Hauptmann, Gerhart: Der Biberpelz. Berlin, 1893. Wehrhan. Ach, warten Sie mal, da kommt schon der Krüger. Ich will doch den Mann lieber vorher abfertigen. Ich bin Ihnen jedenfalls sehr dankbar, daß Sie mich so thatkräftig unterstützen. Man ist darauf geradezu angewiesen, wenn man heutzutage was ausrichten will. Krüger (tritt hastig und erregt ein). Ach Chott! Ach Chott. Chuten Tag, Herr Vorsteher. Wehrhahn (zu Motes). Entschuldigen Sie einen Augenblick! (Hochmüthig inquirirend zu Krüger). Was wünschen Sie denn? (Krüger ist ein kleiner, etwas schwerhöriger, fast siebzigjähriger Mann. Er geht schon etwas gebückt, mit der linken Schulter ein wenig geneigt, ist aber im Uebrigen noch sehr rüstig und unterstützt seine Worte mit heftigen Handbewegungen. Er trägt eine Pelzmütze, die er im Amtslokale in der Hand behält, einen braunen Winterüber- zieher, um den Hals einen dicken Wollschawl). Krüger (mit Aerger geladen, platzt heraus). Pestohlen bin ich, Herr Amtsvorsteher. (Er wischt sich, verschnaufend, mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn und sieht dem Vorsteher nach Art der Schwerhörigen starr auf den Mund). Wehrhahn. Bestohlen? Hm! Krüger (schon gereizt). Jawohl, bestohlen. Ich bin bestohlen. Man hat mir zwei Meter Holz entwendet. Wehrhahn (mit halbem Lächeln bei den Anwesenden um- blickend, leichthin). Es ist doch sonst in der letzten Zeit hier nicht das Jeringste vorjekommen. Krüger (die Hand am Ohr). Was? Nicht das Keringste. Du lieber Chott! Dann steh ich vielleicht zum Spaße hier? Wehrhan. Ach, warten Sie mal, da kommt ſchon der Krüger. Ich will doch den Mann lieber vorher abfertigen. Ich bin Ihnen jedenfalls ſehr dankbar, daß Sie mich ſo thatkräftig unterſtützen. Man iſt darauf geradezu angewieſen, wenn man heutzutage was ausrichten will. Krüger (tritt haſtig und erregt ein). Ach Chott! Ach Chott. Chuten Tag, Herr Vorſteher. Wehrhahn (zu Motes). Entſchuldigen Sie einen Augenblick! (Hochmüthig inquirirend zu Krüger). Was wünſchen Sie denn? (Krüger iſt ein kleiner, etwas ſchwerhöriger, faſt ſiebzigjähriger Mann. Er geht ſchon etwas gebückt, mit der linken Schulter ein wenig geneigt, iſt aber im Uebrigen noch ſehr rüſtig und unterſtützt ſeine Worte mit heftigen Handbewegungen. Er trägt eine Pelzmütze, die er im Amtslokale in der Hand behält, einen braunen Winterüber- zieher, um den Hals einen dicken Wollſchawl). Krüger (mit Aerger geladen, platzt heraus). Peſtohlen bin ich, Herr Amtsvorſteher. (Er wiſcht ſich, verſchnaufend, mit dem Taſchentuch den Schweiß von der Stirn und ſieht dem Vorſteher nach Art der Schwerhörigen ſtarr auf den Mund). Wehrhahn. Beſtohlen? Hm! Krüger (ſchon gereizt). Jawohl, beſtohlen. Ich bin beſtohlen. Man hat mir zwei Meter Holz entwendet. Wehrhahn (mit halbem Lächeln bei den Anweſenden um- blickend, leichthin). Es iſt doch ſonſt in der letzten Zeit hier nicht das Jeringſte vorjekommen. Krüger (die Hand am Ohr). Was? Nicht das Keringſte. Du lieber Chott! 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wünſchen Sie denn?
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Worte mit heftigen Handbewegungen. Er trägt eine Pelzmütze, die
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bin ich, Herr Amtsvorſteher. (Er wiſcht ſich, verſchnaufend,
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Vorſteher nach Art der Schwerhörigen ſtarr auf den Mund).
Wehrhahn. Beſtohlen? Hm!
Krüger (ſchon gereizt). Jawohl, beſtohlen. Ich bin
beſtohlen. Man hat mir zwei Meter Holz entwendet.
Wehrhahn (mit halbem Lächeln bei den Anweſenden um-
blickend, leichthin). Es iſt doch ſonſt in der letzten Zeit
hier nicht das Jeringſte vorjekommen.
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Keringſte. Du lieber Chott! Dann ſteh ich vielleicht
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