Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Erscheinung.
des Grundes aufhebt und Existenz wird, so haben die
Formbestimmungen hieran ein Element des selbstständigen
Bestehens. Ihr Schein vervollständigt sich zur Er-
scheinung
.

Die zur Unmittelbarkeit fortgegangene Wesenheit ist
zunächst Existenz, und Existirendes oder Ding;
als ununterschiedne Einheit des Wesens mit seiner Un-
mittelbarkeit. Das Ding enthält zwar die Reflexion,
aber ihre Negativität ist in seiner Unmittelbarkeit zu-
nächst erloschen; allein weil sein Grund wesentlich die
Reflexion ist, hebt sich seine Unmittelbarkeit auf; es
macht sich zu einem Gesetztseyn.

So ist es zweytens Erscheinung. Die Er-
scheinung ist das, was das Ding an sich ist, oder seine
Wahrheit. Diese nur gesetzte, in das Andersseyn re-
flectirte Existenz ist aber eben so das Hinausgehen über
sich in ihrer Unendlichkeit; der Welt der Erscheinung stellt
sich die in sich reflectirte, an sich seyende Welt ge-
genüber.

Aber das erscheinende und das wesentliche Seyn
stehen schlechthin in Beziehung auf einander. So ist die
Existenz drittens wesentliches Verhältniß; das
Erscheinende zeigt das Wesentliche, und dieses ist in sei-
ner Erscheinung. -- Das Verhältniß ist die noch un-
vollkommene Vereinigung der Reflexion in das Anders-
seyn und der Reflexion in sich; die vollkommene Durch-
dringung beyder ist die Wirklichkeit.



Erstes

Die Erſcheinung.
des Grundes aufhebt und Exiſtenz wird, ſo haben die
Formbeſtimmungen hieran ein Element des ſelbſtſtaͤndigen
Beſtehens. Ihr Schein vervollſtaͤndigt ſich zur Er-
ſcheinung
.

Die zur Unmittelbarkeit fortgegangene Weſenheit iſt
zunaͤchſt Exiſtenz, und Exiſtirendes oder Ding;
als ununterſchiedne Einheit des Weſens mit ſeiner Un-
mittelbarkeit. Das Ding enthaͤlt zwar die Reflexion,
aber ihre Negativitaͤt iſt in ſeiner Unmittelbarkeit zu-
naͤchſt erloſchen; allein weil ſein Grund weſentlich die
Reflexion iſt, hebt ſich ſeine Unmittelbarkeit auf; es
macht ſich zu einem Geſetztſeyn.

So iſt es zweytens Erſcheinung. Die Er-
ſcheinung iſt das, was das Ding an ſich iſt, oder ſeine
Wahrheit. Dieſe nur geſetzte, in das Andersſeyn re-
flectirte Exiſtenz iſt aber eben ſo das Hinausgehen uͤber
ſich in ihrer Unendlichkeit; der Welt der Erſcheinung ſtellt
ſich die in ſich reflectirte, an ſich ſeyende Welt ge-
genuͤber.

Aber das erſcheinende und das weſentliche Seyn
ſtehen ſchlechthin in Beziehung auf einander. So iſt die
Exiſtenz drittens weſentliches Verhaͤltniß; das
Erſcheinende zeigt das Weſentliche, und dieſes iſt in ſei-
ner Erſcheinung. — Das Verhaͤltniß iſt die noch un-
vollkommene Vereinigung der Reflexion in das Anders-
ſeyn und der Reflexion in ſich; die vollkommene Durch-
dringung beyder iſt die Wirklichkeit.



Erſtes
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0149" n="137"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Er&#x017F;cheinung</hi>.</fw><lb/>
des Grundes aufhebt und Exi&#x017F;tenz wird, &#x017F;o haben die<lb/>
Formbe&#x017F;timmungen hieran ein Element des &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndigen<lb/>
Be&#x017F;tehens. Ihr <hi rendition="#g">Schein</hi> vervoll&#x017F;ta&#x0364;ndigt &#x017F;ich zur <hi rendition="#g">Er-<lb/>
&#x017F;cheinung</hi>.</p><lb/>
            <p>Die zur Unmittelbarkeit fortgegangene We&#x017F;enheit i&#x017F;t<lb/><hi rendition="#g">zuna&#x0364;ch&#x017F;t Exi&#x017F;tenz</hi>, und Exi&#x017F;tirendes oder <hi rendition="#g">Ding</hi>;<lb/>
als ununter&#x017F;chiedne Einheit des We&#x017F;ens mit &#x017F;einer Un-<lb/>
mittelbarkeit. Das Ding entha&#x0364;lt zwar die Reflexion,<lb/>
aber ihre Negativita&#x0364;t i&#x017F;t in &#x017F;einer Unmittelbarkeit zu-<lb/>
na&#x0364;ch&#x017F;t erlo&#x017F;chen; allein weil &#x017F;ein Grund we&#x017F;entlich die<lb/>
Reflexion i&#x017F;t, hebt &#x017F;ich &#x017F;eine Unmittelbarkeit auf; es<lb/>
macht &#x017F;ich zu einem Ge&#x017F;etzt&#x017F;eyn.</p><lb/>
            <p>So i&#x017F;t es <hi rendition="#g">zweytens Er&#x017F;cheinung</hi>. Die Er-<lb/>
&#x017F;cheinung i&#x017F;t das, was das Ding an &#x017F;ich i&#x017F;t, oder &#x017F;eine<lb/>
Wahrheit. Die&#x017F;e nur ge&#x017F;etzte, in das Anders&#x017F;eyn re-<lb/>
flectirte Exi&#x017F;tenz i&#x017F;t aber eben &#x017F;o das Hinausgehen u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;ich in ihrer Unendlichkeit; der Welt der Er&#x017F;cheinung &#x017F;tellt<lb/>
&#x017F;ich die in &#x017F;ich reflectirte, <hi rendition="#g">an &#x017F;ich &#x017F;eyende Welt</hi> ge-<lb/>
genu&#x0364;ber.</p><lb/>
            <p>Aber das er&#x017F;cheinende und das we&#x017F;entliche Seyn<lb/>
&#x017F;tehen &#x017F;chlechthin in Beziehung auf einander. So i&#x017F;t die<lb/>
Exi&#x017F;tenz <hi rendition="#g">drittens</hi> we&#x017F;entliches <hi rendition="#g">Verha&#x0364;ltniß</hi>; das<lb/>
Er&#x017F;cheinende zeigt das We&#x017F;entliche, und die&#x017F;es i&#x017F;t in &#x017F;ei-<lb/>
ner Er&#x017F;cheinung. &#x2014; Das Verha&#x0364;ltniß i&#x017F;t die noch un-<lb/>
vollkommene Vereinigung der Reflexion in das Anders-<lb/>
&#x017F;eyn und der Reflexion in &#x017F;ich; die vollkommene Durch-<lb/>
dringung beyder i&#x017F;t die <hi rendition="#g">Wirklichkeit</hi>.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#g">Er&#x017F;tes</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0149] Die Erſcheinung. des Grundes aufhebt und Exiſtenz wird, ſo haben die Formbeſtimmungen hieran ein Element des ſelbſtſtaͤndigen Beſtehens. Ihr Schein vervollſtaͤndigt ſich zur Er- ſcheinung. Die zur Unmittelbarkeit fortgegangene Weſenheit iſt zunaͤchſt Exiſtenz, und Exiſtirendes oder Ding; als ununterſchiedne Einheit des Weſens mit ſeiner Un- mittelbarkeit. Das Ding enthaͤlt zwar die Reflexion, aber ihre Negativitaͤt iſt in ſeiner Unmittelbarkeit zu- naͤchſt erloſchen; allein weil ſein Grund weſentlich die Reflexion iſt, hebt ſich ſeine Unmittelbarkeit auf; es macht ſich zu einem Geſetztſeyn. So iſt es zweytens Erſcheinung. Die Er- ſcheinung iſt das, was das Ding an ſich iſt, oder ſeine Wahrheit. Dieſe nur geſetzte, in das Andersſeyn re- flectirte Exiſtenz iſt aber eben ſo das Hinausgehen uͤber ſich in ihrer Unendlichkeit; der Welt der Erſcheinung ſtellt ſich die in ſich reflectirte, an ſich ſeyende Welt ge- genuͤber. Aber das erſcheinende und das weſentliche Seyn ſtehen ſchlechthin in Beziehung auf einander. So iſt die Exiſtenz drittens weſentliches Verhaͤltniß; das Erſcheinende zeigt das Weſentliche, und dieſes iſt in ſei- ner Erſcheinung. — Das Verhaͤltniß iſt die noch un- vollkommene Vereinigung der Reflexion in das Anders- ſeyn und der Reflexion in ſich; die vollkommene Durch- dringung beyder iſt die Wirklichkeit. Erſtes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/149
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/149>, abgerufen am 24.11.2024.