niß aller andern Nationen (§. 74.) hervorgebracht werden. In dieser Hinsicht hat man vormals, wenigstens von Seiten einzelner Nationen, als gleichsam unter besonderer Herrschaft stehend, vor- züglich folgende Meere und Meerestheile betrachtet: das Schwarze Meer, das Aegeische, das Mar di Marmora, unter Türkischer Ho- heit, den Bothnischen Meerbusen von der Ostsee unter Schwedischer Hoheit, 1 sodann mehrere unter dem Schutz eines Landes und sei- nes Inselgebietes unmittelbar stehende kleine Meergewässer, z. B. das Alte Haff, das Frische und Curische Haff und dgl. Von den zuerst genannten kann jedoch der Bothnische Meerbusen wenigstens nicht mehr wie sonst als ein Schwedisches Eigenthumsmeer gel- ten, 2 auch ist das Schwarze Meer vom Mittelländischen Meer her und nach demselben hin für die Schiffahrt der Nationen 3 geöff- net worden.
Was die natürlichen Verbindungsstraßen zwischen den verschie- denen Theilen des Weltmeers selbst anbelangt, so gehören sie, wenn auch noch so eng und in dem unmittelbarsten Bereich eines Küsten- landes gelegen, dennoch an sich zu den freien Gewässern, hinsicht- lich deren bloß die nämlichen Rechte, wie bei den Küstengewässern überhaupt in Anspruch genommen werden können (§. 76.), sofern keine größeren Zugeständnisse von Eigenthums- und Hoheitsrechten darüber Seitens anderer Nationen gemacht sind.
Was nun im freien Meer befindlich ist, steht dem freien Ge- nuß und der Occupation Aller offen. Nur was auf den Küsten oder auf den mit ihnen noch zusammenhängenden Klippen und Sandbänken sich darbietet, gehört noch zum Lande und dessen Ober- herrschaft.
Ist eine solche über einen Theil des Meeres selbst begründet: so begreift sie in sich das Recht der Gerichtsbarkeit, Polizei und Besteuerung, so wie die Aneignung aller Vortheile des Meeres,
1 Günther II, 53. Wegen des Nordwestlichen Küstenmeers von Amerika und die darüber zwischen den Nordamerikanischen Freistaaten und Rußland getroffene Vereinbarung s. Wheaton intern. L. a. a. O. §. 5.
2 Seit der Abtretung von Finnland an Rußland durch den Frieden von Friedrichshamm v. 5/17. Septbr. 1809, wodurch der Bothnische Meerbusen selbst als Grenze genommen und die Inseln darin nach der Nähe des Ufers getheilt sind. Martens N. Rec. t. I, p. 19. Vgl. den Grenzvertrag vom 8. Nvbr. 1810. Ebds. t. IV, p. 33.
3 Vermöge des Friedens v. Adrianopel 1829. Martens N. R. VIII, 143.
Erſtes Buch. §. 75.
niß aller andern Nationen (§. 74.) hervorgebracht werden. In dieſer Hinſicht hat man vormals, wenigſtens von Seiten einzelner Nationen, als gleichſam unter beſonderer Herrſchaft ſtehend, vor- züglich folgende Meere und Meerestheile betrachtet: das Schwarze Meer, das Aegeiſche, das Mar di Marmora, unter Türkiſcher Ho- heit, den Bothniſchen Meerbuſen von der Oſtſee unter Schwediſcher Hoheit, 1 ſodann mehrere unter dem Schutz eines Landes und ſei- nes Inſelgebietes unmittelbar ſtehende kleine Meergewäſſer, z. B. das Alte Haff, das Friſche und Curiſche Haff und dgl. Von den zuerſt genannten kann jedoch der Bothniſche Meerbuſen wenigſtens nicht mehr wie ſonſt als ein Schwediſches Eigenthumsmeer gel- ten, 2 auch iſt das Schwarze Meer vom Mittelländiſchen Meer her und nach demſelben hin für die Schiffahrt der Nationen 3 geöff- net worden.
Was die natürlichen Verbindungsſtraßen zwiſchen den verſchie- denen Theilen des Weltmeers ſelbſt anbelangt, ſo gehören ſie, wenn auch noch ſo eng und in dem unmittelbarſten Bereich eines Küſten- landes gelegen, dennoch an ſich zu den freien Gewäſſern, hinſicht- lich deren bloß die nämlichen Rechte, wie bei den Küſtengewäſſern überhaupt in Anſpruch genommen werden können (§. 76.), ſofern keine größeren Zugeſtändniſſe von Eigenthums- und Hoheitsrechten darüber Seitens anderer Nationen gemacht ſind.
Was nun im freien Meer befindlich iſt, ſteht dem freien Ge- nuß und der Occupation Aller offen. Nur was auf den Küſten oder auf den mit ihnen noch zuſammenhängenden Klippen und Sandbänken ſich darbietet, gehört noch zum Lande und deſſen Ober- herrſchaft.
Iſt eine ſolche über einen Theil des Meeres ſelbſt begründet: ſo begreift ſie in ſich das Recht der Gerichtsbarkeit, Polizei und Beſteuerung, ſo wie die Aneignung aller Vortheile des Meeres,
1 Günther II, 53. Wegen des Nordweſtlichen Küſtenmeers von Amerika und die darüber zwiſchen den Nordamerikaniſchen Freiſtaaten und Rußland getroffene Vereinbarung ſ. Wheaton intern. L. a. a. O. §. 5.
2 Seit der Abtretung von Finnland an Rußland durch den Frieden von Friedrichshamm v. 5/17. Septbr. 1809, wodurch der Bothniſche Meerbuſen ſelbſt als Grenze genommen und die Inſeln darin nach der Nähe des Ufers getheilt ſind. Martens N. Rec. t. I, p. 19. Vgl. den Grenzvertrag vom 8. Nvbr. 1810. Ebdſ. t. IV, p. 33.
3 Vermöge des Friedens v. Adrianopel 1829. Martens N. R. VIII, 143.
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Erſtes Buch. §. 75.
niß aller andern Nationen (§. 74.) hervorgebracht werden. In
dieſer Hinſicht hat man vormals, wenigſtens von Seiten einzelner
Nationen, als gleichſam unter beſonderer Herrſchaft ſtehend, vor-
züglich folgende Meere und Meerestheile betrachtet: das Schwarze
Meer, das Aegeiſche, das Mar di Marmora, unter Türkiſcher Ho-
heit, den Bothniſchen Meerbuſen von der Oſtſee unter Schwediſcher
Hoheit, 1 ſodann mehrere unter dem Schutz eines Landes und ſei-
nes Inſelgebietes unmittelbar ſtehende kleine Meergewäſſer, z. B.
das Alte Haff, das Friſche und Curiſche Haff und dgl. Von den
zuerſt genannten kann jedoch der Bothniſche Meerbuſen wenigſtens
nicht mehr wie ſonſt als ein Schwediſches Eigenthumsmeer gel-
ten, 2 auch iſt das Schwarze Meer vom Mittelländiſchen Meer her
und nach demſelben hin für die Schiffahrt der Nationen 3 geöff-
net worden.
Was die natürlichen Verbindungsſtraßen zwiſchen den verſchie-
denen Theilen des Weltmeers ſelbſt anbelangt, ſo gehören ſie, wenn
auch noch ſo eng und in dem unmittelbarſten Bereich eines Küſten-
landes gelegen, dennoch an ſich zu den freien Gewäſſern, hinſicht-
lich deren bloß die nämlichen Rechte, wie bei den Küſtengewäſſern
überhaupt in Anſpruch genommen werden können (§. 76.), ſofern
keine größeren Zugeſtändniſſe von Eigenthums- und Hoheitsrechten
darüber Seitens anderer Nationen gemacht ſind.
Was nun im freien Meer befindlich iſt, ſteht dem freien Ge-
nuß und der Occupation Aller offen. Nur was auf den Küſten
oder auf den mit ihnen noch zuſammenhängenden Klippen und
Sandbänken ſich darbietet, gehört noch zum Lande und deſſen Ober-
herrſchaft.
Iſt eine ſolche über einen Theil des Meeres ſelbſt begründet:
ſo begreift ſie in ſich das Recht der Gerichtsbarkeit, Polizei und
Beſteuerung, ſo wie die Aneignung aller Vortheile des Meeres,
1 Günther II, 53. Wegen des Nordweſtlichen Küſtenmeers von Amerika
und die darüber zwiſchen den Nordamerikaniſchen Freiſtaaten und Rußland
getroffene Vereinbarung ſ. Wheaton intern. L. a. a. O. §. 5.
2 Seit der Abtretung von Finnland an Rußland durch den Frieden von
Friedrichshamm v. 5/17. Septbr. 1809, wodurch der Bothniſche Meerbuſen
ſelbſt als Grenze genommen und die Inſeln darin nach der Nähe des Ufers
getheilt ſind. Martens N. Rec. t. I, p. 19. Vgl. den Grenzvertrag vom
8. Nvbr. 1810. Ebdſ. t. IV, p. 33.
3 Vermöge des Friedens v. Adrianopel 1829. Martens N. R. VIII, 143.
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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/158>, abgerufen am 24.02.2025.
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