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Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.

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Reißen. Sieh d'r bloß amal meine Finger an. Jch
weß halt gar nich, hab ich an Fluß kricgt oder was?
Jch bin d'r halt a so elende! Jch kann d'r kee Glied
ni bewegen. 'S globts kee Mensch, was ich muß
fer Schmerzen derleiden.
Der alte Baumert. Mit der iß jetzt gar
schlecht. Die machts nimehr lange.
Bertha. Am Morgen zieh mersche an, am Abend
zieh mersche aus. M'r missen se fittern wie a kleenes Kind.
Muttert Baumert (fortwährend mit kläglicher, weinerlicher
Stimme).
Jch muß mich bedien' lassen hinten und vorne.
Jch bin mehr als krank. Jch bin ock ne Last.
Was hab ich schon a lieben Herrgott gebeten, a soll
mich doch bloßich abruffen, o Jees's, o Jees's, das is
doch halt zu schlimm mit mir. Jch weeß doch gar
nich ... de Leute kennten denken ... aber ich bin doch
's Arbeiten gewehnt von Kindheet uf. Jch hab doch
meine Sache immer konnt leisten, und nu uf eemal

(sie versucht umsonst sich zu erheben) 's geht und geht nimehr. --
Jch hab an guten Mann und gute Kinder hab ich, aber
wenn ich das soll mit ansehn ...! Wie sehn die Mäd'l
aus!? Kee Blutt haben se bald nimehr in sich. An
Farbe haben se wie de Leinticher. Das geht doch
immer egal fort mit dem Schemeltreten, obs a so
an Mäd'l dient oder nich. Was habn die fer a bißl
Leben. 'S ganze Jahr kommen si nich vom Bänkl
runter. Ni amal a par Klunkern haben se sich der-
schindt, das se sich kennten d'rmite bedecken und kennten
sich amal vor a Leuten sehn lassen, oder an Schritt ei
die Kirche machen und kennten sich amal ne Erquickung
holen. Aussehn thun se wie de Galgengeschlinke,
junge Mädel von funfzehn und zwanzig.
Bertha (am Ofen). Nu das raucht wieder a so
a bißl!
Der alte Baumert. Nu da sieh ock den Rauch.
Na da nimm amal an, kann woll hier Wandel werden?
Reißen. Sieh d’r bloß amal meine Finger an. Jch
weß halt gar nich, hab ich an Fluß kricgt oder was?
Jch bin d’r halt a ſo elende! Jch kann d’r kee Glied
ni bewegen. ’S globts kee Menſch, was ich muß
fer Schmerzen derleiden.
Der alte Baumert. Mit der iß jetzt gar
ſchlecht. Die machts nimehr lange.
Bertha. Am Morgen zieh merſche an, am Abend
zieh merſche aus. M’r miſſen ſe fittern wie a kleenes Kind.
Muttert Baumert (fortwährend mit kläglicher, weinerlicher
Stimme).
Jch muß mich bedien’ laſſen hinten und vorne.
Jch bin mehr als krank. Jch bin ock ne Laſt.
Was hab ich ſchon a lieben Herrgott gebeten, a ſoll
mich doch bloßich abruffen, o Jees’s, o Jees’s, das is
doch halt zu ſchlimm mit mir. Jch weeß doch gar
nich … de Leute kennten denken … aber ich bin doch
’s Arbeiten gewehnt von Kindheet uf. Jch hab doch
meine Sache immer konnt leiſten, und nu uf eemal

(ſie verſucht umſonſt ſich zu erheben) ’s geht und geht nimehr. —
Jch hab an guten Mann und gute Kinder hab ich, aber
wenn ich das ſoll mit anſehn …! Wie ſehn die Mäd’l
aus!? Kee Blutt haben ſe bald nimehr in ſich. An
Farbe haben ſe wie de Leinticher. Das geht doch
immer egal fort mit dem Schemeltreten, obs a ſo
an Mäd’l dient oder nich. Was habn die fer a bißl
Leben. ’S ganze Jahr kommen ſi nich vom Bänkl
runter. Ni amal a par Klunkern haben ſe ſich der-
ſchindt, das ſe ſich kennten d’rmite bedecken und kennten
ſich amal vor a Leuten ſehn laſſen, oder an Schritt ei
die Kirche machen und kennten ſich amal ne Erquickung
holen. Ausſehn thun ſe wie de Galgengeſchlinke,
junge Mädel von funfzehn und zwanzig.
Bertha (am Ofen). Nu das raucht wieder a ſo
a bißl!
Der alte Baumert. Nu da ſieh ock den Rauch.
Na da nimm amal an, kann woll hier Wandel werden?
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[32/0045] Reißen. Sieh d’r bloß amal meine Finger an. Jch weß halt gar nich, hab ich an Fluß kricgt oder was? Jch bin d’r halt a ſo elende! Jch kann d’r kee Glied ni bewegen. ’S globts kee Menſch, was ich muß fer Schmerzen derleiden. Der alte Baumert. Mit der iß jetzt gar ſchlecht. Die machts nimehr lange. Bertha. Am Morgen zieh merſche an, am Abend zieh merſche aus. M’r miſſen ſe fittern wie a kleenes Kind. Muttert Baumert (fortwährend mit kläglicher, weinerlicher Stimme). Jch muß mich bedien’ laſſen hinten und vorne. Jch bin mehr als krank. Jch bin ock ne Laſt. Was hab ich ſchon a lieben Herrgott gebeten, a ſoll mich doch bloßich abruffen, o Jees’s, o Jees’s, das is doch halt zu ſchlimm mit mir. Jch weeß doch gar nich … de Leute kennten denken … aber ich bin doch ’s Arbeiten gewehnt von Kindheet uf. Jch hab doch meine Sache immer konnt leiſten, und nu uf eemal (ſie verſucht umſonſt ſich zu erheben) ’s geht und geht nimehr. — Jch hab an guten Mann und gute Kinder hab ich, aber wenn ich das ſoll mit anſehn …! Wie ſehn die Mäd’l aus!? Kee Blutt haben ſe bald nimehr in ſich. An Farbe haben ſe wie de Leinticher. Das geht doch immer egal fort mit dem Schemeltreten, obs a ſo an Mäd’l dient oder nich. Was habn die fer a bißl Leben. ’S ganze Jahr kommen ſi nich vom Bänkl runter. Ni amal a par Klunkern haben ſe ſich der- ſchindt, das ſe ſich kennten d’rmite bedecken und kennten ſich amal vor a Leuten ſehn laſſen, oder an Schritt ei die Kirche machen und kennten ſich amal ne Erquickung holen. Ausſehn thun ſe wie de Galgengeſchlinke, junge Mädel von funfzehn und zwanzig. Bertha (am Ofen). Nu das raucht wieder a ſo a bißl! Der alte Baumert. Nu da ſieh ock den Rauch. Na da nimm amal an, kann woll hier Wandel werden?

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Zitationshilfe: Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hauptmann_weber_1892/45>, abgerufen am 21.11.2024.