Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.III. Im nächt'gen Traum hab' ich mich selbst geschaut, Im schwarzen Gallafrack und seidner Weste, Manschetten an der Hand, als ging's zum Feste, Und vor mir stand mein Liebchen, süß und traut. Ich beugte mich und sagte: "Sind Sie Braut? Ei! ei! so gratulir' ich, meine Beste!" Doch fast die Kehle mir zusammenpreste Der langgezog'ne, vornehm kalte Laut. Und bitt're Thränen plötzlich sich ergossen Aus Liebchens Augen, und in Thränenwogen Ist mir das holde Bildniß fast zerflossen. O süße Augen, fromme Liebessterne, Obschon ihr mir im Wachen oft gelogen, Und auch im Traum, glaub' ich euch dennoch gerne! III. Im nächt'gen Traum hab' ich mich ſelbſt geſchaut, Im ſchwarzen Gallafrack und ſeidner Weſte, Manſchetten an der Hand, als ging's zum Feſte, Und vor mir ſtand mein Liebchen, ſüß und traut. Ich beugte mich und ſagte: „Sind Sie Braut? Ei! ei! ſo gratulir' ich, meine Beſte!“ Doch faſt die Kehle mir zuſammenpreſte Der langgezog'ne, vornehm kalte Laut. Und bitt're Thränen plötzlich ſich ergoſſen Aus Liebchens Augen, und in Thränenwogen Iſt mir das holde Bildniß faſt zerfloſſen. O ſüße Augen, fromme Liebesſterne, Obſchon ihr mir im Wachen oft gelogen, Und auch im Traum, glaub' ich euch dennoch gerne! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0019" n="11"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l>Im nächt'gen Traum hab' ich mich ſelbſt geſchaut,</l><lb/> <l>Im ſchwarzen Gallafrack und ſeidner Weſte,</l><lb/> <l>Manſchetten an der Hand, als ging's zum Feſte,</l><lb/> <l>Und vor mir ſtand mein Liebchen, ſüß und traut.</l><lb/> <l>Ich beugte mich und ſagte: „Sind Sie Braut?</l><lb/> <l>Ei! ei! ſo gratulir' ich, meine Beſte!“</l><lb/> <l>Doch faſt die Kehle mir zuſammenpreſte</l><lb/> <l>Der langgezog'ne, vornehm kalte Laut.</l><lb/> <l>Und bitt're Thränen plötzlich ſich ergoſſen</l><lb/> <l>Aus Liebchens Augen, und in Thränenwogen</l><lb/> <l>Iſt mir das holde Bildniß faſt zerfloſſen.</l><lb/> <l>O ſüße Augen, fromme Liebesſterne,</l><lb/> <l>Obſchon ihr mir im Wachen oft gelogen,</l><lb/> <l>Und auch im Traum, glaub' ich euch dennoch gerne!</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [11/0019]
III.
Im nächt'gen Traum hab' ich mich ſelbſt geſchaut,
Im ſchwarzen Gallafrack und ſeidner Weſte,
Manſchetten an der Hand, als ging's zum Feſte,
Und vor mir ſtand mein Liebchen, ſüß und traut.
Ich beugte mich und ſagte: „Sind Sie Braut?
Ei! ei! ſo gratulir' ich, meine Beſte!“
Doch faſt die Kehle mir zuſammenpreſte
Der langgezog'ne, vornehm kalte Laut.
Und bitt're Thränen plötzlich ſich ergoſſen
Aus Liebchens Augen, und in Thränenwogen
Iſt mir das holde Bildniß faſt zerfloſſen.
O ſüße Augen, fromme Liebesſterne,
Obſchon ihr mir im Wachen oft gelogen,
Und auch im Traum, glaub' ich euch dennoch gerne!
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