Bildung, sich selbstwissende Wesenheit des Denkens in der Moralität, und im Gewissen ist sie das Subject, das diese Momente an ihm selbst weiss. Wenn das ehrliche Bewusstseyn nur immer die leere Sache selbst ergreifft, so gewinnt dagegen das Gewissen sie in ih- rer Erfüllung, die es ihr durch sich gibt. Es ist diese Macht dadurch, dass es die Momente des Bewusst- seyns als Momente weiss, und als ihr negatives We- sen, sie beherrscht.
Das Gewissen in Beziehung auf die einzelnen Bestimmungen des Gegensatzes, der am Handeln erscheint, und sein Bewusstseyn über die Natur der- selben betrachtet, so verhält es sich zuerst als Wissen- des zur Wirklichkeit des Falles, worin zu handeln ist. Insofern das Moment der Allgemeinheit an diesem Wissen ist, gehört zum Wissen des gewissenhafften Handelns, die vorliegende Wirklichkeit auf unein- geschränkte Weise zu umfassen, und also die Um- stände des Falles genau zu wissen und in Erwägung zu ziehen. Diss Wissen aber, da es die Allgemein- heit als ein Moment kennt, ist daher ein solches Wis- sen von diesen Umständen, das sich bewusst ist, sie nicht zu umfassen oder darin nicht gewissenhafft zu seyn. Die wahrhafft allgemeine und reine Beziehung des Wissens wäre eine Beziehung auf ein nicht ent- gegengesetztes, auf sich selbst; aber das Handeln durch den Gegensatz, der in ihm wesentlich ist, bezieht sich auf ein Negatives des Bewusstseyns, auf eine an sich seyende Wirklichkeit. Gegen die Einfachheit des
Bildung, ſich ſelbſtwiſſende Weſenheit des Denkens in der Moralität, und im Gewiſſen iſt ſie das Subject, das dieſe Momente an ihm ſelbſt weiſs. Wenn das ehrliche Bewuſstseyn nur immer die leere Sache ſelbſt ergreifft, ſo gewinnt dagegen das Gewiſſen ſie in ih- rer Erfüllung, die es ihr durch ſich gibt. Es iſt dieſe Macht dadurch, daſs es die Momente des Bewuſst- seyns als Momente weiſs, und als ihr negatives We- ſen, ſie beherrſcht.
Das Gewiſſen in Beziehung auf die einzelnen Beſtimmungen des Gegenſatzes, der am Handeln erſcheint, und ſein Bewuſstſeyn über die Natur der- ſelben betrachtet, ſo verhält es sich zuerſt als Wiſſen- des zur Wirklichkeit des Falles, worin zu handeln iſt. Insofern das Moment der Allgemeinheit an dieſem Wiſſen ist, gehört zum Wiſſen des gewiſſenhafften Handelns, die vorliegende Wirklichkeit auf unein- geſchränkte Weiſe zu umfaſſen, und alſo die Um- ſtände des Falles genau zu wiſſen und in Erwägung zu ziehen. Diſs Wiſſen aber, da es die Allgemein- heit als ein Moment kennt, iſt daher ein ſolches Wiſ- ſen von dieſen Umſtänden, das sich bewuſst ist, sie nicht zu umfaſſen oder darin nicht gewiſſenhafft zu ſeyn. Die wahrhafft allgemeine und reine Beziehung des Wiſſens wäre eine Beziehung auf ein nicht ent- gegengeſetztes, auf sich ſelbſt; aber das Handeln durch den Gegenſatz, der in ihm weſentlich ist, bezieht sich auf ein Negatives des Bewuſstseyns, auf eine an sich ſeyende Wirklichkeit. Gegen die Einfachheit des
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0700"n="591"/>
Bildung, ſich ſelbſtwiſſende Weſenheit des Denkens<lb/>
in der Moralität, und im Gewiſſen iſt ſie das <hirendition="#i">Subject</hi>,<lb/>
das dieſe Momente an ihm ſelbſt weiſs. Wenn das<lb/>
ehrliche Bewuſstseyn nur immer <hirendition="#i">die leere Sache ſelbſt</hi><lb/>
ergreifft, ſo gewinnt dagegen das Gewiſſen ſie in ih-<lb/>
rer Erfüllung, die es ihr durch ſich gibt. Es iſt dieſe<lb/>
Macht dadurch, daſs es die Momente des Bewuſst-<lb/>
seyns als <hirendition="#i">Momente</hi> weiſs, und als ihr negatives We-<lb/>ſen, ſie beherrſcht.</p><lb/><p>Das Gewiſſen in Beziehung auf die einzelnen<lb/>
Beſtimmungen des Gegenſatzes, der am Handeln<lb/>
erſcheint, und ſein Bewuſstſeyn über die Natur der-<lb/>ſelben betrachtet, ſo verhält es sich zuerſt als <hirendition="#i">Wiſſen-<lb/>
des</hi> zur <hirendition="#i">Wirklichkeit</hi> des <hirendition="#i">Falles</hi>, worin zu handeln iſt.<lb/>
Insofern das Moment der <hirendition="#i">Allgemeinheit</hi> an dieſem<lb/>
Wiſſen ist, gehört zum Wiſſen des gewiſſenhafften<lb/>
Handelns, die vorliegende Wirklichkeit auf unein-<lb/>
geſchränkte Weiſe zu umfaſſen, und alſo die Um-<lb/>ſtände des Falles genau zu wiſſen und in Erwägung<lb/>
zu ziehen. Diſs Wiſſen aber, da es die Allgemein-<lb/>
heit als ein <hirendition="#i">Moment kennt</hi>, iſt daher ein ſolches Wiſ-<lb/>ſen von dieſen Umſtänden, das sich bewuſst ist, sie<lb/>
nicht zu umfaſſen oder darin nicht gewiſſenhafft zu<lb/>ſeyn. Die wahrhafft allgemeine und reine Beziehung<lb/>
des Wiſſens wäre eine Beziehung auf ein nicht <hirendition="#i">ent-<lb/>
gegengeſetztes</hi>, auf sich ſelbſt; aber das <hirendition="#i">Handeln</hi> durch<lb/>
den Gegenſatz, der in ihm weſentlich ist, bezieht<lb/>
sich auf ein Negatives des Bewuſstseyns, auf eine <hirendition="#i">an<lb/>
sich ſeyende Wirklichkeit</hi>. Gegen die Einfachheit des<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[591/0700]
Bildung, ſich ſelbſtwiſſende Weſenheit des Denkens
in der Moralität, und im Gewiſſen iſt ſie das Subject,
das dieſe Momente an ihm ſelbſt weiſs. Wenn das
ehrliche Bewuſstseyn nur immer die leere Sache ſelbſt
ergreifft, ſo gewinnt dagegen das Gewiſſen ſie in ih-
rer Erfüllung, die es ihr durch ſich gibt. Es iſt dieſe
Macht dadurch, daſs es die Momente des Bewuſst-
seyns als Momente weiſs, und als ihr negatives We-
ſen, ſie beherrſcht.
Das Gewiſſen in Beziehung auf die einzelnen
Beſtimmungen des Gegenſatzes, der am Handeln
erſcheint, und ſein Bewuſstſeyn über die Natur der-
ſelben betrachtet, ſo verhält es sich zuerſt als Wiſſen-
des zur Wirklichkeit des Falles, worin zu handeln iſt.
Insofern das Moment der Allgemeinheit an dieſem
Wiſſen ist, gehört zum Wiſſen des gewiſſenhafften
Handelns, die vorliegende Wirklichkeit auf unein-
geſchränkte Weiſe zu umfaſſen, und alſo die Um-
ſtände des Falles genau zu wiſſen und in Erwägung
zu ziehen. Diſs Wiſſen aber, da es die Allgemein-
heit als ein Moment kennt, iſt daher ein ſolches Wiſ-
ſen von dieſen Umſtänden, das sich bewuſst ist, sie
nicht zu umfaſſen oder darin nicht gewiſſenhafft zu
ſeyn. Die wahrhafft allgemeine und reine Beziehung
des Wiſſens wäre eine Beziehung auf ein nicht ent-
gegengeſetztes, auf sich ſelbſt; aber das Handeln durch
den Gegenſatz, der in ihm weſentlich ist, bezieht
sich auf ein Negatives des Bewuſstseyns, auf eine an
sich ſeyende Wirklichkeit. Gegen die Einfachheit des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/700>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.