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Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 105, Hamburg, 2. Julii 1771.

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[Spaltenumbruch] Erzählung soll bloß dazu dienen, um Ew. Excellenz zu
überführen, daß ich eben keine lange Untersuchung nö-
thig gehabt habe, ob das Korn, die Feuersteine, und
andere Waaren nach Coron, oder nach einem andern
feindlichen Ort bestimmt waren, um mir das Recht an-
zumaßen, sie zu confisciren, da selbst die Erklärung des
Capitain Jordans mir hinlängliche Macht dazu gab.
Man hat Ihnen auch eine ganz falsche Nachricht gege-
ben, wenn man gesagt hat, daß die Türkischen Passa-
giers unbewaffnet gewesen. Sie waren nicht nur be-
waffnet, sondern viele von ihnen haben sogar bekannt,
daß sie auf dem Wege wären, wider unsere Armee zu
Lande zu dienen.

Da ich nun von besagtem Fahrzeuge sowol Mund-
und Kriegsprovision, als auch die Soldaten, die meine
Feinde sind, genommen; so glaube ich nicht, daß man
Gründe finden könne, welche Ew. Excellenz berechtigen
könnten, ihre Zurückgabe zu verlangen. Ich glaube im
Gegentheil alle Gründe auf meiner Seite zu haben, um
mein Betragen zu rechtfertigen, und Ihre Forderungen
aufzuheben. Die Evidenz derselben läßt mich hoffen,
daß Ihre Gerechtigkeit und Klugheit selbige für über-
zeugend halten werde.

Bey allen Europäischen Nationen ist ein merklicher
Unterschied in den Ständen, so daß sich niemand darinn
irren kann. Aber in den Ländern, die unter Türkischer
Bothmäßigkeit stehen, sind sie so sehr verwirrt, daß die
größte Scharfsichtigkeit, auch selbst von Ew. Excellenz,
große Mühe haben würde, die Grenzen davon zu unter-
scheiden. Ein Janitschar, zum Exempel, ist ein Kauf-
mann, und ein gewisser anderer ein Soldat. Es ist
noch nicht lange, daß ihre bürgerlichen Richter in den
Städten und auf dem Lande, ohne aus Noth dazu ge-
drungen zu seyn, die Waffen ergriffen, und sie mit sol-
cher Geschicklichkeit führten, als wenn sie Soldaten vom
Metier wären. Noch mehr, sie führten sogar die an-
dern zum Kriege an, wovon ich selbst in Morea und in
andern Türkischen Provinzen Beyspiele gesehen. Auf
der andern Seite haben sie weder Reisepässe, noch sonst
Patente, schweifen von einem Ort zum andern herum,
und lassen sich so nennen, wie es ihr Vortheil erfordert.
Heute ist der eine ein Kaufmann, morgen wird er Cadi,
und übermorgen Soldat. Heute läßt man in einer
Vestung 1000 Kaufleute, morgen werden 1000 Solda-
ten daraus, welche wider uns fechten werden.

Es ist das erstemal in meinem Leben, daß ich den Ca-
pitain Claudio Michele nennen höre, von welchem Ew.
Excellenz reden, und zum erstenmale erfahre ich, daß ein
Grieche, Namens Niccola, wirklich ist, der Ursache an
diesem Unglücke gewesen. Die Declaration des Capitains,
welche Sie meinem Briefe mit angeschlossen haben, ge-
höret mir so wenig, als Ihnen. Vermuthlich hat ein
Corsar mit dem gedachten Fahrzeuge anbinden wollen,
für dessen Betragen ich aber keine Gründe anführen
kann, so wenig Ew. Excellenz es thun können.

Ueber die beyden Artikel, welche Ihre ganze Aufmerk-
samkeit an sich gezogen, muß ich zuerst sagen, daß die
Rußischen Kriegsschiffe sich nicht ein besonderes Recht
anmaßen, neutrale Fahrzeuge auf eine uneingeschränkte
Zeit anzuhalten. Sie eignen sich nur eben das Recht
zu, was die Französischen Kriegsschiffe haben, nämlich
solche Fahrzeuge 24 Stunden anzuhalten; und wenn die
Umstände eine längere Zeit erfordern, so wird ihnen
diese Verzögerung, nach Proportion der bedungenen
Fracht bezahlet.

Hieraus erkenne ich, daß die Deputirten von Smirna
[Spaltenumbruch] bey Ew. Excellenz in ihrer Erzählung nicht genau und
richtig genug gewesen sind. Damit ich Sie nun in
Absicht dieses Gegenstandes für jetzt beruhige, und fürs
künftige ähnlichen Erzählungen bey Ihnen den Zugang
verwehre; so will ich Ihnen eine genaue Nachricht ge-
ben, von allem dem, was bis heute mit den Französi-
schen Fahrzeugen, welche ich angetroffen habe, vorge-
gangen ist.

Als ich den 28sten April bey den Inseln Le Sapienze
um 6 Uhr, des Abends, kreuzete, wurde der Herr Ad-
miral ein kleines Französisches Fahrzeug gewahr. Er
lies es visitiren, worauf es sogleich seinen Weg fortsetzte.

Im May kam ein Französisches Fahrzeug zu Navarins
von Smirna an, an dessen Bord sich ein Officier dieser
Nation befand, Namens Le Fort. Das Fahrzeug wurde so-
gleich frey gelassen; Herr Le Fort aber blieb zu Navarino,
und ward auf sein Ersuchen in Rußisch-Kayserl. Dienste
genommen. Er wurde bey verschiedenen wichtigen Ex-
peditionen gebraucht, und richtete seine Aufträge im-
mer sehr gut aus. Zum Unglück habe ich ihn in der
Schlacht bey Chesme verlohren, wo er sich auf dem Ad-
miralsschiffe befand, und die unterste Batterie comman-
dirte. Zweymal ward er verwundet, dennoch aber wollte
er seinen Posten nicht verlassen, bis er endlich alle Sinne
verlohr. Ihr Secretair wollte gerne Nachricht von ihm
haben, und deswegen habe ich mit Fleiß diese kurze Er-
zählung einfließen lassen, da ich glaube, daß Ew. Excel-
lenz ebenfalls gerne das Schicksal dieses braven und tapfe-
ren Officiers wissen möchten. Dem Befehl meiner al-
lergnädigsten Monarchinn zufolge, soll ich alle hervor-
stechende Thaten belohnen. Da ich jetzt in Absicht des
Herrn Le Fort dies nicht thun kann, und ich gehört habe,
daß er Familie hat, die sich eben nicht in den besten Um-
ständen befindet, ich aber nicht weiß, in welchem Lande
sie sich aufhält, und womit ich ihr am besten helfen könne;
so habe ich Ihren Secretair gebeten, mir bey vorfallen-
der Gelegenheit einige Nachricht davon zu ertheilen.

Als ich mich den 9ten Junii in den Gewässern von Cerigo
aufhielt, wurden um 6 Uhr, des Abends, 3 Französische
Fahrzeuge visitirt. Das erste war eine Polacre, comman-
dirt von Capitain Martin, welche von Smirna kam, und
nach Livorno gieng. Die zweyte, geführet von Capitain
L'eremita, kam von Alexandrien, und wollte nach Algier.
Der Capitain sagte aus, die Ladung wäre für Barba-
rische Rechnung, und ungefähr 28000 Piasters werth,
ohne das baare Geld zu rechnen, welches seine Passagiers,
die alle aus der Barbarey wären, bey sich hätten. Das
erste Fahrzeug wurde sogleich frey gelassen, und das
zweyte nach wenig Stunden. Den 21sten waren wir in
den Gewässern bey Porto di Zia. Zwey Fahrzeuge la-
gen daselbst vor Anker, welche visitiret wurden. Das
erste war ein Französisches, nach Livorno bestimmt. Man
wünschte ihm eine glückliche Reise.

Den 1sten Julii wurde Capitain Villeneuve, der von
Marseille kam, und nach Smirna wollte, angehalten.
Wir waren eben auf der Fahrt, den Feind anzugreifen.
Er segelte mit uns, weil er den nämlichen Weg nehmen
mußte, und wurde den 4ten bey Ipsera frey gelassen.
Zu gleicher Zeit kauften wir noch einige Waaren von
ihm, die wir ihm zu dem verlangten Preis bezahlten.

Den 20sten wurde eine Polacre visitiret, die unter
Capitain Herghott von Constantinopel kam, und mit
einer Ladung Brennholz und 7000 Piasters, die einem
Englischen Hause gehörten, nach Alexandrien wollte.
Sie wurde den 23sten eben dieses Monats frey gelassen.

Den 29sten Julii lief Capitain Pasquale Antonio,

[Spaltenumbruch] Erzaͤhlung ſoll bloß dazu dienen, um Ew. Excellenz zu
uͤberfuͤhren, daß ich eben keine lange Unterſuchung noͤ-
thig gehabt habe, ob das Korn, die Feuerſteine, und
andere Waaren nach Coron, oder nach einem andern
feindlichen Ort beſtimmt waren, um mir das Recht an-
zumaßen, ſie zu confiſciren, da ſelbſt die Erklaͤrung des
Capitain Jordans mir hinlaͤngliche Macht dazu gab.
Man hat Ihnen auch eine ganz falſche Nachricht gege-
ben, wenn man geſagt hat, daß die Tuͤrkiſchen Paſſa-
giers unbewaffnet geweſen. Sie waren nicht nur be-
waffnet, ſondern viele von ihnen haben ſogar bekannt,
daß ſie auf dem Wege waͤren, wider unſere Armee zu
Lande zu dienen.

Da ich nun von beſagtem Fahrzeuge ſowol Mund-
und Kriegsproviſion, als auch die Soldaten, die meine
Feinde ſind, genommen; ſo glaube ich nicht, daß man
Gruͤnde finden koͤnne, welche Ew. Excellenz berechtigen
koͤnnten, ihre Zuruͤckgabe zu verlangen. Ich glaube im
Gegentheil alle Gruͤnde auf meiner Seite zu haben, um
mein Betragen zu rechtfertigen, und Ihre Forderungen
aufzuheben. Die Evidenz derſelben laͤßt mich hoffen,
daß Ihre Gerechtigkeit und Klugheit ſelbige fuͤr uͤber-
zeugend halten werde.

Bey allen Europaͤiſchen Nationen iſt ein merklicher
Unterſchied in den Staͤnden, ſo daß ſich niemand darinn
irren kann. Aber in den Laͤndern, die unter Tuͤrkiſcher
Bothmaͤßigkeit ſtehen, ſind ſie ſo ſehr verwirrt, daß die
groͤßte Scharfſichtigkeit, auch ſelbſt von Ew. Excellenz,
große Muͤhe haben wuͤrde, die Grenzen davon zu unter-
ſcheiden. Ein Janitſchar, zum Exempel, iſt ein Kauf-
mann, und ein gewiſſer anderer ein Soldat. Es iſt
noch nicht lange, daß ihre buͤrgerlichen Richter in den
Staͤdten und auf dem Lande, ohne aus Noth dazu ge-
drungen zu ſeyn, die Waffen ergriffen, und ſie mit ſol-
cher Geſchicklichkeit fuͤhrten, als wenn ſie Soldaten vom
Metier waͤren. Noch mehr, ſie fuͤhrten ſogar die an-
dern zum Kriege an, wovon ich ſelbſt in Morea und in
andern Tuͤrkiſchen Provinzen Beyſpiele geſehen. Auf
der andern Seite haben ſie weder Reiſepaͤſſe, noch ſonſt
Patente, ſchweifen von einem Ort zum andern herum,
und laſſen ſich ſo nennen, wie es ihr Vortheil erfordert.
Heute iſt der eine ein Kaufmann, morgen wird er Cadi,
und uͤbermorgen Soldat. Heute laͤßt man in einer
Veſtung 1000 Kaufleute, morgen werden 1000 Solda-
ten daraus, welche wider uns fechten werden.

Es iſt das erſtemal in meinem Leben, daß ich den Ca-
pitain Claudio Michele nennen hoͤre, von welchem Ew.
Excellenz reden, und zum erſtenmale erfahre ich, daß ein
Grieche, Namens Niccola, wirklich iſt, der Urſache an
dieſem Ungluͤcke geweſen. Die Declaration des Capitains,
welche Sie meinem Briefe mit angeſchloſſen haben, ge-
hoͤret mir ſo wenig, als Ihnen. Vermuthlich hat ein
Corſar mit dem gedachten Fahrzeuge anbinden wollen,
fuͤr deſſen Betragen ich aber keine Gruͤnde anfuͤhren
kann, so wenig Ew. Excellenz es thun koͤnnen.

Ueber die beyden Artikel, welche Ihre ganze Aufmerk-
ſamkeit an ſich gezogen, muß ich zuerſt ſagen, daß die
Rußiſchen Kriegsſchiffe ſich nicht ein beſonderes Recht
anmaßen, neutrale Fahrzeuge auf eine uneingeſchraͤnkte
Zeit anzuhalten. Sie eignen ſich nur eben das Recht
zu, was die Franzoͤſiſchen Kriegsſchiffe haben, naͤmlich
ſolche Fahrzeuge 24 Stunden anzuhalten; und wenn die
Umſtaͤnde eine laͤngere Zeit erfordern, ſo wird ihnen
dieſe Verzoͤgerung, nach Proportion der bedungenen
Fracht bezahlet.

Hieraus erkenne ich, daß die Deputirten von Smirna
[Spaltenumbruch] bey Ew. Excellenz in ihrer Erzaͤhlung nicht genau und
richtig genug geweſen ſind. Damit ich Sie nun in
Abſicht dieſes Gegenſtandes fuͤr jetzt beruhige, und fuͤrs
kuͤnftige aͤhnlichen Erzaͤhlungen bey Ihnen den Zugang
verwehre; ſo will ich Ihnen eine genaue Nachricht ge-
ben, von allem dem, was bis heute mit den Franzoͤſi-
ſchen Fahrzeugen, welche ich angetroffen habe, vorge-
gangen iſt.

Als ich den 28ſten April bey den Inſeln Le Sapienze
um 6 Uhr, des Abends, kreuzete, wurde der Herr Ad-
miral ein kleines Franzoͤſiſches Fahrzeug gewahr. Er
lies es viſitiren, worauf es ſogleich ſeinen Weg fortſetzte.

Im May kam ein Franzoͤſiſches Fahrzeug zu Navarins
von Smirna an, an deſſen Bord ſich ein Officier dieſer
Nation befand, Namens Le Fort. Das Fahrzeug wurde ſo-
gleich frey gelaſſen; Herr Le Fort aber blieb zu Navarino,
und ward auf ſein Erſuchen in Rußiſch-Kayſerl. Dienſte
genommen. Er wurde bey verſchiedenen wichtigen Ex-
peditionen gebraucht, und richtete ſeine Auftraͤge im-
mer ſehr gut aus. Zum Ungluͤck habe ich ihn in der
Schlacht bey Chesme verlohren, wo er ſich auf dem Ad-
miralsſchiffe befand, und die unterſte Batterie comman-
dirte. Zweymal ward er verwundet, dennoch aber wollte
er ſeinen Poſten nicht verlaſſen, bis er endlich alle Sinne
verlohr. Ihr Secretair wollte gerne Nachricht von ihm
haben, und deswegen habe ich mit Fleiß dieſe kurze Er-
zaͤhlung einfließen laſſen, da ich glaube, daß Ew. Excel-
lenz ebenfalls gerne das Schickſal dieſes braven und tapfe-
ren Officiers wiſſen moͤchten. Dem Befehl meiner al-
lergnaͤdigſten Monarchinn zufolge, ſoll ich alle hervor-
ſtechende Thaten belohnen. Da ich jetzt in Abſicht des
Herrn Le Fort dies nicht thun kann, und ich gehoͤrt habe,
daß er Familie hat, die ſich eben nicht in den beſten Um-
ſtaͤnden befindet, ich aber nicht weiß, in welchem Lande
ſie ſich aufhaͤlt, und womit ich ihr am beſten helfen koͤnne;
ſo habe ich Ihren Secretair gebeten, mir bey vorfallen-
der Gelegenheit einige Nachricht davon zu ertheilen.

Als ich mich den 9ten Junii in den Gewaͤſſern von Cerigo
aufhielt, wurden um 6 Uhr, des Abends, 3 Franzoͤſiſche
Fahrzeuge viſitirt. Das erſte war eine Polacre, comman-
dirt von Capitain Martin, welche von Smirna kam, und
nach Livorno gieng. Die zweyte, gefuͤhret von Capitain
L’eremita, kam von Alexandrien, und wollte nach Algier.
Der Capitain ſagte aus, die Ladung waͤre fuͤr Barba-
riſche Rechnung, und ungefaͤhr 28000 Piaſters werth,
ohne das baare Geld zu rechnen, welches ſeine Paſſagiers,
die alle aus der Barbarey waͤren, bey ſich haͤtten. Das
erſte Fahrzeug wurde ſogleich frey gelaſſen, und das
zweyte nach wenig Stunden. Den 21ſten waren wir in
den Gewaͤſſern bey Porto di Zia. Zwey Fahrzeuge la-
gen daſelbſt vor Anker, welche viſitiret wurden. Das
erſte war ein Franzoͤſiſches, nach Livorno beſtimmt. Man
wuͤnſchte ihm eine gluͤckliche Reiſe.

Den 1ſten Julii wurde Capitain Villeneuve, der von
Marſeille kam, und nach Smirna wollte, angehalten.
Wir waren eben auf der Fahrt, den Feind anzugreifen.
Er ſegelte mit uns, weil er den naͤmlichen Weg nehmen
mußte, und wurde den 4ten bey Ipſera frey gelaſſen.
Zu gleicher Zeit kauften wir noch einige Waaren von
ihm, die wir ihm zu dem verlangten Preis bezahlten.

Den 20ſten wurde eine Polacre viſitiret, die unter
Capitain Herghott von Conſtantinopel kam, und mit
einer Ladung Brennholz und 7000 Piaſters, die einem
Engliſchen Hauſe gehoͤrten, nach Alexandrien wollte.
Sie wurde den 23ſten eben dieſes Monats frey gelaſſen.

Den 29ſten Julii lief Capitain Paſquale Antonio,

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[[3]/0003] Erzaͤhlung ſoll bloß dazu dienen, um Ew. Excellenz zu uͤberfuͤhren, daß ich eben keine lange Unterſuchung noͤ- thig gehabt habe, ob das Korn, die Feuerſteine, und andere Waaren nach Coron, oder nach einem andern feindlichen Ort beſtimmt waren, um mir das Recht an- zumaßen, ſie zu confiſciren, da ſelbſt die Erklaͤrung des Capitain Jordans mir hinlaͤngliche Macht dazu gab. Man hat Ihnen auch eine ganz falſche Nachricht gege- ben, wenn man geſagt hat, daß die Tuͤrkiſchen Paſſa- giers unbewaffnet geweſen. Sie waren nicht nur be- waffnet, ſondern viele von ihnen haben ſogar bekannt, daß ſie auf dem Wege waͤren, wider unſere Armee zu Lande zu dienen. Da ich nun von beſagtem Fahrzeuge ſowol Mund- und Kriegsproviſion, als auch die Soldaten, die meine Feinde ſind, genommen; ſo glaube ich nicht, daß man Gruͤnde finden koͤnne, welche Ew. Excellenz berechtigen koͤnnten, ihre Zuruͤckgabe zu verlangen. Ich glaube im Gegentheil alle Gruͤnde auf meiner Seite zu haben, um mein Betragen zu rechtfertigen, und Ihre Forderungen aufzuheben. Die Evidenz derſelben laͤßt mich hoffen, daß Ihre Gerechtigkeit und Klugheit ſelbige fuͤr uͤber- zeugend halten werde. Bey allen Europaͤiſchen Nationen iſt ein merklicher Unterſchied in den Staͤnden, ſo daß ſich niemand darinn irren kann. Aber in den Laͤndern, die unter Tuͤrkiſcher Bothmaͤßigkeit ſtehen, ſind ſie ſo ſehr verwirrt, daß die groͤßte Scharfſichtigkeit, auch ſelbſt von Ew. Excellenz, große Muͤhe haben wuͤrde, die Grenzen davon zu unter- ſcheiden. Ein Janitſchar, zum Exempel, iſt ein Kauf- mann, und ein gewiſſer anderer ein Soldat. Es iſt noch nicht lange, daß ihre buͤrgerlichen Richter in den Staͤdten und auf dem Lande, ohne aus Noth dazu ge- drungen zu ſeyn, die Waffen ergriffen, und ſie mit ſol- cher Geſchicklichkeit fuͤhrten, als wenn ſie Soldaten vom Metier waͤren. Noch mehr, ſie fuͤhrten ſogar die an- dern zum Kriege an, wovon ich ſelbſt in Morea und in andern Tuͤrkiſchen Provinzen Beyſpiele geſehen. Auf der andern Seite haben ſie weder Reiſepaͤſſe, noch ſonſt Patente, ſchweifen von einem Ort zum andern herum, und laſſen ſich ſo nennen, wie es ihr Vortheil erfordert. Heute iſt der eine ein Kaufmann, morgen wird er Cadi, und uͤbermorgen Soldat. Heute laͤßt man in einer Veſtung 1000 Kaufleute, morgen werden 1000 Solda- ten daraus, welche wider uns fechten werden. Es iſt das erſtemal in meinem Leben, daß ich den Ca- pitain Claudio Michele nennen hoͤre, von welchem Ew. Excellenz reden, und zum erſtenmale erfahre ich, daß ein Grieche, Namens Niccola, wirklich iſt, der Urſache an dieſem Ungluͤcke geweſen. Die Declaration des Capitains, welche Sie meinem Briefe mit angeſchloſſen haben, ge- hoͤret mir ſo wenig, als Ihnen. Vermuthlich hat ein Corſar mit dem gedachten Fahrzeuge anbinden wollen, fuͤr deſſen Betragen ich aber keine Gruͤnde anfuͤhren kann, so wenig Ew. Excellenz es thun koͤnnen. Ueber die beyden Artikel, welche Ihre ganze Aufmerk- ſamkeit an ſich gezogen, muß ich zuerſt ſagen, daß die Rußiſchen Kriegsſchiffe ſich nicht ein beſonderes Recht anmaßen, neutrale Fahrzeuge auf eine uneingeſchraͤnkte Zeit anzuhalten. Sie eignen ſich nur eben das Recht zu, was die Franzoͤſiſchen Kriegsſchiffe haben, naͤmlich ſolche Fahrzeuge 24 Stunden anzuhalten; und wenn die Umſtaͤnde eine laͤngere Zeit erfordern, ſo wird ihnen dieſe Verzoͤgerung, nach Proportion der bedungenen Fracht bezahlet. Hieraus erkenne ich, daß die Deputirten von Smirna bey Ew. Excellenz in ihrer Erzaͤhlung nicht genau und richtig genug geweſen ſind. Damit ich Sie nun in Abſicht dieſes Gegenſtandes fuͤr jetzt beruhige, und fuͤrs kuͤnftige aͤhnlichen Erzaͤhlungen bey Ihnen den Zugang verwehre; ſo will ich Ihnen eine genaue Nachricht ge- ben, von allem dem, was bis heute mit den Franzoͤſi- ſchen Fahrzeugen, welche ich angetroffen habe, vorge- gangen iſt. Als ich den 28ſten April bey den Inſeln Le Sapienze um 6 Uhr, des Abends, kreuzete, wurde der Herr Ad- miral ein kleines Franzoͤſiſches Fahrzeug gewahr. Er lies es viſitiren, worauf es ſogleich ſeinen Weg fortſetzte. Im May kam ein Franzoͤſiſches Fahrzeug zu Navarins von Smirna an, an deſſen Bord ſich ein Officier dieſer Nation befand, Namens Le Fort. Das Fahrzeug wurde ſo- gleich frey gelaſſen; Herr Le Fort aber blieb zu Navarino, und ward auf ſein Erſuchen in Rußiſch-Kayſerl. Dienſte genommen. Er wurde bey verſchiedenen wichtigen Ex- peditionen gebraucht, und richtete ſeine Auftraͤge im- mer ſehr gut aus. Zum Ungluͤck habe ich ihn in der Schlacht bey Chesme verlohren, wo er ſich auf dem Ad- miralsſchiffe befand, und die unterſte Batterie comman- dirte. Zweymal ward er verwundet, dennoch aber wollte er ſeinen Poſten nicht verlaſſen, bis er endlich alle Sinne verlohr. Ihr Secretair wollte gerne Nachricht von ihm haben, und deswegen habe ich mit Fleiß dieſe kurze Er- zaͤhlung einfließen laſſen, da ich glaube, daß Ew. Excel- lenz ebenfalls gerne das Schickſal dieſes braven und tapfe- ren Officiers wiſſen moͤchten. Dem Befehl meiner al- lergnaͤdigſten Monarchinn zufolge, ſoll ich alle hervor- ſtechende Thaten belohnen. Da ich jetzt in Abſicht des Herrn Le Fort dies nicht thun kann, und ich gehoͤrt habe, daß er Familie hat, die ſich eben nicht in den beſten Um- ſtaͤnden befindet, ich aber nicht weiß, in welchem Lande ſie ſich aufhaͤlt, und womit ich ihr am beſten helfen koͤnne; ſo habe ich Ihren Secretair gebeten, mir bey vorfallen- der Gelegenheit einige Nachricht davon zu ertheilen. Als ich mich den 9ten Junii in den Gewaͤſſern von Cerigo aufhielt, wurden um 6 Uhr, des Abends, 3 Franzoͤſiſche Fahrzeuge viſitirt. Das erſte war eine Polacre, comman- dirt von Capitain Martin, welche von Smirna kam, und nach Livorno gieng. Die zweyte, gefuͤhret von Capitain L’eremita, kam von Alexandrien, und wollte nach Algier. Der Capitain ſagte aus, die Ladung waͤre fuͤr Barba- riſche Rechnung, und ungefaͤhr 28000 Piaſters werth, ohne das baare Geld zu rechnen, welches ſeine Paſſagiers, die alle aus der Barbarey waͤren, bey ſich haͤtten. Das erſte Fahrzeug wurde ſogleich frey gelaſſen, und das zweyte nach wenig Stunden. Den 21ſten waren wir in den Gewaͤſſern bey Porto di Zia. Zwey Fahrzeuge la- gen daſelbſt vor Anker, welche viſitiret wurden. Das erſte war ein Franzoͤſiſches, nach Livorno beſtimmt. Man wuͤnſchte ihm eine gluͤckliche Reiſe. Den 1ſten Julii wurde Capitain Villeneuve, der von Marſeille kam, und nach Smirna wollte, angehalten. Wir waren eben auf der Fahrt, den Feind anzugreifen. Er ſegelte mit uns, weil er den naͤmlichen Weg nehmen mußte, und wurde den 4ten bey Ipſera frey gelaſſen. Zu gleicher Zeit kauften wir noch einige Waaren von ihm, die wir ihm zu dem verlangten Preis bezahlten. Den 20ſten wurde eine Polacre viſitiret, die unter Capitain Herghott von Conſtantinopel kam, und mit einer Ladung Brennholz und 7000 Piaſters, die einem Engliſchen Hauſe gehoͤrten, nach Alexandrien wollte. Sie wurde den 23ſten eben dieſes Monats frey gelaſſen. Den 29ſten Julii lief Capitain Paſquale Antonio,

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 105, Hamburg, 2. Julii 1771, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1050207_1771/3>, abgerufen am 27.04.2024.