Fälle eintreten, wo nicht nur die Billigkeit, sondern auch das Interesse des Königl. Staatsdienstes erheischt, bei der Frage über die Reife zu den Universitäts-Studien, auch das Fach, dem die Abiturienten sich widmen wollen, zu berücksichtigen, und hiernach die Entscheidung ab- zumessen. Für solche Fälle, die als Ausnahmen von der Regel aus- drücklich zu bemerken und besonders zu rechtfertigen sind, wird es der pflichtmäßigen Beurtheilung der Prüfungs-Commission überlassen, auch einem solchen Abiturienten, welcher in einigen Prüfungs-Gegenständen, die nicht die nothwendige Grundlage seines künftigen Studiums aus- machen, hinter den unter Lit. A. gestellten Forderungen zurückgeblieben ist, das Zeugniß der Reife zuzusprechen, wenn er in Hinsicht auf die Muttersprache, das Lateinische und noch zwei der übrigen Prüfungs- Gegenstände, die zu seinem künftigen Berufe in näherer Beziehung stehen, nach dem einstimmigen Urtheile der Prüfungs-Commission, das unter Lit. A. Geforderte leistet.
D. Wer endlich auch nicht einmal den unter Lit. C. gestellten Anforderungen genügt hat, ist als noch nicht reif zu den Univer- sitäts-Studien zu betrachten.
§. 29. Mittheilung des Resultats an die Geprüften.
Nachdem von der Prüfungs-Commission, den in den §§. 11., 27. und 28. enthaltenen Bestimmungen gemäß, das jedem einzelnen Abi- turienten zu ertheilende Zeugniß ausgemittelt, die Beschlußnahme in das Protocoll (§. 26.) aufgenommen, und das letztere von sämmtlichen Mitgliedern der Prüfungs-Commission unterzeichnet ist, werden die Geprüften in das Zimmer zurückgerufen, und der Königl. Commissarius macht ihnen das über sie gefällte Urtheil in der Art bekannt, daß sie im Allgemeinen erfahren, ob ihre Leistungen für ein Zeugniß der Reife genügt haben oder nicht. Denen, welche für reif erklärt sind, ist anzukündigen, daß sie die Schule mit dem Schlusse des Semesters verlassen und zur Universität abgehen können. Denen aber, welche noch nicht für reif erachtet sind, wird der Rath ertheilt, die Schule noch eine Zeit lang zu besuchen, falls Hoffnung da ist, daß sie dadurch das Fehlende werden einbringen können. Nach Ablauf eines halben Jahres können sie sich zu einer nochmaligen Prüfung (§. 6.) melden, um sich das Zeugniß der Reife zu verdienen. Liegt die Ursache von dem ungenügenden Ausfalle der ersten Prüfung in dem Mangel an natürlichen Anlagen, so hat der Director in Verbindung mit den
Fälle eintreten, wo nicht nur die Billigkeit, ſondern auch das Intereſſe des Königl. Staatsdienſtes erheiſcht, bei der Frage über die Reife zu den Univerſitäts-Studien, auch das Fach, dem die Abiturienten ſich widmen wollen, zu berückſichtigen, und hiernach die Entſcheidung ab- zumeſſen. Für ſolche Fälle, die als Ausnahmen von der Regel aus- drücklich zu bemerken und beſonders zu rechtfertigen ſind, wird es der pflichtmäßigen Beurtheilung der Prüfungs-Commiſſion überlaſſen, auch einem ſolchen Abiturienten, welcher in einigen Prüfungs-Gegenſtänden, die nicht die nothwendige Grundlage ſeines künftigen Studiums aus- machen, hinter den unter Lit. A. geſtellten Forderungen zurückgeblieben iſt, das Zeugniß der Reife zuzuſprechen, wenn er in Hinſicht auf die Mutterſprache, das Lateiniſche und noch zwei der übrigen Prüfungs- Gegenſtände, die zu ſeinem künftigen Berufe in näherer Beziehung ſtehen, nach dem einſtimmigen Urtheile der Prüfungs-Commiſſion, das unter Lit. A. Geforderte leiſtet.
D. Wer endlich auch nicht einmal den unter Lit. C. geſtellten Anforderungen genügt hat, iſt als noch nicht reif zu den Univer- ſitäts-Studien zu betrachten.
§. 29. Mittheilung des Reſultats an die Geprüften.
Nachdem von der Prüfungs-Commiſſion, den in den §§. 11., 27. und 28. enthaltenen Beſtimmungen gemäß, das jedem einzelnen Abi- turienten zu ertheilende Zeugniß ausgemittelt, die Beſchlußnahme in das Protocoll (§. 26.) aufgenommen, und das letztere von ſämmtlichen Mitgliedern der Prüfungs-Commiſſion unterzeichnet iſt, werden die Geprüften in das Zimmer zurückgerufen, und der Königl. Commiſſarius macht ihnen das über ſie gefällte Urtheil in der Art bekannt, daß ſie im Allgemeinen erfahren, ob ihre Leiſtungen für ein Zeugniß der Reife genügt haben oder nicht. Denen, welche für reif erklärt ſind, iſt anzukündigen, daß ſie die Schule mit dem Schluſſe des Semeſters verlaſſen und zur Univerſität abgehen können. Denen aber, welche noch nicht für reif erachtet ſind, wird der Rath ertheilt, die Schule noch eine Zeit lang zu beſuchen, falls Hoffnung da iſt, daß ſie dadurch das Fehlende werden einbringen können. Nach Ablauf eines halben Jahres können ſie ſich zu einer nochmaligen Prüfung (§. 6.) melden, um ſich das Zeugniß der Reife zu verdienen. Liegt die Urſache von dem ungenügenden Ausfalle der erſten Prüfung in dem Mangel an natürlichen Anlagen, ſo hat der Director in Verbindung mit den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0548"n="534"/>
Fälle eintreten, wo nicht nur die Billigkeit, ſondern auch das Intereſſe<lb/>
des Königl. Staatsdienſtes erheiſcht, bei der Frage über die Reife zu<lb/>
den Univerſitäts-Studien, auch das Fach, dem die Abiturienten ſich<lb/>
widmen wollen, zu berückſichtigen, und hiernach die Entſcheidung ab-<lb/>
zumeſſen. Für ſolche Fälle, die als Ausnahmen von der Regel aus-<lb/>
drücklich zu bemerken und beſonders zu rechtfertigen ſind, wird es der<lb/>
pflichtmäßigen Beurtheilung der Prüfungs-Commiſſion überlaſſen, auch<lb/>
einem ſolchen Abiturienten, welcher in einigen Prüfungs-Gegenſtänden,<lb/>
die nicht die nothwendige Grundlage ſeines künftigen Studiums aus-<lb/>
machen, hinter den unter <hirendition="#aq">Lit. A.</hi> geſtellten Forderungen zurückgeblieben<lb/>
iſt, das Zeugniß der Reife zuzuſprechen, wenn er in Hinſicht auf die<lb/>
Mutterſprache, das Lateiniſche und noch zwei der übrigen Prüfungs-<lb/>
Gegenſtände, die zu ſeinem künftigen Berufe in näherer Beziehung<lb/>ſtehen, nach dem einſtimmigen Urtheile der Prüfungs-Commiſſion, das<lb/>
unter <hirendition="#aq">Lit. A.</hi> Geforderte leiſtet.</p><lb/><p><hirendition="#aq">D.</hi> Wer endlich auch nicht einmal den unter <hirendition="#aq">Lit. C.</hi> geſtellten<lb/>
Anforderungen genügt hat, iſt als noch <hirendition="#g">nicht reif</hi> zu den Univer-<lb/>ſitäts-Studien zu betrachten.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 29. <hirendition="#g">Mittheilung des Reſultats an die Geprüften</hi>.</head><lb/><p>Nachdem von der Prüfungs-Commiſſion, den in den §§. 11., 27.<lb/>
und 28. enthaltenen Beſtimmungen gemäß, das jedem einzelnen Abi-<lb/>
turienten zu ertheilende Zeugniß ausgemittelt, die Beſchlußnahme in<lb/>
das Protocoll (§. 26.) aufgenommen, und das letztere von ſämmtlichen<lb/>
Mitgliedern der Prüfungs-Commiſſion unterzeichnet iſt, werden die<lb/>
Geprüften in das Zimmer zurückgerufen, und der Königl. Commiſſarius<lb/>
macht ihnen das über ſie gefällte Urtheil in der Art bekannt, daß ſie<lb/>
im Allgemeinen erfahren, ob ihre Leiſtungen für ein Zeugniß der<lb/>
Reife genügt haben oder nicht. Denen, welche für reif erklärt ſind,<lb/>
iſt anzukündigen, daß ſie die Schule mit dem Schluſſe des Semeſters<lb/>
verlaſſen und zur Univerſität abgehen können. Denen aber, welche<lb/>
noch nicht für reif erachtet ſind, wird der Rath ertheilt, die Schule<lb/>
noch eine Zeit lang zu beſuchen, falls Hoffnung da iſt, daß ſie dadurch<lb/>
das Fehlende werden einbringen können. Nach Ablauf eines halben<lb/>
Jahres können ſie ſich zu einer nochmaligen Prüfung (§. 6.) melden,<lb/>
um ſich das Zeugniß der Reife zu verdienen. Liegt die Urſache von<lb/>
dem ungenügenden Ausfalle der erſten Prüfung in dem Mangel an<lb/>
natürlichen Anlagen, ſo hat der Director in Verbindung mit den<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[534/0548]
Fälle eintreten, wo nicht nur die Billigkeit, ſondern auch das Intereſſe
des Königl. Staatsdienſtes erheiſcht, bei der Frage über die Reife zu
den Univerſitäts-Studien, auch das Fach, dem die Abiturienten ſich
widmen wollen, zu berückſichtigen, und hiernach die Entſcheidung ab-
zumeſſen. Für ſolche Fälle, die als Ausnahmen von der Regel aus-
drücklich zu bemerken und beſonders zu rechtfertigen ſind, wird es der
pflichtmäßigen Beurtheilung der Prüfungs-Commiſſion überlaſſen, auch
einem ſolchen Abiturienten, welcher in einigen Prüfungs-Gegenſtänden,
die nicht die nothwendige Grundlage ſeines künftigen Studiums aus-
machen, hinter den unter Lit. A. geſtellten Forderungen zurückgeblieben
iſt, das Zeugniß der Reife zuzuſprechen, wenn er in Hinſicht auf die
Mutterſprache, das Lateiniſche und noch zwei der übrigen Prüfungs-
Gegenſtände, die zu ſeinem künftigen Berufe in näherer Beziehung
ſtehen, nach dem einſtimmigen Urtheile der Prüfungs-Commiſſion, das
unter Lit. A. Geforderte leiſtet.
D. Wer endlich auch nicht einmal den unter Lit. C. geſtellten
Anforderungen genügt hat, iſt als noch nicht reif zu den Univer-
ſitäts-Studien zu betrachten.
§. 29. Mittheilung des Reſultats an die Geprüften.
Nachdem von der Prüfungs-Commiſſion, den in den §§. 11., 27.
und 28. enthaltenen Beſtimmungen gemäß, das jedem einzelnen Abi-
turienten zu ertheilende Zeugniß ausgemittelt, die Beſchlußnahme in
das Protocoll (§. 26.) aufgenommen, und das letztere von ſämmtlichen
Mitgliedern der Prüfungs-Commiſſion unterzeichnet iſt, werden die
Geprüften in das Zimmer zurückgerufen, und der Königl. Commiſſarius
macht ihnen das über ſie gefällte Urtheil in der Art bekannt, daß ſie
im Allgemeinen erfahren, ob ihre Leiſtungen für ein Zeugniß der
Reife genügt haben oder nicht. Denen, welche für reif erklärt ſind,
iſt anzukündigen, daß ſie die Schule mit dem Schluſſe des Semeſters
verlaſſen und zur Univerſität abgehen können. Denen aber, welche
noch nicht für reif erachtet ſind, wird der Rath ertheilt, die Schule
noch eine Zeit lang zu beſuchen, falls Hoffnung da iſt, daß ſie dadurch
das Fehlende werden einbringen können. Nach Ablauf eines halben
Jahres können ſie ſich zu einer nochmaligen Prüfung (§. 6.) melden,
um ſich das Zeugniß der Reife zu verdienen. Liegt die Urſache von
dem ungenügenden Ausfalle der erſten Prüfung in dem Mangel an
natürlichen Anlagen, ſo hat der Director in Verbindung mit den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Heckert, Adolph (Hrsg.): Handbuch der Schulgesetzgebung Preußens. Berlin, 1847, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heckert_schulgesetzgebung_1847/548>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.