Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.

Bild:
<< vorherige Seite

oder Liebesgeschichten. etc.
xemplen. Da gehet es nach dem bekan-
ten Spruch:

Dum spectant oculi laesos, laeduntur
ei ipsi:

Den Augen/ welche was schad-
hafftes offt beblicken/
Pflegt dieser Gegenwurff auch
Schaden einzutrucken.

Wann man in den Romanen Exem-
pel sihet eifersichtiger/ zornmüthiger/
leichtsinniger/ verschwenderischer/
wohllüstiger/ verbuhlter Leuthe/ die
ihren Affecten den Zaum schiessen
lassen/ und bey allem noch trefflich
heraußgestrichen werden/ stärcken sich
ohne Zweifel auch solche Passionen
bey dem Leser. Wird man nicht ver-
brannt davon/ so wird man doch
schwarz. Bleibet man nicht an diesen
Leimruthen/ so last man doch Federen
hinden. Augustinus bekennt von sich
selbst/ daß er über der Lesung des Vir-
giliani
schen Gedichts von AEnea,
und Didone so thöricht bewegt wor-
den/ daß er wol Thränen vergossen.
Uber diß ist ohnlaugbar/ daß der[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]
Aristot.

Mensch der gröste Aff ist/ der meint er
müsse alles nachthun; Wer wil dann
zweiflen/ wann man ihm in der Eitel-

keit
H

oder Liebesgeſchichten. ꝛc.
xemplen. Da gehet es nach dem bekan-
ten Spruch:

Dum ſpectant oculi læſos, læduntur
ei ipſi:

Den Augen/ welche was ſchad-
hafftes offt beblicken/
Pflegt dieſer Gegenwurff auch
Schaden einzutrucken.

Wann man in den Romanen Exem-
pel ſihet eiferſichtiger/ zornmuͤthiger/
leichtſinniger/ verſchwenderiſcher/
wohlluͤſtiger/ verbuhlter Leuthe/ die
ihren Affecten den Zaum ſchieſſen
laſſen/ und bey allem noch trefflich
heraußgeſtrichen werden/ ſtaͤrcken ſich
ohne Zweifel auch ſolche Paſſionen
bey dem Leſer. Wird man nicht ver-
brannt davon/ ſo wird man doch
ſchwarz. Bleibet man nicht an dieſen
Leimruthen/ ſo laſt man doch Federen
hinden. Auguſtinus bekennt von ſich
ſelbſt/ daß er uͤber der Leſung des Vir-
giliani
ſchen Gedichts von Ænea,
und Didone ſo thoͤricht bewegt wor-
den/ daß er wol Thraͤnen vergoſſen.
Uber diß iſt ohnlaugbar/ daß der[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]
Ariſtot.

Menſch der groͤſte Aff iſt/ der meint er
muͤſſe alles nachthun; Wer wil dann
zweiflen/ wann man ihm in der Eitel-

keit
H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0161" n="113"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">oder Liebesge&#x017F;chichten. &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
xemplen. Da gehet es nach dem bekan-<lb/>
ten Spruch:</p><lb/>
        <cit>
          <quote> <hi rendition="#aq">Dum &#x017F;pectant oculi læ&#x017F;os, læduntur<lb/><hi rendition="#et">ei ip&#x017F;i:</hi></hi> </quote>
        </cit><lb/>
        <lg type="poem">
          <l> <hi rendition="#fr">Den Augen/ welche was &#x017F;chad-</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">hafftes offt beblicken/</hi> </hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">Pflegt die&#x017F;er Gegenwurff auch</hi> </l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">Schaden einzutrucken.</hi> </hi> </l>
        </lg><lb/>
        <p>Wann man in den <hi rendition="#aq">Roman</hi>en Exem-<lb/>
pel &#x017F;ihet eifer&#x017F;ichtiger/ zornmu&#x0364;thiger/<lb/>
leicht&#x017F;inniger/ ver&#x017F;chwenderi&#x017F;cher/<lb/>
wohllu&#x0364;&#x017F;tiger/ verbuhlter Leuthe/ die<lb/>
ihren <hi rendition="#aq">Affect</hi>en den Zaum &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ und bey allem noch trefflich<lb/>
heraußge&#x017F;trichen werden/ &#x017F;ta&#x0364;rcken &#x017F;ich<lb/>
ohne Zweifel auch &#x017F;olche <hi rendition="#aq">Pa&#x017F;&#x017F;ion</hi>en<lb/>
bey dem Le&#x017F;er. Wird man nicht ver-<lb/>
brannt davon/ &#x017F;o wird man doch<lb/>
&#x017F;chwarz. Bleibet man nicht an die&#x017F;en<lb/>
Leimruthen/ &#x017F;o la&#x017F;t man doch Federen<lb/>
hinden. <hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tinus</hi> bekennt von &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t/ daß er u&#x0364;ber der Le&#x017F;ung des <hi rendition="#aq">Vir-<lb/>
giliani</hi>&#x017F;chen Gedichts von <hi rendition="#aq">Ænea,</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">Didone</hi> &#x017F;o tho&#x0364;richt bewegt wor-<lb/>
den/ daß er wol Thra&#x0364;nen vergo&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Uber diß i&#x017F;t ohnlaugbar/ daß der<note place="right"><gap reason="fm" unit="chars"/><lb/><hi rendition="#aq">Ari&#x017F;tot.</hi></note><lb/>
Men&#x017F;ch der gro&#x0364;&#x017F;te Aff i&#x017F;t/ der meint er<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e alles nachthun; Wer wil dann<lb/>
zweiflen/ wann man ihm in der Eitel-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">H</hi></fw><fw place="bottom" type="catch">keit</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0161] oder Liebesgeſchichten. ꝛc. xemplen. Da gehet es nach dem bekan- ten Spruch: Dum ſpectant oculi læſos, læduntur ei ipſi: Den Augen/ welche was ſchad- hafftes offt beblicken/ Pflegt dieſer Gegenwurff auch Schaden einzutrucken. Wann man in den Romanen Exem- pel ſihet eiferſichtiger/ zornmuͤthiger/ leichtſinniger/ verſchwenderiſcher/ wohlluͤſtiger/ verbuhlter Leuthe/ die ihren Affecten den Zaum ſchieſſen laſſen/ und bey allem noch trefflich heraußgeſtrichen werden/ ſtaͤrcken ſich ohne Zweifel auch ſolche Paſſionen bey dem Leſer. Wird man nicht ver- brannt davon/ ſo wird man doch ſchwarz. Bleibet man nicht an dieſen Leimruthen/ ſo laſt man doch Federen hinden. Auguſtinus bekennt von ſich ſelbſt/ daß er uͤber der Leſung des Vir- gilianiſchen Gedichts von Ænea, und Didone ſo thoͤricht bewegt wor- den/ daß er wol Thraͤnen vergoſſen. Uber diß iſt ohnlaugbar/ daß der Menſch der groͤſte Aff iſt/ der meint er muͤſſe alles nachthun; Wer wil dann zweiflen/ wann man ihm in der Eitel- keit _ Ariſtot. H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/161
Zitationshilfe: Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/161>, abgerufen am 15.05.2024.