Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892. Mielchen (schluchzend). Jn Petersch -- walde haben -- mersch ge--funden, vor Dreißigersch -- Hause. Der alte Hilse. Nu da hätt m'r ja de Be- scheerung. Nu mach aber lang, sonster wer ich d'r auf a Trabb helfen. Mutter Hilse. Was geht denn vor? Hornig. Jtz will ich dr was sagn, Vater Hilse. Laß Gottlieben a Rock anziehn, a Löffel nehmen und auf's Amt tragen. Der alte Hilse. Gottlieb, zieh d'r a Rock an! Gottlieb (schon im Anziehen begriffen, eifrig). Und da wer ich uf de Kanzlei gehn und sprechen: se sollten's nich übel nehmen, a so a Kind hätte halt doch no nich a so's Verständniß dervon. Und da brächt ich da Löffel. Hier uf zu flern Mädel! (Das weinende Kind wird von der Mutter in's Hinterzimmer gebracht, dessen Thür fie schließt. Sie selbst kommt zurück.) Hornig. Seine drei Thaler kann der gutt werth haben. Gottlieb. Gieb ock a Tichl, Luise, daß a nich zu Schaden kommt. Nee nee, a so, a so a teuer Dingel (er hat Thränen in den Augen, während er den Löffel einwickelt.) Luise. Wenn mir a hätt'n, kennt mer viele Wochen leben. Der alte Hilse. Mach, mach, feder Dich! Feder Dich a so sehr, wie de kannst! Das wär a so was! Das fehlt' mir noch grade. Mach, das mir den Satansleffel vom Halse kriegen. (Gottlieb ab mit dem Löffel.) Hornig. Na nu wer ich ooch sehn, das ich weiter komme. (Er geht, unterhält sich im Haus noch einige Sekunden, dann ab.) Chirurgus Schmidt (ein quecksilbriges, kugliches Männchen mit weinrothem, pfiffigem Gesicht kommt in's Haus). Gu'n morgen, Leute! Na, das sind m'r scheene Geschichten. Kommt mir nur! (Mit dem Finger drohend.) Jhr habt's dick hinter'n Ohren. (Jn der Stubenthür, ohne herein zu kommen.) Gu'n morgen, Vater Mielchen (ſchluchzend). Jn Peterſch — walde haben — merſch ge—funden, vor Dreißigerſch — Hauſe. Der alte Hilſe. Nu da hätt m’r ja de Be- ſcheerung. Nu mach aber lang, ſonſter wer ich d’r auf a Trabb helfen. Mutter Hilſe. Was geht denn vor? Hornig. Jtz will ich dr was ſagn, Vater Hilſe. Laß Gottlieben a Rock anziehn, a Löffel nehmen und auf’s Amt tragen. Der alte Hilſe. Gottlieb, zieh d’r a Rock an! Gottlieb (ſchon im Anziehen begriffen, eifrig). Und da wer ich uf de Kanzlei gehn und ſprechen: ſe ſollten’s nich übel nehmen, a ſo a Kind hätte halt doch no nich a ſo’s Verſtändniß dervon. Und da brächt ich da Löffel. Hier uf zu flern Mädel! (Das weinende Kind wird von der Mutter in’s Hinterzimmer gebracht, deſſen Thür fie ſchließt. Sie ſelbſt kommt zurück.) Hornig. Seine drei Thaler kann der gutt werth haben. Gottlieb. Gieb ock a Tichl, Luiſe, daß a nich zu Schaden kommt. Nee nee, a ſo, a ſo a teuer Dingel (er hat Thränen in den Augen, während er den Löffel einwickelt.) Luiſe. Wenn mir a hätt’n, kennt mer viele Wochen leben. Der alte Hilſe. Mach, mach, feder Dich! Feder Dich a ſo ſehr, wie de kannſt! Das wär a ſo was! Das fehlt’ mir noch grade. Mach, das mir den Satansleffel vom Halſe kriegen. (Gottlieb ab mit dem Löffel.) Hornig. Na nu wer ich ooch ſehn, das ich weiter komme. (Er geht, unterhält ſich im Haus noch einige Sekunden, dann ab.) Chirurgus Schmidt (ein queckſilbriges, kugliches Männchen mit weinrothem, pfiffigem Geſicht kommt in’s Haus). Gu’n morgen, Leute! Na, das ſind m’r ſcheene Geſchichten. Kommt mir nur! (Mit dem Finger drohend.) Jhr habt’s dick hinter’n Ohren. (Jn der Stubenthür, ohne herein zu kommen.) Gu’n morgen, Vater <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0114" n="101"/> <sp who="#MIE"> <speaker> <hi rendition="#g">Mielchen</hi> </speaker> <stage>(ſchluchzend).</stage> <p>Jn Peterſch — walde haben —<lb/> merſch ge—funden, vor Dreißigerſch — Hauſe.</p> </sp><lb/> <sp who="#HISE"> <speaker><hi rendition="#g">Der alte Hilſe</hi>.</speaker> <p>Nu da hätt m’r ja de Be-<lb/> ſcheerung. 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Mutter Hilſe. Was geht denn vor?
Hornig. Jtz will ich dr was ſagn, Vater Hilſe.
Laß Gottlieben a Rock anziehn, a Löffel nehmen und
auf’s Amt tragen.
Der alte Hilſe. Gottlieb, zieh d’r a Rock an!
Gottlieb (ſchon im Anziehen begriffen, eifrig). Und da wer
ich uf de Kanzlei gehn und ſprechen: ſe ſollten’s nich
übel nehmen, a ſo a Kind hätte halt doch no nich a
ſo’s Verſtändniß dervon. Und da brächt ich da
Löffel. Hier uf zu flern Mädel!
(Das weinende Kind wird von der Mutter in’s Hinterzimmer gebracht, deſſen
Thür fie ſchließt. Sie ſelbſt kommt zurück.)
Hornig. Seine drei Thaler kann der gutt
werth haben.
Gottlieb. Gieb ock a Tichl, Luiſe, daß a nich
zu Schaden kommt. Nee nee, a ſo, a ſo a teuer
Dingel (er hat Thränen in den Augen, während er den Löffel einwickelt.)
Luiſe. Wenn mir a hätt’n, kennt mer viele
Wochen leben.
Der alte Hilſe. Mach, mach, feder Dich!
Feder Dich a ſo ſehr, wie de kannſt! Das wär a ſo
was! Das fehlt’ mir noch grade. Mach, das mir
den Satansleffel vom Halſe kriegen.
(Gottlieb ab mit dem Löffel.)
Hornig. Na nu wer ich ooch ſehn, das ich
weiter komme. (Er geht, unterhält ſich im Haus noch einige Sekunden,
dann ab.)
Chirurgus Schmidt (ein queckſilbriges, kugliches Männchen
mit weinrothem, pfiffigem Geſicht kommt in’s Haus). Gu’n morgen, Leute!
Na, das ſind m’r ſcheene Geſchichten. Kommt mir nur!
(Mit dem Finger drohend.) Jhr habt’s dick hinter’n Ohren.
(Jn der Stubenthür, ohne herein zu kommen.) Gu’n morgen, Vater
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