhr raſſelnd auf
vom Tiſch, nahm ſeine Tartſche und ſein lan¬
ges Schwert, und ſchritt duͤſter mit droͤhnenden
Schritten aus dem Gemach.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0125" n="119"/>
        <p>&#x201E;Wer i&#x017F;t es denn, der gegen den Halb¬<lb/>
mond &#x017F;chla&#x0364;gt, wenn es nicht die&#x017F;e &#x017F;ind?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Griechen &#x017F;elb&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die Griechen? i&#x017F;t es ?&#x201C; rief Jo¬<lb/>
hannes; &#x201E;und die andern Staaten, wo &#x017F;ind<lb/>
denn die&#x017F;e be&#x017F;cha&#x0364;ftigt?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Noch haben &#x017F;ie Ge&#x017F;andte bei der Pforte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Men&#x017F;ch, was &#x017F;ag&#x017F;t du,&#x201C; &#x017F;prach Roland<lb/>
&#x017F;tarr vor Staunen, &#x201E;kann man es ignoriren,<lb/>
wenn ein Volk um &#x017F;eine Freiheit ka&#x0364;mpft?<lb/>
Heilige Jungfrau, was i&#x017F;t dieß fu&#x0364;r eine Welt!<lb/>
Wahrlich, das mo&#x0364;chte einen Stein erbarmen!&#x201C;<lb/>
Er quet&#x017F;chte im Zorn, wa&#x0364;hrend er die letzten<lb/>
Worte &#x017F;prach, den &#x017F;ilbernen Becher wie du&#x0364;<lb/>
nes Zinn zu&#x017F;ammen, daß der Wein darin<lb/>
hoch an die Decke &#x017F;pritzte, fuhr ra&#x017F;&#x017F;elnd auf<lb/>
vom Ti&#x017F;ch, nahm &#x017F;eine Tart&#x017F;che und &#x017F;ein lan¬<lb/>
ges Schwert, und &#x017F;chritt du&#x0364;&#x017F;ter mit dro&#x0364;hnenden<lb/>
Schritten aus dem Gemach.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0125] „Wer iſt es denn, der gegen den Halb¬ mond ſchlaͤgt, wenn es nicht dieſe ſind?“ „Die Griechen ſelbſt.“ „Die Griechen? iſt es ?“ rief Jo¬ hannes; „und die andern Staaten, wo ſind denn dieſe beſchaͤftigt?“ „Noch haben ſie Geſandte bei der Pforte.“ „Menſch, was ſagſt du,“ ſprach Roland ſtarr vor Staunen, „kann man es ignoriren, wenn ein Volk um ſeine Freiheit kaͤmpft? Heilige Jungfrau, was iſt dieß fuͤr eine Welt! Wahrlich, das moͤchte einen Stein erbarmen!“ Er quetſchte im Zorn, waͤhrend er die letzten Worte ſprach, den ſilbernen Becher wie duͤn¬ nes Zinn zuſammen, daß der Wein darin hoch an die Decke ſpritzte, fuhr raſſelnd auf vom Tiſch, nahm ſeine Tartſche und ſein lan¬ ges Schwert, und ſchritt duͤſter mit droͤhnenden Schritten aus dem Gemach.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/125
Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/125>, abgerufen am 23.11.2024.