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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 87. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Friedens.
türliche Vorausſetzung bei Verträgen, welche durch Bevollmächtigte
geſchloſſen werden; dennoch würde ſich keine Nichtigkeit des Ver-
trags behaupten laſſen, wenn nichtsdeſtoweniger von den Staats-
gewalten eine andere Form der Abſchließung beliebt worden wäre. 1
In demſelben Fall der Abſchließung durch Bevollmächtigte iſt auch
unter den Staatsgewalten ſogar ohne ausdrücklichen Vorbehalt
die gegenſeitige Ratification des abgeſchloſſenen Vertrags und
die Auswechſelung derſelben für die Bündigkeit des Vertrages her-
gebracht. 2 Sie iſt die Beglaubigung, daß der Bevollmächtigte die
Grenzen ſeines Auftrags nicht überſchritten hat, worüber es an
einem beſondern Richterſtuhl fehlt; ſie ſuspendirt daher auch nur
die Execution des geſchloſſenen Vertrags, und ihre Ertheilung ſetzt
ihn rückwärts in volle Kraft, ſofern nicht Anderes verabredet iſt. 3
Moraliſch kann ſie freilich nicht verweigert werden, wenn der Ver-
trag der dem andern Theile vorgezeigten ausdrücklichen Vollmacht
entſpricht; allein ein Zwangsrecht iſt dem Herkommen nach nicht
anzunehmen, auch wenn ſchon ein Theil ſeine Ratification erklärt
hat. 4 Die grundloſe Verweigerung iſt nur eine Incorrectheit,

1 Daß nur ſchriftliche Staatsverträge verbindlich ſeien, behauptet Neyron,
de vi foederum inter gentes. Goett.
1778. §. 23. und Schmalz, Eur.
Völkerr. S. 52 f. Allein warum ſollte das ernſtliche Verſprechen und
deſſen Annahme, wo man die ſchriftliche Form nicht gebrauchen will, vor-
ausgeſetzt, daß jene auch vollkommen erweislich ſind, weniger Kraft haben?
Beſonnener urtheilt Martens, E. V. §. 45. Schmelzing §. 377. Klü-
ber §. 141. 143. und ſo auch die Aelteren, z. B. v. Neumann, §. 226.
238. Ob übrigens der Vertrag in einem Inſtrument enthalten iſt oder in
gegenſeitigen Erklärungen, wie z. B. die neueren Vereinbarungen des Pab-
ſtes mit acatholiſchen Mächten zu Stande gekommen ſind, iſt gleichgiltig,
wenn dabei wirklich die Abſicht ſich gegenſeitig zu verpflichten, vorgewaltet
hat. Es kann auch nur ein Theil ſich ſchriftlich erklärt, der andere dieſe
Erklärung durch unzweideutige Zeichen und Handlungen angenommen ha-
ben. Vgl. Martens a. a. O. und Vattel, §. 234. Wheaton III, 2, 3.
2 Der Gebrauch iſt ſchon ſehr alt. So ſchon zwiſchen Juſtinian und Chos-
roes. Barbeyrac, suppl. au Corps univ. de Du Mont. II, p. 197. Ael-
tere Schriften über dieſen Gegenſtand ſ. bei v. Kamptz §. 249. und über-
haupt Klüber dr. d. g. §. 142.
3 v. Neumann §. 213. Klüber a. a. O. Not. e. und Martens §. 42.
4 Neuere und ältere Vorgänge beſtätigen dies. Im Weſentlichen iſt es auch die
Anſicht der ausgezeichneteren Publiciſten. Vgl. Vattel II, 12, 156. Byn-
kershoek, quaest. iur. publ. II, 7. Klüber a. a. O. Wheaton l. c. §. 4.
Die Anſichten früherer Zeit finden ſich bei Wicquefort, l’Ambassad. II,

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/179>, abgerufen am 24.02.2025.