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Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.

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oder Liebesgeschichten/ etc.
da er einen rauhen Sack ange-
tragen/ und vor Hunger Mo-
ren-schwarz außgesehen/ ganz
knochen-mager gewest/ auf dem
blossen Boden geschlaffen/ keine
gekochte Speiß/ und kaum Was-
ser zu sich genommen/ die Scor-
pionen und wilden Bestien zu
einiger Gesellschafft gehabt/
seyen ihm die
Imaginationen beyScil. in
Floralib.

den Däntzen des Frauenzim-
mers gewest; Da der Leib bey
nahem hunger-tod/ haben die
Begirden/ Sehnsuchten und
Geilheiten/ in ihm lauter-loh ge-
brennet
etc. Da kan man nun ge-
dencken/ wie es gehen könne/ und ob es
rahtsam sey/ daß man noch Vorbilder
und Exempel haben müsse? Ohne
Zweifel ist leichter sich des geinens
zuenthalten/ wann man andre den
Rachen angel-weit aufspehren sihet/
als der üppigen Begirden/ wann man
so nette Vormuster ob Augen hat.

CIII. An den Riemen [sagt
das Sprüchwort] lehrnen die Hund
Leder fressen. Der Anlaas macht
Diebe. Wie die Karten ein ohngebun-
den Buch genennt werden/ darinn

man
H v

oder Liebesgeſchichten/ ꝛc.
da er einen rauhen Sack ange-
tragen/ und vor Hunger Mo-
ren-ſchwarz außgeſehen/ ganz
knochen-mager geweſt/ auf dem
bloſſen Boden geſchlaffen/ keine
gekochte Speiß/ und kaum Waſ-
ſer zu ſich genommen/ die Scor-
pionen und wilden Beſtien zu
einiger Geſellſchafft gehabt/
ſeyen ihm die
Imaginationen beyScil. in
Floralib.

den Daͤntzen des Frauenzim-
mers geweſt; Da der Leib bey
nahem hunger-tod/ haben die
Begirden/ Sehnſuchten und
Geilheiten/ in ihm lauter-loh ge-
brennet
ꝛc. Da kan man nun ge-
dencken/ wie es gehen koͤnne/ und ob es
rahtſam ſey/ daß man noch Vorbilder
und Exempel haben muͤſſe? Ohne
Zweifel iſt leichter ſich des geinens
zuenthalten/ wann man andre den
Rachen angel-weit aufſpehren ſihet/
als der uͤppigen Begirden/ wann man
ſo nette Vormuſter ob Augen hat.

CIII. An den Riemen [ſagt
das Spruͤchwort] lehrnen die Hund
Leder freſſen. Der Anlaas macht
Diebe. Wie die Karten ein ohngebun-
den Buch genennt werden/ darinn

man
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[121/0169] oder Liebesgeſchichten/ ꝛc. da er einen rauhen Sack ange- tragen/ und vor Hunger Mo- ren-ſchwarz außgeſehen/ ganz knochen-mager geweſt/ auf dem bloſſen Boden geſchlaffen/ keine gekochte Speiß/ und kaum Waſ- ſer zu ſich genommen/ die Scor- pionen und wilden Beſtien zu einiger Geſellſchafft gehabt/ ſeyen ihm die Imaginationen bey den Daͤntzen des Frauenzim- mers geweſt; Da der Leib bey nahem hunger-tod/ haben die Begirden/ Sehnſuchten und Geilheiten/ in ihm lauter-loh ge- brennet ꝛc. Da kan man nun ge- dencken/ wie es gehen koͤnne/ und ob es rahtſam ſey/ daß man noch Vorbilder und Exempel haben muͤſſe? Ohne Zweifel iſt leichter ſich des geinens zuenthalten/ wann man andre den Rachen angel-weit aufſpehren ſihet/ als der uͤppigen Begirden/ wann man ſo nette Vormuſter ob Augen hat. Scil. in Floralib. CIII. An den Riemen [ſagt das Spruͤchwort] lehrnen die Hund Leder freſſen. Der Anlaas macht Diebe. Wie die Karten ein ohngebun- den Buch genennt werden/ darinn man H v

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Zitationshilfe: Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/169>, abgerufen am 22.12.2024.