lichkeit für den Dritten; nur kann er sich nicht auf Unwis- senheit über den Inhalt des Vertrages berufen.
Modalitäten der Verträge.
89. Der Inhalt völkerrechtlicher Verträge kann in gleicher Weise, wie bei Privatverträgen, von möglichen Bedingungen, Zeit- und Zweckbestimmungen abhängig gemacht werden. Mit Hinsicht auf größere oder geringere Bedeutung einzelner Verträge lassen sich dem- nächst Präliminar- und Definitivverträge unterscheiden, von welchen die Ersteren meist nur pacta de contrahendo sind oder einen pro- visorischen Zustand festsetzen; 1 die letzteren dagegen zerfallen wie- der in Haupt- und Nebenverträge, wovon diese öfter unter andern Interessenten geschlossen sein können als jene. Bei der Redaction der schriftlichen Verträge pflegt die Artikelform beobachtet zu wer- den, wobei man ebenfalls Haupt- und Nebenartikel unterscheiden kann, auch werden dem Tenor des eigentlichen Vertrags häufig noch Zusätze, desgleichen Separatartikel beigefügt, bald offen, bald insgeheim, wiewohl dieses Alles ohne Einfluß auf die Giltigkeit der einzelnen Stipulationen ist.
Specielle Gegenstände und Arten der Verträge.
90. Ihrem Gegenstande nach haben die dem Völkerrecht un- terworfenen Verträge entweder nur bestimmte Leistungen einer Sache oder eines Rechts, so wie die Feststellung eines solchen zum Zweck; oder sie gehen auf die Gründung eines dauernden Gesellschaftsver- hältnisses hinaus; natürlich können aber auch beiderlei Zwecke in der Form Eines Vertrages, es sei nun in wesentlicher oder außer- wesentlicher Verbindung mit Einander verknüpft werden. 2
Zu dem Ersten Geschlecht gehören jene zahllosen Verträge der Staaten oder Souveräne über politische Interessen, wodurch von Einem Theile dem Andern ein gewisses einzelnes Recht auf
1 Vgl. Moser, Vers. VIII, 55. X, 2, 356.
2 v. Martens hat schon in ähnlicher Weise die Staatenverträge in transito- rische Verträge, Bündnisse und aus beiden gemischte Verträge eingetheilt. Eben so Klüber und Andere. Hierbei läßt sich höchstens wegen der Be- nennungen streiten. Sehr unglücklich erscheint dagegen die Polemik von Pölitz, Völkerr. §. 50 ff., welcher an die Stelle dieser Eintheilung eine an- dere in rein politische und privatrechtliche Staatenverträge setzen wollte.
Erſtes Buch. §§. 89. 90.
lichkeit für den Dritten; nur kann er ſich nicht auf Unwiſ- ſenheit über den Inhalt des Vertrages berufen.
Modalitäten der Verträge.
89. Der Inhalt völkerrechtlicher Verträge kann in gleicher Weiſe, wie bei Privatverträgen, von möglichen Bedingungen, Zeit- und Zweckbeſtimmungen abhängig gemacht werden. Mit Hinſicht auf größere oder geringere Bedeutung einzelner Verträge laſſen ſich dem- nächſt Präliminar- und Definitivverträge unterſcheiden, von welchen die Erſteren meiſt nur pacta de contrahendo ſind oder einen pro- viſoriſchen Zuſtand feſtſetzen; 1 die letzteren dagegen zerfallen wie- der in Haupt- und Nebenverträge, wovon dieſe öfter unter andern Intereſſenten geſchloſſen ſein können als jene. Bei der Redaction der ſchriftlichen Verträge pflegt die Artikelform beobachtet zu wer- den, wobei man ebenfalls Haupt- und Nebenartikel unterſcheiden kann, auch werden dem Tenor des eigentlichen Vertrags häufig noch Zuſätze, desgleichen Separatartikel beigefügt, bald offen, bald insgeheim, wiewohl dieſes Alles ohne Einfluß auf die Giltigkeit der einzelnen Stipulationen iſt.
Specielle Gegenſtände und Arten der Verträge.
90. Ihrem Gegenſtande nach haben die dem Völkerrecht un- terworfenen Verträge entweder nur beſtimmte Leiſtungen einer Sache oder eines Rechts, ſo wie die Feſtſtellung eines ſolchen zum Zweck; oder ſie gehen auf die Gründung eines dauernden Geſellſchaftsver- hältniſſes hinaus; natürlich können aber auch beiderlei Zwecke in der Form Eines Vertrages, es ſei nun in weſentlicher oder außer- weſentlicher Verbindung mit Einander verknüpft werden. 2
Zu dem Erſten Geſchlecht gehören jene zahlloſen Verträge der Staaten oder Souveräne über politiſche Intereſſen, wodurch von Einem Theile dem Andern ein gewiſſes einzelnes Recht auf
1 Vgl. Moſer, Verſ. VIII, 55. X, 2, 356.
2 v. Martens hat ſchon in ähnlicher Weiſe die Staatenverträge in tranſito- riſche Verträge, Bündniſſe und aus beiden gemiſchte Verträge eingetheilt. Eben ſo Klüber und Andere. Hierbei läßt ſich höchſtens wegen der Be- nennungen ſtreiten. Sehr unglücklich erſcheint dagegen die Polemik von Pölitz, Völkerr. §. 50 ff., welcher an die Stelle dieſer Eintheilung eine an- dere in rein politiſche und privatrechtliche Staatenverträge ſetzen wollte.
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Erſtes Buch. §§. 89. 90.
lichkeit für den Dritten; nur kann er ſich nicht auf Unwiſ-
ſenheit über den Inhalt des Vertrages berufen.
Modalitäten der Verträge.
89. Der Inhalt völkerrechtlicher Verträge kann in gleicher Weiſe,
wie bei Privatverträgen, von möglichen Bedingungen, Zeit- und
Zweckbeſtimmungen abhängig gemacht werden. Mit Hinſicht auf
größere oder geringere Bedeutung einzelner Verträge laſſen ſich dem-
nächſt Präliminar- und Definitivverträge unterſcheiden, von welchen
die Erſteren meiſt nur pacta de contrahendo ſind oder einen pro-
viſoriſchen Zuſtand feſtſetzen; 1 die letzteren dagegen zerfallen wie-
der in Haupt- und Nebenverträge, wovon dieſe öfter unter andern
Intereſſenten geſchloſſen ſein können als jene. Bei der Redaction
der ſchriftlichen Verträge pflegt die Artikelform beobachtet zu wer-
den, wobei man ebenfalls Haupt- und Nebenartikel unterſcheiden
kann, auch werden dem Tenor des eigentlichen Vertrags häufig
noch Zuſätze, desgleichen Separatartikel beigefügt, bald offen, bald
insgeheim, wiewohl dieſes Alles ohne Einfluß auf die Giltigkeit
der einzelnen Stipulationen iſt.
Specielle Gegenſtände und Arten der Verträge.
90. Ihrem Gegenſtande nach haben die dem Völkerrecht un-
terworfenen Verträge entweder nur beſtimmte Leiſtungen einer Sache
oder eines Rechts, ſo wie die Feſtſtellung eines ſolchen zum Zweck;
oder ſie gehen auf die Gründung eines dauernden Geſellſchaftsver-
hältniſſes hinaus; natürlich können aber auch beiderlei Zwecke in
der Form Eines Vertrages, es ſei nun in weſentlicher oder außer-
weſentlicher Verbindung mit Einander verknüpft werden. 2
Zu dem Erſten Geſchlecht gehören jene zahlloſen Verträge
der Staaten oder Souveräne über politiſche Intereſſen, wodurch
von Einem Theile dem Andern ein gewiſſes einzelnes Recht auf
1 Vgl. Moſer, Verſ. VIII, 55. X, 2, 356.
2 v. Martens hat ſchon in ähnlicher Weiſe die Staatenverträge in tranſito-
riſche Verträge, Bündniſſe und aus beiden gemiſchte Verträge eingetheilt.
Eben ſo Klüber und Andere. Hierbei läßt ſich höchſtens wegen der Be-
nennungen ſtreiten. Sehr unglücklich erſcheint dagegen die Polemik von
Pölitz, Völkerr. §. 50 ff., welcher an die Stelle dieſer Eintheilung eine an-
dere in rein politiſche und privatrechtliche Staatenverträge ſetzen wollte.
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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/182>, abgerufen am 24.02.2025.
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