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Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827.

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Der Mann des Kellers versuchte noch man¬
cherlei Einreden, doch umsonst; er setzte end¬
lich drei Flaschen und neun Kerzen vor mich
hin, wischte den Römer aus, schenkte mir den
zweiundzwanziger Ausstich ein und wünschte
mir, wie es schien mit schwerem Herzen, gute
Nacht. Richtig schloß er auch die Thüre zwei¬
mal ab, und hängte, wie es mir schien, mehr
aus zärtlicher Angst für mich als aus Vor¬
liebe für seine Keller noch ein Hängeschloß
vor. Eben schlug die Glocke halb Zwölf. Ich
hörte ihn ein Gebet sprechen und davon eilen.
Seine Schritte hallten immer ferner und fer¬
ner im Gewölbe; doch als er oben das Aussen¬
thor des Kellers zuschlug, hallte es wie Ka¬
nonendonner durch die Gänge und Hallen.


So wäre ich denn allein mit dir, meine
Seele, tief unten im Schooße der Erde. Oben

Der Mann des Kellers verſuchte noch man¬
cherlei Einreden, doch umſonſt; er ſetzte end¬
lich drei Flaſchen und neun Kerzen vor mich
hin, wiſchte den Roͤmer aus, ſchenkte mir den
zweiundzwanziger Ausſtich ein und wuͤnſchte
mir, wie es ſchien mit ſchwerem Herzen, gute
Nacht. Richtig ſchloß er auch die Thuͤre zwei¬
mal ab, und haͤngte, wie es mir ſchien, mehr
aus zaͤrtlicher Angſt fuͤr mich als aus Vor¬
liebe fuͤr ſeine Keller noch ein Haͤngeſchloß
vor. Eben ſchlug die Glocke halb Zwoͤlf. Ich
hoͤrte ihn ein Gebet ſprechen und davon eilen.
Seine Schritte hallten immer ferner und fer¬
ner im Gewoͤlbe; doch als er oben das Auſſen¬
thor des Kellers zuſchlug, hallte es wie Ka¬
nonendonner durch die Gaͤnge und Hallen.


So waͤre ich denn allein mit dir, meine
Seele, tief unten im Schooße der Erde. Oben

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[32/0038] Der Mann des Kellers verſuchte noch man¬ cherlei Einreden, doch umſonſt; er ſetzte end¬ lich drei Flaſchen und neun Kerzen vor mich hin, wiſchte den Roͤmer aus, ſchenkte mir den zweiundzwanziger Ausſtich ein und wuͤnſchte mir, wie es ſchien mit ſchwerem Herzen, gute Nacht. Richtig ſchloß er auch die Thuͤre zwei¬ mal ab, und haͤngte, wie es mir ſchien, mehr aus zaͤrtlicher Angſt fuͤr mich als aus Vor¬ liebe fuͤr ſeine Keller noch ein Haͤngeſchloß vor. Eben ſchlug die Glocke halb Zwoͤlf. Ich hoͤrte ihn ein Gebet ſprechen und davon eilen. Seine Schritte hallten immer ferner und fer¬ ner im Gewoͤlbe; doch als er oben das Auſſen¬ thor des Kellers zuſchlug, hallte es wie Ka¬ nonendonner durch die Gaͤnge und Hallen. So waͤre ich denn allein mit dir, meine Seele, tief unten im Schooße der Erde. Oben

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Zitationshilfe: Hauff, Wilhelm: Phantasien im Bremer Rathskeller. Stuttgart, 1827, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauff_phantasien_1827/38>, abgerufen am 21.11.2024.