Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch. II. Abschnitt.
oder tavtologischer Satz. Daß das Zusammenge-
setzte nicht an und für sich, sondern nur ein äusserlich
Verknüpftes ist, und aus Anderem besteht, ist
seine unmittelbare Bestimmung. -- Das Andre aber des
Zusammengesetzten ist das Einfache. Es ist daher ein
tavtologischer Satz, daß das Zusammengesetzte aus Ein-
fachem besieht. -- Wenn einmal gefragt wird, aus
was
Etwas bestehe, so verlangt man ein Ande-
res
, dessen Verbindung jenes Etwas ausmache.
Läßt man die Dinte wieder aus Dinte bestehen, so ist
der Sinn der Frage nach dem Bestehen verfehlt, sie ist
nicht beantwortet. Die Frage ist denn allein noch, ob
das, wovon die Rede ist, aus etwas bestehen
soll, oder nicht. Aber das Zusammengesetzte ist schlecht-
hin ein solches, das nicht unmittelbar, nicht an und für
sich, sondern ein vermitteltes, ein verbundenes ist, und
aus anderem besteht. Wenn es daher wieder aus Zu-
sammengesetztem bestehen soll, so bleibt die Frage: aus
was das Zusammengesetzte bestehe? vor wie nach; weil
sie im Zusammengesetzten selbst liegt. -- Wird das Ein-
fache, welches das Andre des Zusammengesetzten und
dasjenige, nach welchem gefragt wird, nur für ein re-
lativ-einfaches
genommen, das für sich wieder zu-
sammengesetzt sey, so wird die Antwort wieder in jene:
daß die Dinte aus Dinte bestehe, verwandelt, und so-
mit die Frage nur wiederhohlt. Der Vorstellung pflegt
nur diß oder jenes Zusammengesetzte vorzuschweben, von
dem auch diß oder jenes Etwas als sein Einfaches an-
gegeben würde, was etwa wieder für sich ein Zusam-
mengesetztes wäre. Aber es ist von dem Zusammen-
gesetzten als solchem
die Rede. Es kann also
auch nicht wieder gefragt werden, aus was von neuem
das Einfache bestehe, das selbst ein Zusammengesetztes
sey; denn das Einfache ist nicht ein Zusammengesetztes,
sondern vielmehr das Andre des Zusammengesetzten.

Was

Erſtes Buch. II. Abſchnitt.
oder tavtologiſcher Satz. Daß das Zuſammenge-
ſetzte nicht an und fuͤr ſich, ſondern nur ein aͤuſſerlich
Verknuͤpftes iſt, und aus Anderem beſteht, iſt
ſeine unmittelbare Beſtimmung. — Das Andre aber des
Zuſammengeſetzten iſt das Einfache. Es iſt daher ein
tavtologiſcher Satz, daß das Zuſammengeſetzte aus Ein-
fachem beſieht. — Wenn einmal gefragt wird, aus
was
Etwas beſtehe, ſo verlangt man ein Ande-
res
, deſſen Verbindung jenes Etwas ausmache.
Laͤßt man die Dinte wieder aus Dinte beſtehen, ſo iſt
der Sinn der Frage nach dem Beſtehen verfehlt, ſie iſt
nicht beantwortet. Die Frage iſt denn allein noch, ob
das, wovon die Rede iſt, aus etwas beſtehen
ſoll, oder nicht. Aber das Zuſammengeſetzte iſt ſchlecht-
hin ein ſolches, das nicht unmittelbar, nicht an und fuͤr
ſich, ſondern ein vermitteltes, ein verbundenes iſt, und
aus anderem beſteht. Wenn es daher wieder aus Zu-
ſammengeſetztem beſtehen ſoll, ſo bleibt die Frage: aus
was das Zuſammengeſetzte beſtehe? vor wie nach; weil
ſie im Zuſammengeſetzten ſelbſt liegt. — Wird das Ein-
fache, welches das Andre des Zuſammengeſetzten und
dasjenige, nach welchem gefragt wird, nur fuͤr ein re-
lativ-einfaches
genommen, das fuͤr ſich wieder zu-
ſammengeſetzt ſey, ſo wird die Antwort wieder in jene:
daß die Dinte aus Dinte beſtehe, verwandelt, und ſo-
mit die Frage nur wiederhohlt. Der Vorſtellung pflegt
nur diß oder jenes Zuſammengeſetzte vorzuſchweben, von
dem auch diß oder jenes Etwas als ſein Einfaches an-
gegeben wuͤrde, was etwa wieder fuͤr ſich ein Zuſam-
mengeſetztes waͤre. Aber es iſt von dem Zuſammen-
geſetzten als ſolchem
die Rede. Es kann alſo
auch nicht wieder gefragt werden, aus was von neuem
das Einfache beſtehe, das ſelbſt ein Zuſammengeſetztes
ſey; denn das Einfache iſt nicht ein Zuſammengeſetztes,
ſondern vielmehr das Andre des Zuſammengeſetzten.

Was
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0190" n="142"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Buch</hi>. <hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt</hi>.</fw><lb/>
oder <hi rendition="#g">tavtologi&#x017F;cher</hi> Satz. Daß das Zu&#x017F;ammenge-<lb/>
&#x017F;etzte nicht an und fu&#x0364;r &#x017F;ich, &#x017F;ondern nur ein a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich<lb/>
Verknu&#x0364;pftes i&#x017F;t, und <hi rendition="#g">aus Anderem be&#x017F;teht</hi>, i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;eine unmittelbare Be&#x017F;timmung. &#x2014; Das Andre aber des<lb/>
Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten i&#x017F;t das Einfache. Es i&#x017F;t daher ein<lb/>
tavtologi&#x017F;cher Satz, daß das Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte aus Ein-<lb/>
fachem be&#x017F;ieht. &#x2014; Wenn einmal gefragt wird, <hi rendition="#g">aus<lb/>
was</hi> Etwas <hi rendition="#g">be&#x017F;tehe</hi>, &#x017F;o verlangt man ein <hi rendition="#g">Ande-<lb/>
res</hi>, de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#g">Verbindung</hi> jenes Etwas ausmache.<lb/>
La&#x0364;ßt man die Dinte wieder aus Dinte be&#x017F;tehen, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
der Sinn der Frage nach dem Be&#x017F;tehen verfehlt, &#x017F;ie i&#x017F;t<lb/>
nicht beantwortet. Die Frage i&#x017F;t denn allein noch, ob<lb/>
das, wovon die Rede i&#x017F;t, <hi rendition="#g">aus etwas be&#x017F;tehen</hi><lb/>
&#x017F;oll, oder nicht. Aber das Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte i&#x017F;t &#x017F;chlecht-<lb/>
hin ein &#x017F;olches, das nicht unmittelbar, nicht an und fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;ich, &#x017F;ondern ein vermitteltes, ein verbundenes i&#x017F;t, und<lb/>
aus anderem be&#x017F;teht. Wenn es daher wieder aus Zu-<lb/>
&#x017F;ammenge&#x017F;etztem be&#x017F;tehen &#x017F;oll, &#x017F;o bleibt die Frage: aus<lb/>
was das Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte be&#x017F;tehe? vor wie nach; weil<lb/>
&#x017F;ie im Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten &#x017F;elb&#x017F;t liegt. &#x2014; Wird das Ein-<lb/>
fache, welches das Andre des Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten und<lb/>
dasjenige, nach welchem gefragt wird, nur fu&#x0364;r ein <hi rendition="#g">re-<lb/>
lativ-einfaches</hi> genommen, das fu&#x0364;r &#x017F;ich wieder zu-<lb/>
&#x017F;ammenge&#x017F;etzt &#x017F;ey, &#x017F;o wird die Antwort wieder in jene:<lb/>
daß die Dinte aus Dinte be&#x017F;tehe, verwandelt, und &#x017F;o-<lb/>
mit die Frage nur wiederhohlt. Der Vor&#x017F;tellung pflegt<lb/>
nur diß oder jenes Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte vorzu&#x017F;chweben, von<lb/>
dem auch diß oder jenes Etwas als <hi rendition="#g">&#x017F;ein</hi> Einfaches an-<lb/>
gegeben wu&#x0364;rde, was etwa wieder fu&#x0364;r &#x017F;ich ein Zu&#x017F;am-<lb/>
menge&#x017F;etztes wa&#x0364;re. Aber es i&#x017F;t von dem <hi rendition="#g">Zu&#x017F;ammen-<lb/>
ge&#x017F;etzten als &#x017F;olchem</hi> die Rede. Es kann al&#x017F;o<lb/>
auch nicht wieder gefragt werden, aus was von neuem<lb/>
das Einfache be&#x017F;tehe, das &#x017F;elb&#x017F;t ein Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etztes<lb/>
&#x017F;ey; denn das Einfache i&#x017F;t nicht ein Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etztes,<lb/>
&#x017F;ondern vielmehr das Andre des Zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten.</p><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0190] Erſtes Buch. II. Abſchnitt. oder tavtologiſcher Satz. Daß das Zuſammenge- ſetzte nicht an und fuͤr ſich, ſondern nur ein aͤuſſerlich Verknuͤpftes iſt, und aus Anderem beſteht, iſt ſeine unmittelbare Beſtimmung. — Das Andre aber des Zuſammengeſetzten iſt das Einfache. Es iſt daher ein tavtologiſcher Satz, daß das Zuſammengeſetzte aus Ein- fachem beſieht. — Wenn einmal gefragt wird, aus was Etwas beſtehe, ſo verlangt man ein Ande- res, deſſen Verbindung jenes Etwas ausmache. Laͤßt man die Dinte wieder aus Dinte beſtehen, ſo iſt der Sinn der Frage nach dem Beſtehen verfehlt, ſie iſt nicht beantwortet. Die Frage iſt denn allein noch, ob das, wovon die Rede iſt, aus etwas beſtehen ſoll, oder nicht. Aber das Zuſammengeſetzte iſt ſchlecht- hin ein ſolches, das nicht unmittelbar, nicht an und fuͤr ſich, ſondern ein vermitteltes, ein verbundenes iſt, und aus anderem beſteht. Wenn es daher wieder aus Zu- ſammengeſetztem beſtehen ſoll, ſo bleibt die Frage: aus was das Zuſammengeſetzte beſtehe? vor wie nach; weil ſie im Zuſammengeſetzten ſelbſt liegt. — Wird das Ein- fache, welches das Andre des Zuſammengeſetzten und dasjenige, nach welchem gefragt wird, nur fuͤr ein re- lativ-einfaches genommen, das fuͤr ſich wieder zu- ſammengeſetzt ſey, ſo wird die Antwort wieder in jene: daß die Dinte aus Dinte beſtehe, verwandelt, und ſo- mit die Frage nur wiederhohlt. Der Vorſtellung pflegt nur diß oder jenes Zuſammengeſetzte vorzuſchweben, von dem auch diß oder jenes Etwas als ſein Einfaches an- gegeben wuͤrde, was etwa wieder fuͤr ſich ein Zuſam- mengeſetztes waͤre. Aber es iſt von dem Zuſammen- geſetzten als ſolchem die Rede. Es kann alſo auch nicht wieder gefragt werden, aus was von neuem das Einfache beſtehe, das ſelbſt ein Zuſammengeſetztes ſey; denn das Einfache iſt nicht ein Zuſammengeſetztes, ſondern vielmehr das Andre des Zuſammengeſetzten. Was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/190
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/190>, abgerufen am 21.11.2024.