Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844.
dann immer roth werde. Ist mir's doch, als ob die Warze wächs't, so lange Einer darnach kukt! Leonhard. Sey's wie es sey, mich überlief's, und ich dachte: noch diesen Abend stell' ich sie auf die Probe! Will sie mein Weib werden, so weiß sie, daß sie Nichts wagt. Sagt sie Nein, so -- Klara. O, Du sprachst ein böses, böses Wort, als ich Dich zurück stieß und von der Bank aufsprang. Der Mond, der bisher zu meinem Beistand so fromm in die Laube hinein geschienen hatte, ertrank kläglich in den nassen Wolken, ich wollte forteilen, doch ich fühlte mich zurückgehalten, ich glaubte erst, Du wärst es, aber es war der Rosenbusch, der mein Kleid mit seinen Dornen, wie mit Zähnen, festhielt, Du lästertest mein Herz und ich traute ihm selbst nicht mehr, Du stand'st vor mir, wie Einer, der eine Schuld ein- fordert, ich -- ach Gott! Leonhard. Ich kann's noch nicht bereuen. Ich weiß, daß ich Dich mir nur so erhalten konnte. Die alte 2*
dann immer roth werde. Iſt mir’s doch, als ob die Warze wächſ’t, ſo lange Einer darnach kukt! Leonhard. Sey’s wie es ſey, mich überlief’s, und ich dachte: noch dieſen Abend ſtell’ ich ſie auf die Probe! Will ſie mein Weib werden, ſo weiß ſie, daß ſie Nichts wagt. Sagt ſie Nein, ſo — Klara. O, Du ſprachſt ein böſes, böſes Wort, als ich Dich zurück ſtieß und von der Bank aufſprang. Der Mond, der bisher zu meinem Beiſtand ſo fromm in die Laube hinein geſchienen hatte, ertrank kläglich in den naſſen Wolken, ich wollte forteilen, doch ich fühlte mich zurückgehalten, ich glaubte erſt, Du wärſt es, aber es war der Roſenbuſch, der mein Kleid mit ſeinen Dornen, wie mit Zähnen, feſthielt, Du läſterteſt mein Herz und ich traute ihm ſelbſt nicht mehr, Du ſtand’ſt vor mir, wie Einer, der eine Schuld ein- fordert, ich — ach Gott! Leonhard. Ich kann’s noch nicht bereuen. Ich weiß, daß ich Dich mir nur ſo erhalten konnte. Die alte 2*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#KLARA"> <p><pb facs="#f0087" n="19"/> dann immer roth werde. Iſt mir’s doch, als ob die<lb/> Warze wächſ’t, ſo lange Einer darnach kukt!</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <p>Sey’s wie es ſey, mich überlief’s, und ich dachte:<lb/> noch dieſen Abend ſtell’ ich ſie auf die Probe! Will<lb/> ſie mein Weib werden, ſo weiß ſie, daß ſie Nichts<lb/> wagt. Sagt ſie Nein, ſo —</p> </sp><lb/> <sp who="#KLARA"> <speaker><hi rendition="#g">Klara</hi>.</speaker><lb/> <p>O, Du ſprachſt ein böſes, böſes Wort, als ich<lb/> Dich zurück ſtieß und von der Bank aufſprang. Der<lb/> Mond, der bisher zu meinem Beiſtand ſo fromm in<lb/> die Laube hinein geſchienen hatte, ertrank <choice><sic>klüglich</sic><corr>kläglich</corr></choice> in<lb/> den naſſen Wolken, ich wollte forteilen, doch ich<lb/> fühlte mich zurückgehalten, ich glaubte erſt, Du wärſt<lb/> es, aber es war der Roſenbuſch, der mein Kleid mit<lb/> ſeinen Dornen, wie mit Zähnen, feſthielt, Du läſterteſt<lb/> mein Herz und ich traute ihm ſelbſt nicht mehr, Du<lb/> ſtand’ſt vor mir, wie Einer, der eine Schuld ein-<lb/> fordert, ich — ach Gott!</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonhard</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich kann’s noch nicht bereuen. Ich weiß, daß<lb/> ich Dich mir nur ſo erhalten konnte. Die alte<lb/> <fw place="bottom" type="sig">2*</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [19/0087]
dann immer roth werde. Iſt mir’s doch, als ob die
Warze wächſ’t, ſo lange Einer darnach kukt!
Leonhard.
Sey’s wie es ſey, mich überlief’s, und ich dachte:
noch dieſen Abend ſtell’ ich ſie auf die Probe! Will
ſie mein Weib werden, ſo weiß ſie, daß ſie Nichts
wagt. Sagt ſie Nein, ſo —
Klara.
O, Du ſprachſt ein böſes, böſes Wort, als ich
Dich zurück ſtieß und von der Bank aufſprang. Der
Mond, der bisher zu meinem Beiſtand ſo fromm in
die Laube hinein geſchienen hatte, ertrank kläglich in
den naſſen Wolken, ich wollte forteilen, doch ich
fühlte mich zurückgehalten, ich glaubte erſt, Du wärſt
es, aber es war der Roſenbuſch, der mein Kleid mit
ſeinen Dornen, wie mit Zähnen, feſthielt, Du läſterteſt
mein Herz und ich traute ihm ſelbſt nicht mehr, Du
ſtand’ſt vor mir, wie Einer, der eine Schuld ein-
fordert, ich — ach Gott!
Leonhard.
Ich kann’s noch nicht bereuen. Ich weiß, daß
ich Dich mir nur ſo erhalten konnte. Die alte
2*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/87 |
| Zitationshilfe: | Hebbel, Friedrich: Maria Magdalene. Hamburg, 1844, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebbel_magdalene_1844/87>, abgerufen am 03.06.2024. |
