Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

ladin des großen Kaisers, ein tapferer Ritter,
der, wenn es Karl gewollt hätte, allein gegen
tausend Muselmannen zu Felde gezogen wäre.
Da hat er sich denn geschämt und ist unmu¬
thig geworden."

"Laßt ihn laufen, den steinernen Recken!"
rief Bachus, "hat mich genirt, der Bursche,
hat mich genirt. Er paßt nicht unter uns,
der Lümmel von zehen Schuh, er sah immer
höhnisch auf mich herab. Die ganze Freudig¬
keit und mein Vergnügen hätt' er gestört. Wir
wären nicht zum Tanzen gekommen, nur weil
er mit seinen steifen steinernen Beinen keinen
tüchtigen Hopser hätte riskiren können, ohne
elend umzustülpen."

"Ja tanzen, heisa, tanzen!" riefen die Apo¬
stel; "Balthasar spiel auf, spiel auf!"

Judas stand auf, zog ungeheure Stülp¬
handschuhe, die ihm beinahe bis zum Ellbo¬
gen reichten, trat zierlich an die Jungfrau

ladin des großen Kaiſers, ein tapferer Ritter,
der, wenn es Karl gewollt haͤtte, allein gegen
tauſend Muſelmannen zu Felde gezogen waͤre.
Da hat er ſich denn geſchaͤmt und iſt unmu¬
thig geworden.“

„Laßt ihn laufen, den ſteinernen Recken!“
rief Bachus, „hat mich genirt, der Burſche,
hat mich genirt. Er paßt nicht unter uns,
der Luͤmmel von zehen Schuh, er ſah immer
hoͤhniſch auf mich herab. Die ganze Freudig¬
keit und mein Vergnuͤgen haͤtt' er geſtoͤrt. Wir
waͤren nicht zum Tanzen gekommen, nur weil
er mit ſeinen ſteifen ſteinernen Beinen keinen
tuͤchtigen Hopſer haͤtte riskiren koͤnnen, ohne
elend umzuſtuͤlpen.“

„Ja tanzen, heiſa, tanzen!“ riefen die Apo¬
ſtel; „Balthaſar ſpiel auf, ſpiel auf!“

Judas ſtand auf, zog ungeheure Stuͤlp¬
handſchuhe, die ihm beinahe bis zum Ellbo¬
gen reichten, trat zierlich an die Jungfrau

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0127" n="121"/>
ladin des großen Kai&#x017F;ers, ein tapferer Ritter,<lb/>
der, wenn es Karl gewollt ha&#x0364;tte, allein gegen<lb/>
tau&#x017F;end Mu&#x017F;elmannen zu Felde gezogen wa&#x0364;re.<lb/>
Da hat er &#x017F;ich denn ge&#x017F;cha&#x0364;mt und i&#x017F;t unmu¬<lb/>
thig geworden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Laßt ihn laufen, den &#x017F;teinernen Recken!&#x201C;<lb/>
rief Bachus, &#x201E;hat mich genirt, der Bur&#x017F;che,<lb/>
hat mich genirt. Er paßt nicht unter uns,<lb/>
der Lu&#x0364;mmel von zehen Schuh, er &#x017F;ah immer<lb/>
ho&#x0364;hni&#x017F;ch auf mich herab. Die ganze Freudig¬<lb/>
keit und mein Vergnu&#x0364;gen ha&#x0364;tt' er ge&#x017F;to&#x0364;rt. Wir<lb/>
wa&#x0364;ren nicht zum Tanzen gekommen, nur weil<lb/>
er mit &#x017F;einen &#x017F;teifen &#x017F;teinernen Beinen keinen<lb/>
tu&#x0364;chtigen <choice><sic>Hopfer</sic><corr>Hop&#x017F;er</corr></choice> ha&#x0364;tte riskiren ko&#x0364;nnen, ohne<lb/>
elend umzu&#x017F;tu&#x0364;lpen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja tanzen, hei&#x017F;a, tanzen!&#x201C; riefen die Apo¬<lb/>
&#x017F;tel; &#x201E;Baltha&#x017F;ar &#x017F;piel auf, &#x017F;piel auf!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Judas &#x017F;tand auf, zog ungeheure Stu&#x0364;lp¬<lb/>
hand&#x017F;chuhe, die ihm beinahe bis zum Ellbo¬<lb/>
gen reichten, trat zierlich an die Jungfrau<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0127] ladin des großen Kaiſers, ein tapferer Ritter, der, wenn es Karl gewollt haͤtte, allein gegen tauſend Muſelmannen zu Felde gezogen waͤre. Da hat er ſich denn geſchaͤmt und iſt unmu¬ thig geworden.“ „Laßt ihn laufen, den ſteinernen Recken!“ rief Bachus, „hat mich genirt, der Burſche, hat mich genirt. Er paßt nicht unter uns, der Luͤmmel von zehen Schuh, er ſah immer hoͤhniſch auf mich herab. Die ganze Freudig¬ keit und mein Vergnuͤgen haͤtt' er geſtoͤrt. Wir waͤren nicht zum Tanzen gekommen, nur weil er mit ſeinen ſteifen ſteinernen Beinen keinen tuͤchtigen Hopſer haͤtte riskiren koͤnnen, ohne elend umzuſtuͤlpen.“ „Ja tanzen, heiſa, tanzen!“ riefen die Apo¬ ſtel; „Balthaſar ſpiel auf, ſpiel auf!“ Judas ſtand auf, zog ungeheure Stuͤlp¬ handſchuhe, die ihm beinahe bis zum Ellbo¬ gen reichten, trat zierlich an die Jungfrau

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/127
Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/127>, abgerufen am 23.11.2024.