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Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892.

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die seine schöne, straffe Gestalt, seinen elastischen,
soldatisch geschulten Körper zu voller Geltung
brachte.

Mit Wohlgefallen spiegelte er sich. Wa¬
rum sollte er es auch nicht? Warum sollte
er sich selbst nicht bewundern, da er doch nicht
aufhörte die Natur zu bestaunen in Allem, was
sie hervorbrachte? Er lief ja durch die Welt
von Wunder zu Wunder. und Dinge, von an¬
deren nicht beachtet, erzeugten in ihm religiöse
Schauer. Uebrigens nahm sie sich gut aus --
die Neuerung dieses Morgens: Man konnte
ja deuten, diese Schnur um den Kopf habe den
Zweck, das Haar zusammen zu halten; daß
sie einem Heiligenschein ähnelte, hatte nichts auf
sich; Heilige gab es nicht mehr, oder besser:
der Heiligenschein kam jedem Naturerzeugnis, auch
dem kleinsten Blümchen oder Käferchen zu, und
dessen Auge war ein profanes Auge, der nicht
über Allem solche Heiligenscheine schweben sah. -- --

Auf der Straße war noch niemand: Ein¬
samer Sonnenschein lag darauf; Hie und da
der lange, ein wenig schräge Schatten eines
Hauses. Er bog in ein Seitengäßchen, das
bergan stieg, und klomm bald zwischen Wiesen
und Obstgärten hin aufwärts.

die ſeine ſchöne, ſtraffe Geſtalt, ſeinen elaſtiſchen,
ſoldatiſch geſchulten Körper zu voller Geltung
brachte.

Mit Wohlgefallen ſpiegelte er ſich. Wa¬
rum ſollte er es auch nicht? Warum ſollte
er ſich ſelbſt nicht bewundern, da er doch nicht
aufhörte die Natur zu beſtaunen in Allem, was
ſie hervorbrachte? Er lief ja durch die Welt
von Wunder zu Wunder. und Dinge, von an¬
deren nicht beachtet, erzeugten in ihm religiöſe
Schauer. Uebrigens nahm ſie ſich gut aus —
die Neuerung dieſes Morgens: Man konnte
ja deuten, dieſe Schnur um den Kopf habe den
Zweck, das Haar zuſammen zu halten; daß
ſie einem Heiligenſchein ähnelte, hatte nichts auf
ſich; Heilige gab es nicht mehr, oder beſſer:
der Heiligenſchein kam jedem Naturerzeugnis, auch
dem kleinſten Blümchen oder Käferchen zu, und
deſſen Auge war ein profanes Auge, der nicht
über Allem ſolche Heiligenſcheine ſchweben ſah. — —

Auf der Straße war noch niemand: Ein¬
ſamer Sonnenſchein lag darauf; Hie und da
der lange, ein wenig ſchräge Schatten eines
Hauſes. Er bog in ein Seitengäßchen, das
bergan ſtieg, und klomm bald zwiſchen Wieſen
und Obſtgärten hin aufwärts.

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[68/0082] die ſeine ſchöne, ſtraffe Geſtalt, ſeinen elaſtiſchen, ſoldatiſch geſchulten Körper zu voller Geltung brachte. Mit Wohlgefallen ſpiegelte er ſich. Wa¬ rum ſollte er es auch nicht? Warum ſollte er ſich ſelbſt nicht bewundern, da er doch nicht aufhörte die Natur zu beſtaunen in Allem, was ſie hervorbrachte? Er lief ja durch die Welt von Wunder zu Wunder. und Dinge, von an¬ deren nicht beachtet, erzeugten in ihm religiöſe Schauer. Uebrigens nahm ſie ſich gut aus — die Neuerung dieſes Morgens: Man konnte ja deuten, dieſe Schnur um den Kopf habe den Zweck, das Haar zuſammen zu halten; daß ſie einem Heiligenſchein ähnelte, hatte nichts auf ſich; Heilige gab es nicht mehr, oder beſſer: der Heiligenſchein kam jedem Naturerzeugnis, auch dem kleinſten Blümchen oder Käferchen zu, und deſſen Auge war ein profanes Auge, der nicht über Allem ſolche Heiligenſcheine ſchweben ſah. — — Auf der Straße war noch niemand: Ein¬ ſamer Sonnenſchein lag darauf; Hie und da der lange, ein wenig ſchräge Schatten eines Hauſes. Er bog in ein Seitengäßchen, das bergan ſtieg, und klomm bald zwiſchen Wieſen und Obſtgärten hin aufwärts.

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Der Apostel. Bahnwärter Thiel. Novellistische Studien. Berlin, 1892, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_bahnwaerter_1892/82>, abgerufen am 04.12.2024.