Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.
Dieben; hier sein welche, die treiben Holzhandel im Großen und wer'n reich von gestohlnen Holze. Wenn aber a armer Weber ... Erster alter Weber (unterbricht Baumert). Mir derfen kee Zweigl nehmen, aber de Herrschaft, die greift uns desto forscher an, die zieht uns 's Leder egelganz iber de Ohren runter. Da sein zu entrichten Schutz- gelder, Spinngelder, Naturalleistungen, da muß ma umsonste Gänge laufen und Howearbeit thun, ob ma will oder nich. Ansorge. 'S is halt a so: was uns dr Fabrikante ibrich läßt, das holt uns d'r Edelman vollens aus dr Tasche. Zweiter alter Weber (hat am Nebentisch Platz genommen). Jch hab's o 'n gnädijen Herrn selber gesagt. Se werdn gittigst verzeihn, Herr Graf, meent ich ibern, das Jahr kann ich a so viel Howetage eemal ni leisten. Jch streits eemal nich! Denn warum? Se wern entschuldijen mir hat's Wasser alles zu Schanden gemacht. Mei bißel Acker hat's weg- geschwemmt. Jch muß Tag und Nacht schaffen, wenn ich will leben. A so a Unwetter ... Jhr Leute, Jhr Leute! Jch stand ock immer und rang de Hände. Der scheene Boden, der kam ock immer a so über a Berg rundergewellt und in's Häusl nein; und der scheene, teure Samen! ... O Jes's, o jes's, da hab ich ock immer a so in de Wolken nein geprillt und acht Tage lang hab ich geflennt, daß ich bald keene Straße ni mehr sah ... Und dernach konnt ich mich mit achtzig schweren Radwern Boden über a Berg wieder nufquäln. Der Bauer (roh). Jhr macht ja a schauderhaftiges Gelammetire dahier. Was de d'r Himmel schickt, das miss' mir uns alle gefalln laßn. Und wenn's euch sonst' nich zum Besten geht, wer is denn Schuld, wie Jhr selber? Wie's Geschäft gutt ging, was habt'r
Dieben; hier ſein welche, die treiben Holzhandel im Großen und wer’n reich von geſtohlnen Holze. Wenn aber a armer Weber … Erſter alter Weber (unterbricht Baumert). Mir derfen kee Zweigl nehmen, aber de Herrſchaft, die greift uns deſto forſcher an, die zieht uns ’s Leder egelganz iber de Ohren runter. Da ſein zu entrichten Schutz- gelder, Spinngelder, Naturalleiſtungen, da muß ma umſonſte Gänge laufen und Howearbeit thun, ob ma will oder nich. Anſorge. ’S is halt a ſo: was uns dr Fabrikante ibrich läßt, das holt uns d’r Edelman vollens aus dr Taſche. Zweiter alter Weber (hat am Nebentiſch Platz genommen). Jch hab’s o ’n gnädijen Herrn ſelber geſagt. Se werdn gittigſt verzeihn, Herr Graf, meent ich ibern, das Jahr kann ich a ſo viel Howetage eemal ni leiſten. Jch ſtreits eemal nich! Denn warum? Se wern entſchuldijen mir hat’s Waſſer alles zu Schanden gemacht. Mei bißel Acker hat’s weg- geſchwemmt. Jch muß Tag und Nacht ſchaffen, wenn ich will leben. A ſo a Unwetter … Jhr Leute, Jhr Leute! Jch ſtand ock immer und rang de Hände. Der ſcheene Boden, der kam ock immer a ſo über a Berg rundergewellt und in’s Häusl nein; und der ſcheene, teure Samen! … O Jes’s, o jes’s, da hab ich ock immer a ſo in de Wolken nein geprillt und acht Tage lang hab ich geflennt, daß ich bald keene Straße ni mehr ſah … Und dernach konnt ich mich mit achtzig ſchweren Radwern Boden über a Berg wieder nufquäln. Der Bauer (roh). Jhr macht ja a ſchauderhaftiges Gelammetire dahier. Was de d’r Himmel ſchickt, das miſſ’ mir uns alle gefalln laßn. Und wenn’s euch ſonſt’ nich zum Beſten geht, wer is denn Schuld, wie Jhr ſelber? Wie’s Geſchäft gutt ging, was habt’r <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#BAUM"> <p><pb facs="#f0069" n="56"/> Dieben; hier ſein welche, die treiben Holzhandel im<lb/> Großen und wer’n reich von geſtohlnen Holze. Wenn<lb/> aber a armer Weber …</p> </sp><lb/> <sp who="#ERaWEB"> <speaker> <hi rendition="#g">Erſter alter Weber</hi> </speaker> <stage>(unterbricht Baumert).</stage> <p>Mir derfen<lb/> kee Zweigl nehmen, aber de Herrſchaft, die greift uns<lb/> deſto forſcher an, die zieht uns ’s Leder egelganz<lb/> iber de Ohren runter. Da ſein zu entrichten Schutz-<lb/> gelder, Spinngelder, Naturalleiſtungen, da muß ma<lb/> umſonſte Gänge laufen und Howearbeit thun, ob ma<lb/> will oder nich.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANSO"> <speaker><hi rendition="#g">Anſorge</hi>.</speaker> <p>’S is halt a ſo: was uns dr<lb/> Fabrikante ibrich läßt, das holt uns d’r Edelman<lb/> vollens aus dr Taſche.</p> </sp><lb/> <sp who="#ZWEWEB"> <speaker> <hi rendition="#g">Zweiter alter Weber</hi> </speaker> <stage>(hat am Nebentiſch Platz genommen).</stage><lb/> <p>Jch hab’s o ’n gnädijen Herrn ſelber geſagt. Se<lb/> werdn gittigſt verzeihn, Herr Graf, meent ich ibern,<lb/> das Jahr kann ich a ſo viel Howetage eemal ni<lb/> leiſten. Jch ſtreits eemal nich! Denn warum? Se<lb/> wern entſchuldijen mir hat’s Waſſer alles zu<lb/> Schanden gemacht. Mei bißel Acker hat’s weg-<lb/> geſchwemmt. Jch muß Tag und Nacht ſchaffen,<lb/> wenn ich will leben. A ſo a Unwetter … Jhr<lb/> Leute, Jhr Leute! Jch ſtand ock immer und rang<lb/> de Hände. Der ſcheene Boden, der kam ock immer<lb/> a ſo über a Berg rundergewellt und in’s Häusl<lb/> nein; und der ſcheene, teure Samen! … O Jes’s,<lb/> o jes’s, da hab ich ock immer a ſo in de Wolken nein<lb/> geprillt und acht Tage lang hab ich geflennt, daß ich<lb/> bald keene Straße ni mehr ſah … Und dernach<lb/> konnt ich mich mit achtzig ſchweren Radwern Boden<lb/> über a Berg wieder nufquäln.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAUR"> <speaker> <hi rendition="#g">Der Bauer</hi> </speaker> <stage>(roh).</stage> <p>Jhr macht ja a ſchauderhaftiges<lb/> Gelammetire dahier. Was de d’r Himmel ſchickt, das<lb/> miſſ’ mir uns alle gefalln laßn. Und wenn’s euch<lb/> ſonſt’ nich zum Beſten geht, wer is denn Schuld, wie<lb/> Jhr ſelber? Wie’s Geſchäft gutt ging, was habt’r<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [56/0069]
Dieben; hier ſein welche, die treiben Holzhandel im
Großen und wer’n reich von geſtohlnen Holze. Wenn
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Erſter alter Weber (unterbricht Baumert). Mir derfen
kee Zweigl nehmen, aber de Herrſchaft, die greift uns
deſto forſcher an, die zieht uns ’s Leder egelganz
iber de Ohren runter. Da ſein zu entrichten Schutz-
gelder, Spinngelder, Naturalleiſtungen, da muß ma
umſonſte Gänge laufen und Howearbeit thun, ob ma
will oder nich.
Anſorge. ’S is halt a ſo: was uns dr
Fabrikante ibrich läßt, das holt uns d’r Edelman
vollens aus dr Taſche.
Zweiter alter Weber (hat am Nebentiſch Platz genommen).
Jch hab’s o ’n gnädijen Herrn ſelber geſagt. Se
werdn gittigſt verzeihn, Herr Graf, meent ich ibern,
das Jahr kann ich a ſo viel Howetage eemal ni
leiſten. Jch ſtreits eemal nich! Denn warum? Se
wern entſchuldijen mir hat’s Waſſer alles zu
Schanden gemacht. Mei bißel Acker hat’s weg-
geſchwemmt. Jch muß Tag und Nacht ſchaffen,
wenn ich will leben. A ſo a Unwetter … Jhr
Leute, Jhr Leute! Jch ſtand ock immer und rang
de Hände. Der ſcheene Boden, der kam ock immer
a ſo über a Berg rundergewellt und in’s Häusl
nein; und der ſcheene, teure Samen! … O Jes’s,
o jes’s, da hab ich ock immer a ſo in de Wolken nein
geprillt und acht Tage lang hab ich geflennt, daß ich
bald keene Straße ni mehr ſah … Und dernach
konnt ich mich mit achtzig ſchweren Radwern Boden
über a Berg wieder nufquäln.
Der Bauer (roh). Jhr macht ja a ſchauderhaftiges
Gelammetire dahier. Was de d’r Himmel ſchickt, das
miſſ’ mir uns alle gefalln laßn. Und wenn’s euch
ſonſt’ nich zum Beſten geht, wer is denn Schuld, wie
Jhr ſelber? Wie’s Geſchäft gutt ging, was habt’r
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