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Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.

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oder Liebesgeschichten. etc.
Leuthe/ die Erbauwung lieben/ ob den
Romanen wunderselten betretten
wird.

CXVI. Von Hierone demPlut.
Apopht.
p.
305.

König in Sicilien lesen wir/ daß er den
Poeten Epicharmum hart ge-
strafft/ weil er in Gegenwart seiner
Gemahlin etwas üppiges geredet:
Aber die Roman-Schreiber strafft
leider niemand/ da sie es vor der gan-
zen Welt/ ohne Maß/ thun. CatoId. in Ca-
tone.

Major hat dem vornehmen Mann
Manlio zur Straff den Rath-Stuhl
mit heim gegeben/ da außkommen/ daß
er in Ansicht der Tochter seine Frauw
geküßt. Wenn diser kluge Mann be-
funden/ daß ein blosser und zwar keu-
scher ehlicher Kuß ärgerlich fallen kön-
nen/ wie wollens die Romans ver-
antworten/ die so vil tausendschlimme-
res/ als in einem Spiegel und Schand-
Gemähld mit sittsamer guter Weil
und Rhetorischen Weckeren der Pas-
sion
en jedermann hart für Augen
stellen? Summa/ es kan disen Punckt
niemand läugnen/ und läugnet ihn
auch niemand/ sonder man sucht es
vilfältig zuentschuldigen/ wie wir un-
den hören werden.

Aber

oder Liebesgeſchichten. ꝛc.
Leuthe/ die Erbauwung lieben/ ob den
Romanen wunderſelten betretten
wird.

CXVI. Von Hierone demPlut.
Apopht.
p.
305.

Koͤnig in Sicilien leſen wir/ daß er den
Poeten Epicharmum hart ge-
ſtrafft/ weil er in Gegenwart ſeiner
Gemahlin etwas uͤppiges geredet:
Aber die Roman-Schreiber ſtrafft
leider niemand/ da ſie es vor der gan-
zen Welt/ ohne Maß/ thun. CatoId. in Ca-
tone.

Major hat dem vornehmen Mann
Manlio zur Straff den Rath-Stuhl
mit heim gegeben/ da außkommen/ daß
er in Anſicht der Tochter ſeine Frauw
gekuͤßt. Wenn diſer kluge Mann be-
funden/ daß ein bloſſer und zwar keu-
ſcher ehlicher Kuß aͤrgerlich fallen koͤn-
nen/ wie wollens die Romans ver-
antworten/ die ſo vil tauſendſchlimme-
res/ als in einem Spiegel und Schand-
Gemaͤhld mit ſittſamer guter Weil
und Rhetoriſchen Weckeren der Paſ-
ſion
en jedermann hart fuͤr Augen
ſtellen? Summa/ es kan diſen Punckt
niemand laͤugnen/ und laͤugnet ihn
auch niemand/ ſonder man ſucht es
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[139/0187] oder Liebesgeſchichten. ꝛc. Leuthe/ die Erbauwung lieben/ ob den Romanen wunderſelten betretten wird. CXVI. Von Hierone dem Koͤnig in Sicilien leſen wir/ daß er den Poeten Epicharmum hart ge- ſtrafft/ weil er in Gegenwart ſeiner Gemahlin etwas uͤppiges geredet: Aber die Roman-Schreiber ſtrafft leider niemand/ da ſie es vor der gan- zen Welt/ ohne Maß/ thun. Cato Major hat dem vornehmen Mann Manlio zur Straff den Rath-Stuhl mit heim gegeben/ da außkommen/ daß er in Anſicht der Tochter ſeine Frauw gekuͤßt. Wenn diſer kluge Mann be- funden/ daß ein bloſſer und zwar keu- ſcher ehlicher Kuß aͤrgerlich fallen koͤn- nen/ wie wollens die Romans ver- antworten/ die ſo vil tauſendſchlimme- res/ als in einem Spiegel und Schand- Gemaͤhld mit ſittſamer guter Weil und Rhetoriſchen Weckeren der Paſ- ſionen jedermann hart fuͤr Augen ſtellen? Summa/ es kan diſen Punckt niemand laͤugnen/ und laͤugnet ihn auch niemand/ ſonder man ſucht es vilfaͤltig zuentſchuldigen/ wie wir un- den hoͤren werden. Plut. Apopht. p. 305. Id. in Ca- tone. Aber

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Zitationshilfe: Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/187>, abgerufen am 15.05.2024.