Hauptmann, Gerhart: Die Weber. Berlin, 1892.
glas zu Baumert und Ansorge. Dem letzteren auf den Bauch klopfend.) Was haben die Weber fer eine Speis'? Sauerkraut und Läusefleisch. Der alte Baumert (extatisch). Nu aber wie d'n da, wenn se nu, und sein nimmehr zufriede dermit? Wittig (mit gemachtem Staunen den Weber dumm anglotzend). Nu, nu, nu, sag mer ock, Heinerle, bist Du's? (Unbändig herauslachend.) Jhr Leute, Jhr Leute, ich lach mich tot. Der ale Baumert will Rebellion machen. Nu wer'n mersch habn: Jtzt fangen de Schneider o an, dann wer'n de Bälämmel rebellisch, dann de Mäuse und Ratten. O du meine Gitte, das werd a Tanz werden. (Er will sich ausschütten vor Lachen.) Der alte Baumert. Nu sieh ock, Wittig, ich bin no immer derselbigte wie frieher. Jch sag o itzt noch, wenn's im Guten ging, wärsch besser. Wittig. Dreck! werds gehn, aber nich im Guden. Wo wer a so was im Guden gangen? Js etwa ei Frankreich im Guden gangen? Hat etwa d'r Robspiir a Reichen de Patschel gestreechelt? Da hiß bloß: Allee schaff fort. Jmmer nuff uff de Giljotine. Das muß gehn, allong sangfang. De gebratnen Gänse kommen een ni ins Maul geflogn. Der alte Baumert. Wenn ich ock und hätte hallwäge mein Auskommen ... Erster alter Weber. Uns steht halt's Wasser bis hierum, Wittig. Zweiter alter Weber. Ma mag bald gar ni mehr heem gehn. Ob ma nu schachtert oder ma legt sich schlafen, ma hungert uf beede Arten. Erster alter Weber. D'rheeme verliert man vollens ganz a Verstand. Der alte Ansorge. Mir is jetzt schonn eegal, 's kommt a so, oder a so. Stimmen alter Weber (mit steigender Erregung). "Nir- gend hat ma Ruh." "O ken'n Geist nich zur Arbeit hat
glas zu Baumert und Anſorge. Dem letzteren auf den Bauch klopfend.) Was haben die Weber fer eine Speiſ’? Sauerkraut und Läuſefleiſch. Der alte Baumert (extatiſch). Nu aber wie d’n da, wenn ſe nu, und ſein nimmehr zufriede dermit? Wittig (mit gemachtem Staunen den Weber dumm anglotzend). Nu, nu, nu, ſag mer ock, Heinerle, biſt Du’s? (Unbändig herauslachend.) Jhr Leute, Jhr Leute, ich lach mich tot. Der ale Baumert will Rebellion machen. Nu wer’n merſch habn: Jtzt fangen de Schneider o an, dann wer’n de Bälämmel rebelliſch, dann de Mäuſe und Ratten. O du meine Gitte, das werd a Tanz werden. (Er will ſich ausſchütten vor Lachen.) Der alte Baumert. Nu ſieh ock, Wittig, ich bin no immer derſelbigte wie frieher. Jch ſag o itzt noch, wenn’s im Guten ging, wärſch beſſer. Wittig. Dreck! werds gehn, aber nich im Guden. Wo wer a ſo was im Guden gangen? Js etwa ei Frankreich im Guden gangen? Hat etwa d’r Robſpiir a Reichen de Patſchel geſtreechelt? Da hiß bloß: Allee ſchaff fort. Jmmer nuff uff de Giljotine. Das muß gehn, allong ſangfang. De gebratnen Gänſe kommen een ni ins Maul geflogn. Der alte Baumert. Wenn ich ock und hätte hallwäge mein Auskommen … Erſter alter Weber. Uns ſteht halt’s Waſſer bis hierum, Wittig. Zweiter alter Weber. Ma mag bald gar ni mehr heem gehn. Ob ma nu ſchachtert oder ma legt ſich ſchlafen, ma hungert uf beede Arten. Erſter alter Weber. D’rheeme verliert man vollens ganz a Verſtand. Der alte Anſorge. Mir is jetzt ſchonn eegal, ’s kommt a ſo, oder a ſo. Stimmen alter Weber (mit ſteigender Erregung). „Nir- gend hat ma Ruh.“ „O ken’n Geiſt nich zur Arbeit hat <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#WITT"> <stage><pb facs="#f0074" n="61"/> glas zu Baumert und Anſorge. Dem letzteren auf den Bauch klopfend.)</stage><lb/> <p>Was haben die Weber fer eine Speiſ’? Sauerkraut<lb/> und Läuſefleiſch.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAUM"> <speaker> <hi rendition="#g">Der alte Baumert</hi> </speaker> <stage>(extatiſch).</stage> <p>Nu aber wie d’n<lb/> da, wenn ſe nu, und ſein nimmehr zufriede dermit?</p> </sp><lb/> <sp who="#WITT"> <speaker> <hi rendition="#g">Wittig</hi> </speaker> <stage>(mit gemachtem Staunen den Weber dumm anglotzend).</stage><lb/> <p>Nu, nu, nu, ſag mer ock, Heinerle, biſt Du’s?</p> <stage>(Unbändig<lb/> herauslachend.)</stage> <p>Jhr Leute, Jhr Leute, ich lach mich tot.<lb/> Der ale Baumert will Rebellion machen. Nu wer’n<lb/> merſch habn: Jtzt fangen de Schneider o an, dann wer’n<lb/> de Bälämmel rebelliſch, dann de Mäuſe und Ratten.<lb/> O du meine Gitte, das werd a Tanz werden.</p> <stage>(Er will<lb/> ſich ausſchütten vor Lachen.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#BAUM"> <speaker><hi rendition="#g">Der alte Baumert</hi>.</speaker> <p>Nu ſieh ock, Wittig, ich<lb/> bin no immer derſelbigte wie frieher. Jch ſag o itzt<lb/> noch, wenn’s im Guten ging, wärſch beſſer.</p> </sp><lb/> <sp who="#WITT"> <speaker><hi rendition="#g">Wittig</hi>.</speaker> <p>Dreck! werds gehn, aber nich im Guden.<lb/> Wo wer a ſo was im Guden gangen? Js etwa ei<lb/> Frankreich im Guden gangen? Hat etwa d’r Robſpiir<lb/> a Reichen de Patſchel geſtreechelt? Da hiß bloß:<lb/> Allee ſchaff fort. Jmmer nuff uff de Giljotine. Das<lb/> muß gehn, allong ſangfang. De gebratnen Gänſe<lb/> kommen een ni ins Maul geflogn.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAUM"> <speaker><hi rendition="#g">Der alte Baumert</hi>.</speaker> <p>Wenn ich ock und hätte<lb/> hallwäge mein Auskommen …</p> </sp><lb/> <sp who="#ERaWEB"> <speaker><hi rendition="#g">Erſter alter Weber</hi>.</speaker> <p>Uns ſteht halt’s Waſſer<lb/> bis hierum, Wittig.</p> </sp><lb/> <sp who="#ZWEWEB"> <speaker><hi rendition="#g">Zweiter alter Weber</hi>.</speaker> <p>Ma mag bald gar ni<lb/> mehr heem gehn. Ob ma nu ſchachtert oder ma legt<lb/> ſich ſchlafen, ma hungert uf beede Arten.</p> </sp><lb/> <sp who="#ERaWEB"> <speaker><hi rendition="#g">Erſter alter Weber</hi>.</speaker> <p>D’rheeme verliert man<lb/> vollens ganz a Verſtand.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANSO"> <speaker><hi rendition="#g">Der alte Anſorge</hi>.</speaker> <p>Mir is jetzt ſchonn eegal, ’s<lb/> kommt a ſo, oder a ſo.</p> </sp><lb/> <sp who="#STIaWEB"> <speaker> <hi rendition="#g">Stimmen alter Weber</hi> </speaker> <stage>(mit ſteigender Erregung).</stage> <p>„Nir-<lb/> gend hat ma Ruh.“ „O ken’n Geiſt nich zur Arbeit hat<lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [61/0074]
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Der alte Baumert (extatiſch). Nu aber wie d’n
da, wenn ſe nu, und ſein nimmehr zufriede dermit?
Wittig (mit gemachtem Staunen den Weber dumm anglotzend).
Nu, nu, nu, ſag mer ock, Heinerle, biſt Du’s? (Unbändig
herauslachend.) Jhr Leute, Jhr Leute, ich lach mich tot.
Der ale Baumert will Rebellion machen. Nu wer’n
merſch habn: Jtzt fangen de Schneider o an, dann wer’n
de Bälämmel rebelliſch, dann de Mäuſe und Ratten.
O du meine Gitte, das werd a Tanz werden. (Er will
ſich ausſchütten vor Lachen.)
Der alte Baumert. Nu ſieh ock, Wittig, ich
bin no immer derſelbigte wie frieher. Jch ſag o itzt
noch, wenn’s im Guten ging, wärſch beſſer.
Wittig. Dreck! werds gehn, aber nich im Guden.
Wo wer a ſo was im Guden gangen? Js etwa ei
Frankreich im Guden gangen? Hat etwa d’r Robſpiir
a Reichen de Patſchel geſtreechelt? Da hiß bloß:
Allee ſchaff fort. Jmmer nuff uff de Giljotine. Das
muß gehn, allong ſangfang. De gebratnen Gänſe
kommen een ni ins Maul geflogn.
Der alte Baumert. Wenn ich ock und hätte
hallwäge mein Auskommen …
Erſter alter Weber. Uns ſteht halt’s Waſſer
bis hierum, Wittig.
Zweiter alter Weber. Ma mag bald gar ni
mehr heem gehn. Ob ma nu ſchachtert oder ma legt
ſich ſchlafen, ma hungert uf beede Arten.
Erſter alter Weber. D’rheeme verliert man
vollens ganz a Verſtand.
Der alte Anſorge. Mir is jetzt ſchonn eegal, ’s
kommt a ſo, oder a ſo.
Stimmen alter Weber (mit ſteigender Erregung). „Nir-
gend hat ma Ruh.“ „O ken’n Geiſt nich zur Arbeit hat
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