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Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847.

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Ueberzeugung des geschehenen Verbrechens bestraft werden. Wobei der
Schulmeister in Züchtigung der Jugend sich aller ungeziemenden Heftig-
keit, sündlichen Eifers und Scheltens enthalten und dagegen so viel
möglich eine väterliche Bescheidenheit und Mäßigung dergestalt ge-
brauchen solle, daß die Kinder wegen schädlicher Lindigkeit nicht ver-
zärtelt, noch durch die übermäßige Strenge scheu gemacht werden.
Wenn aber bei verübten größern Verbrechen und Bosheit andern zum
Exempel eine größere und nachdrücklichere Bestrafung anzustellen sein
möchte, sollen sie solche für sich nicht vollziehen, ohne es vorher dem
Prediger anzuzeigen und seine Belehrung darüber einzuholen; der
dann in solchen Fällen das Verbrechen der Kinder gründlich untersuchen
und die Sache unparteiisch zu entscheiden wissen wird, da denn die
Eltern der Kinder aus unzeitiger Zärtlichkeit nicht widersprechen noch
in die Schulsachen sich mischen müssen.

§. 23. An den Sonn- und Festtagen sollen die Eltern gehalten
sein, die Kinder des Sonntags vor der Predigt zum Schulmeister zu
schicken, damit sie ordentlich zur Kirche gebracht werden und daselbst
unter guter Aufsicht sein mögen. Da denn der Schulmeister mit den-
selben in Ordnung zur Kirche hinein und nach völlig geendigtem
Gottesdienst ordentlich und stille wieder hinausgehet; auch in der Kirche
bei seinen Schulkindern in einem besondern Stuhl stehen muß, damit
er nicht nur die ausbleibenden anmerken, sondern auch auf die anwesen-
den wohl Acht haben könne, damit selbige sich sittsam und wohl be-
tragen, den Gesang mit gehöriger Andacht mitsingen; unter der Pre-
digt des Plauderns und Muthwillens sich entschlagen, hingegen allezeit
aus der Predigt etwas behalten mögen, welches sie denn in der nächsten
Schulstunde des Montags darauf anzeigen müssen. Nicht weniger
haben auch die Schulmeister bei den Leichen auf das Verhalten der
Knaben, mit welchen sie die Leichen besingen, wohl Acht zu geben, und
zu verhüten, daß selbige nicht nach eigenem Wohlgefallen durchein-
ander oder zur Seite auslaufen, sich stoßen, oder muthwillig bezeigen,
sondern zwei und zwei zusammen stille einhergehen und diejenigen, so
fertig lesen können, den Gesang mit verrichten helfen, folglich auch
dabei alles ordentlich zugehe; wie sie denn bei aller Gelegenheit sittsam,
bescheiden, höflich und freundlich in Geberden, Worten und Werken
sich erzeigen müssen.

§. 24. Und wie die Schulmeister sonst in allen Schulsachen des

Ueberzeugung des geſchehenen Verbrechens beſtraft werden. Wobei der
Schulmeiſter in Züchtigung der Jugend ſich aller ungeziemenden Heftig-
keit, ſündlichen Eifers und Scheltens enthalten und dagegen ſo viel
möglich eine väterliche Beſcheidenheit und Mäßigung dergeſtalt ge-
brauchen ſolle, daß die Kinder wegen ſchädlicher Lindigkeit nicht ver-
zärtelt, noch durch die übermäßige Strenge ſcheu gemacht werden.
Wenn aber bei verübten größern Verbrechen und Bosheit andern zum
Exempel eine größere und nachdrücklichere Beſtrafung anzuſtellen ſein
möchte, ſollen ſie ſolche für ſich nicht vollziehen, ohne es vorher dem
Prediger anzuzeigen und ſeine Belehrung darüber einzuholen; der
dann in ſolchen Fällen das Verbrechen der Kinder gründlich unterſuchen
und die Sache unparteiiſch zu entſcheiden wiſſen wird, da denn die
Eltern der Kinder aus unzeitiger Zärtlichkeit nicht widerſprechen noch
in die Schulſachen ſich miſchen müſſen.

§. 23. An den Sonn- und Feſttagen ſollen die Eltern gehalten
ſein, die Kinder des Sonntags vor der Predigt zum Schulmeiſter zu
ſchicken, damit ſie ordentlich zur Kirche gebracht werden und daſelbſt
unter guter Aufſicht ſein mögen. Da denn der Schulmeiſter mit den-
ſelben in Ordnung zur Kirche hinein und nach völlig geendigtem
Gottesdienſt ordentlich und ſtille wieder hinausgehet; auch in der Kirche
bei ſeinen Schulkindern in einem beſondern Stuhl ſtehen muß, damit
er nicht nur die ausbleibenden anmerken, ſondern auch auf die anweſen-
den wohl Acht haben könne, damit ſelbige ſich ſittſam und wohl be-
tragen, den Geſang mit gehöriger Andacht mitſingen; unter der Pre-
digt des Plauderns und Muthwillens ſich entſchlagen, hingegen allezeit
aus der Predigt etwas behalten mögen, welches ſie denn in der nächſten
Schulſtunde des Montags darauf anzeigen müſſen. Nicht weniger
haben auch die Schulmeiſter bei den Leichen auf das Verhalten der
Knaben, mit welchen ſie die Leichen beſingen, wohl Acht zu geben, und
zu verhüten, daß ſelbige nicht nach eigenem Wohlgefallen durchein-
ander oder zur Seite auslaufen, ſich ſtoßen, oder muthwillig bezeigen,
ſondern zwei und zwei zuſammen ſtille einhergehen und diejenigen, ſo
fertig leſen können, den Geſang mit verrichten helfen, folglich auch
dabei alles ordentlich zugehe; wie ſie denn bei aller Gelegenheit ſittſam,
beſcheiden, höflich und freundlich in Geberden, Worten und Werken
ſich erzeigen müſſen.

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[500/0514] Ueberzeugung des geſchehenen Verbrechens beſtraft werden. Wobei der Schulmeiſter in Züchtigung der Jugend ſich aller ungeziemenden Heftig- keit, ſündlichen Eifers und Scheltens enthalten und dagegen ſo viel möglich eine väterliche Beſcheidenheit und Mäßigung dergeſtalt ge- brauchen ſolle, daß die Kinder wegen ſchädlicher Lindigkeit nicht ver- zärtelt, noch durch die übermäßige Strenge ſcheu gemacht werden. Wenn aber bei verübten größern Verbrechen und Bosheit andern zum Exempel eine größere und nachdrücklichere Beſtrafung anzuſtellen ſein möchte, ſollen ſie ſolche für ſich nicht vollziehen, ohne es vorher dem Prediger anzuzeigen und ſeine Belehrung darüber einzuholen; der dann in ſolchen Fällen das Verbrechen der Kinder gründlich unterſuchen und die Sache unparteiiſch zu entſcheiden wiſſen wird, da denn die Eltern der Kinder aus unzeitiger Zärtlichkeit nicht widerſprechen noch in die Schulſachen ſich miſchen müſſen. §. 23. An den Sonn- und Feſttagen ſollen die Eltern gehalten ſein, die Kinder des Sonntags vor der Predigt zum Schulmeiſter zu ſchicken, damit ſie ordentlich zur Kirche gebracht werden und daſelbſt unter guter Aufſicht ſein mögen. Da denn der Schulmeiſter mit den- ſelben in Ordnung zur Kirche hinein und nach völlig geendigtem Gottesdienſt ordentlich und ſtille wieder hinausgehet; auch in der Kirche bei ſeinen Schulkindern in einem beſondern Stuhl ſtehen muß, damit er nicht nur die ausbleibenden anmerken, ſondern auch auf die anweſen- den wohl Acht haben könne, damit ſelbige ſich ſittſam und wohl be- tragen, den Geſang mit gehöriger Andacht mitſingen; unter der Pre- digt des Plauderns und Muthwillens ſich entſchlagen, hingegen allezeit aus der Predigt etwas behalten mögen, welches ſie denn in der nächſten Schulſtunde des Montags darauf anzeigen müſſen. Nicht weniger haben auch die Schulmeiſter bei den Leichen auf das Verhalten der Knaben, mit welchen ſie die Leichen beſingen, wohl Acht zu geben, und zu verhüten, daß ſelbige nicht nach eigenem Wohlgefallen durchein- ander oder zur Seite auslaufen, ſich ſtoßen, oder muthwillig bezeigen, ſondern zwei und zwei zuſammen ſtille einhergehen und diejenigen, ſo fertig leſen können, den Geſang mit verrichten helfen, folglich auch dabei alles ordentlich zugehe; wie ſie denn bei aller Gelegenheit ſittſam, beſcheiden, höflich und freundlich in Geberden, Worten und Werken ſich erzeigen müſſen. §. 24. Und wie die Schulmeiſter ſonſt in allen Schulſachen des

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Zitationshilfe: Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/514>, abgerufen am 22.11.2024.