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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Drittes Buch. §. 238.
Diplomat sich vor allen Dingen auf das Genaueste von dem Zwecke,
den Motiven und anwendbaren Mitteln zu informiren. Er muß
alles beobachten und darüber getreulich berichten, die entstehenden
Hindernisse und Zweifel dem Committenten anzeigen, jedoch nicht bloß
Instruction erwarten, sondern auch selbst Vorschläge zu machen ver-
stehen. An dem fremden Hofe wiederum muß er sich vor Allem in ein
gutes Vernehmen setzen und jeden Grund zu Mißverständnissen sorg-
fältig vermeiden. Er muß Schlimmes unter einer guter Miene
verbergen und sich nicht durch leere Worte oder Fremdartiges hin-
halten lassen. In seinen Anträgen sei er bestimmt, in der Dis-
cussion der Einwendungen sicher und logisch, überhaupt nie den
Zweck aus den Augen verlierend; aber er verfolge ihn mit Mäßi-
gung und ohne Opiniatrirung; er vermeide es gegen Hindernisse
zu kämpfen, welche dennoch nicht sofort beseitigt werden können.
Wohl kann es sich in Privatsachen, wo Gesetz und Staatsgewalt
schützend mitwirken, verlohnen, einem Anderen durch Beharrlichkeit
Etwas abzutrotzen; aber in den Verhältnissen der Staaten, wo auch
Verträge meist nur so lange verbindlich bleiben, als man es zu-
träglich findet sie zu halten, oder so lange die Uebergewalt des An-
deren zu befürchten ist, wird es höchst gefährlich den Dingen
Zwang anthun zu wollen. Klugheit gebietet daher Nachsicht und vor-
läufige Beruhigung, selbst wo man entschiedene Forderungsrechte hat.
Der Diplomat verzichte lieber auf den Triumph die Verhältnisse
besiegt zu haben, wenn er nicht auch dann eines sicheren und dauern-
den Erfolges gewiß ist. Ein unerwartetes Ereigniß kann oft so
leicht die Hindernisse beseitigen. 1 --

Dritte Unterabtheilung.
Die Form der Staatenverhandlungen.

238. Die Verhandlungen der Staaten werden entweder münd-
lich oder schriftlich unter den Repräsentanten geführt, und zwar
bald unter den Souveränen selbst, bald durch die diplomatischen

seinem droit publ. de l'Europe). Die politische Unterhandlungskunst oder
Anweisung mit Fürsten und Republiken zu unterhandeln. Aufgestellt von
einem Staatsmanne in der Einsamkeit. Leipzig 1811. 8.
1 Bemerkungen im obigen Sinne siehe bei Mably a. a. O. S. 174. 175.
Foreign quarterly Rev. XIII, p. 4.

Drittes Buch. §. 238.
Diplomat ſich vor allen Dingen auf das Genaueſte von dem Zwecke,
den Motiven und anwendbaren Mitteln zu informiren. Er muß
alles beobachten und darüber getreulich berichten, die entſtehenden
Hinderniſſe und Zweifel dem Committenten anzeigen, jedoch nicht bloß
Inſtruction erwarten, ſondern auch ſelbſt Vorſchläge zu machen ver-
ſtehen. An dem fremden Hofe wiederum muß er ſich vor Allem in ein
gutes Vernehmen ſetzen und jeden Grund zu Mißverſtändniſſen ſorg-
fältig vermeiden. Er muß Schlimmes unter einer guter Miene
verbergen und ſich nicht durch leere Worte oder Fremdartiges hin-
halten laſſen. In ſeinen Anträgen ſei er beſtimmt, in der Dis-
cuſſion der Einwendungen ſicher und logiſch, überhaupt nie den
Zweck aus den Augen verlierend; aber er verfolge ihn mit Mäßi-
gung und ohne Opiniatrirung; er vermeide es gegen Hinderniſſe
zu kämpfen, welche dennoch nicht ſofort beſeitigt werden können.
Wohl kann es ſich in Privatſachen, wo Geſetz und Staatsgewalt
ſchützend mitwirken, verlohnen, einem Anderen durch Beharrlichkeit
Etwas abzutrotzen; aber in den Verhältniſſen der Staaten, wo auch
Verträge meiſt nur ſo lange verbindlich bleiben, als man es zu-
träglich findet ſie zu halten, oder ſo lange die Uebergewalt des An-
deren zu befürchten iſt, wird es höchſt gefährlich den Dingen
Zwang anthun zu wollen. Klugheit gebietet daher Nachſicht und vor-
läufige Beruhigung, ſelbſt wo man entſchiedene Forderungsrechte hat.
Der Diplomat verzichte lieber auf den Triumph die Verhältniſſe
beſiegt zu haben, wenn er nicht auch dann eines ſicheren und dauern-
den Erfolges gewiß iſt. Ein unerwartetes Ereigniß kann oft ſo
leicht die Hinderniſſe beſeitigen. 1

Dritte Unterabtheilung.
Die Form der Staatenverhandlungen.

238. Die Verhandlungen der Staaten werden entweder münd-
lich oder ſchriftlich unter den Repräſentanten geführt, und zwar
bald unter den Souveränen ſelbſt, bald durch die diplomatiſchen

ſeinem droit publ. de l’Europe). Die politiſche Unterhandlungskunſt oder
Anweiſung mit Fürſten und Republiken zu unterhandeln. Aufgeſtellt von
einem Staatsmanne in der Einſamkeit. Leipzig 1811. 8.
1 Bemerkungen im obigen Sinne ſiehe bei Mably a. a. O. S. 174. 175.
Foreign quarterly Rev. XIII, p. 4.
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[386/0410] Drittes Buch. §. 238. Diplomat ſich vor allen Dingen auf das Genaueſte von dem Zwecke, den Motiven und anwendbaren Mitteln zu informiren. Er muß alles beobachten und darüber getreulich berichten, die entſtehenden Hinderniſſe und Zweifel dem Committenten anzeigen, jedoch nicht bloß Inſtruction erwarten, ſondern auch ſelbſt Vorſchläge zu machen ver- ſtehen. An dem fremden Hofe wiederum muß er ſich vor Allem in ein gutes Vernehmen ſetzen und jeden Grund zu Mißverſtändniſſen ſorg- fältig vermeiden. Er muß Schlimmes unter einer guter Miene verbergen und ſich nicht durch leere Worte oder Fremdartiges hin- halten laſſen. In ſeinen Anträgen ſei er beſtimmt, in der Dis- cuſſion der Einwendungen ſicher und logiſch, überhaupt nie den Zweck aus den Augen verlierend; aber er verfolge ihn mit Mäßi- gung und ohne Opiniatrirung; er vermeide es gegen Hinderniſſe zu kämpfen, welche dennoch nicht ſofort beſeitigt werden können. Wohl kann es ſich in Privatſachen, wo Geſetz und Staatsgewalt ſchützend mitwirken, verlohnen, einem Anderen durch Beharrlichkeit Etwas abzutrotzen; aber in den Verhältniſſen der Staaten, wo auch Verträge meiſt nur ſo lange verbindlich bleiben, als man es zu- träglich findet ſie zu halten, oder ſo lange die Uebergewalt des An- deren zu befürchten iſt, wird es höchſt gefährlich den Dingen Zwang anthun zu wollen. Klugheit gebietet daher Nachſicht und vor- läufige Beruhigung, ſelbſt wo man entſchiedene Forderungsrechte hat. Der Diplomat verzichte lieber auf den Triumph die Verhältniſſe beſiegt zu haben, wenn er nicht auch dann eines ſicheren und dauern- den Erfolges gewiß iſt. Ein unerwartetes Ereigniß kann oft ſo leicht die Hinderniſſe beſeitigen. 1 — Dritte Unterabtheilung. Die Form der Staatenverhandlungen. 238. Die Verhandlungen der Staaten werden entweder münd- lich oder ſchriftlich unter den Repräſentanten geführt, und zwar bald unter den Souveränen ſelbſt, bald durch die diplomatiſchen 1 1 Bemerkungen im obigen Sinne ſiehe bei Mably a. a. O. S. 174. 175. Foreign quarterly Rev. XIII, p. 4. 1 ſeinem droit publ. de l’Europe). Die politiſche Unterhandlungskunſt oder Anweiſung mit Fürſten und Republiken zu unterhandeln. Aufgeſtellt von einem Staatsmanne in der Einſamkeit. Leipzig 1811. 8.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/410>, abgerufen am 28.11.2024.