Die Momente, die den Inhalt des Gesetzes aus- machen, sind einerseits die Individualität selbst, an- derseits ihre allgemeine unorganische Natur, nem- lich die vorgefundenen Umstände, Lage, Gewohn- heiten, Sitten, Religion, und so weiter; aus diesen ist die bestimmte Individualität zu begreiffen. Sie enthalten Bestimmtes ebensowohl als Allgemeines, und sind zugleich Vorhandenes, das sich der Beob- achtung darbietet, und sich an der andern Seite in der Form der Individualität ausdrückt.
Das Gesetz dieses Verhältnisses der beyden Sei- ten müsste nun diss enthalten, was diese bestimmten Umstände für eine Wirkung und Einfluss auf die Individualität ausüben. Diese Individualität aber ist gerade diss, ebensowohl das Allgemeine zu seyn, und daher auf eine ruhige unmittelbare Weise mit dem vorhandenen Allgemeinen, den Sitten, Gewohnheiten u. s. f. zusammen zu fliessen und ihnen gemäss zu wer- den, als sich entgegengesetzt gegen sie zu verhalten, und sie vielmehr zu verkehren, -- sowie gegen sie in ihrer Einzelnheit ganz gleichgültig sich zu ver- halten, sie nicht auf sich einwirken zu lassen, und nicht gegen sie thätig zu seyn. Was auf die Indi- vidualität Einfluss und welchen Einfluss es haben soll, -- was eigentlich gleichbedeutend ist, -- hängt darum nur von der Individualität selbst ab; dadurch ist diese Individualität diese bestimmte geworden, heisst nichts anders, als sie ist diss schon gewesen. Um- stände, Lage, Sitten und so fort, welche einerseits
Die Momente, die den Inhalt des Gesetzes aus- machen, sind einerseits die Individualität selbst, an- derseits ihre allgemeine unorganische Natur, nem- lich die vorgefundenen Umstände, Lage, Gewohn- heiten, Sitten, Religion, und so weiter; aus diesen ist die bestimmte Individualität zu begreiffen. Sie enthalten Bestimmtes ebensowohl als Allgemeines, und sind zugleich Vorhandenes, das sich der Beob- achtung darbietet, und sich an der andern Seite in der Form der Individualität ausdrückt.
Das Gesetz dieses Verhältnisses der beyden Sei- ten müſste nun diſs enthalten, was diese bestimmten Umstände für eine Wirkung und Einfluſs auf die Individualität ausüben. Diese Individualität aber ist gerade diſs, ebensowohl das Allgemeine zu seyn, und daher auf eine ruhige unmittelbare Weise mit dem vorhandenen Allgemeinen, den Sitten, Gewohnheiten u. s. f. zusammen zu flieſsen und ihnen gemäſs zu wer- den, als sich entgegengesetzt gegen sie zu verhalten, und sie vielmehr zu verkehren, — sowie gegen sie in ihrer Einzelnheit ganz gleichgültig sich zu ver- halten, sie nicht auf sich einwirken zu lassen, und nicht gegen sie thätig zu seyn. Was auf die Indi- vidualität Einfluſs und welchen Einfluſs es haben soll, — was eigentlich gleichbedeutend ist, — hängt darum nur von der Individualität selbst ab; dadurch ist diese Individualität diese bestimmte geworden, heiſst nichts anders, als sie ist diſs schon gewesen. Um- stände, Lage, Sitten und so fort, welche einerseits
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Die Momente, die den Inhalt des Gesetzes aus-
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lich die vorgefundenen Umstände, Lage, Gewohn-
heiten, Sitten, Religion, und so weiter; aus diesen
ist die bestimmte Individualität zu begreiffen. Sie
enthalten Bestimmtes ebensowohl als Allgemeines,
und sind zugleich Vorhandenes, das sich der Beob-
achtung darbietet, und sich an der andern Seite in
der Form der Individualität ausdrückt.
Das Gesetz dieses Verhältnisses der beyden Sei-
ten müſste nun diſs enthalten, was diese bestimmten
Umstände für eine Wirkung und Einfluſs auf die
Individualität ausüben. Diese Individualität aber ist
gerade diſs, ebensowohl das Allgemeine zu seyn, und
daher auf eine ruhige unmittelbare Weise mit dem
vorhandenen Allgemeinen, den Sitten, Gewohnheiten
u. s. f. zusammen zu flieſsen und ihnen gemäſs zu wer-
den, als sich entgegengesetzt gegen sie zu verhalten,
und sie vielmehr zu verkehren, — sowie gegen sie
in ihrer Einzelnheit ganz gleichgültig sich zu ver-
halten, sie nicht auf sich einwirken zu lassen, und
nicht gegen sie thätig zu seyn. Was auf die Indi-
vidualität Einfluſs und welchen Einfluſs es haben
soll, — was eigentlich gleichbedeutend ist, — hängt
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ist diese Individualität diese bestimmte geworden, heiſst
nichts anders, als sie ist diſs schon gewesen. Um-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/349>, abgerufen am 22.11.2024.
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