und ein hochaufgestapelter Busen, der mit steifen Spitzen und vielzackig festonirten Krägen, wie mit Thürmchen und Bastionen umbaut war, und einer Festung glich, die gewiß eben so wenig wie jene anderen Festungen, von denen Philipp von Mace¬ donien spricht, einem mit Gold beladenen Esel widerstehen würde. Die andere Dame, die Frau Schwester, bildete ganz den Gegensatz der eben beschriebenen. Stammte jene von Pharaos fetten Kühen, so stammte diese von den magern. Das Gesicht nur ein Mund zwischen zwey Ohren, die Brust trostlos öde wie die Lüneburger Haide; die ganze, ausgekochte Gestalt glich einem Freytisch für arme Theologen. Beyde Damen fragten mich zu gleicher Zeit: ob im Hotel de Brühbach auch ordentliche Leute logirten. Ich bejahte es mit gutem Ge¬ wissen, und als das holde Kleeblatt abfuhr, grüßte ich nochmals zum Fenster hinaus. Der Sonnen¬ wirth lächelte gar schlau und mochte wohl wissen, daß der Carzer von den Studenten in Göttingen Hotel de Brühbach genannt wird.
und ein hochaufgeſtapelter Buſen, der mit ſteifen Spitzen und vielzackig feſtonirten Kraͤgen, wie mit Thuͤrmchen und Baſtionen umbaut war, und einer Feſtung glich, die gewiß eben ſo wenig wie jene anderen Feſtungen, von denen Philipp von Mace¬ donien ſpricht, einem mit Gold beladenen Eſel widerſtehen wuͤrde. Die andere Dame, die Frau Schweſter, bildete ganz den Gegenſatz der eben beſchriebenen. Stammte jene von Pharaos fetten Kuͤhen, ſo ſtammte dieſe von den magern. Das Geſicht nur ein Mund zwiſchen zwey Ohren, die Bruſt troſtlos oͤde wie die Luͤneburger Haide; die ganze, ausgekochte Geſtalt glich einem Freytiſch fuͤr arme Theologen. Beyde Damen fragten mich zu gleicher Zeit: ob im Hotel de Bruͤhbach auch ordentliche Leute logirten. Ich bejahte es mit gutem Ge¬ wiſſen, und als das holde Kleeblatt abfuhr, gruͤßte ich nochmals zum Fenſter hinaus. Der Sonnen¬ wirth laͤchelte gar ſchlau und mochte wohl wiſſen, daß der Carzer von den Studenten in Goͤttingen Hotel de Bruͤhbach genannt wird.
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und ein hochaufgeſtapelter Buſen, der mit ſteifen
Spitzen und vielzackig feſtonirten Kraͤgen, wie mit
Thuͤrmchen und Baſtionen umbaut war, und einer
Feſtung glich, die gewiß eben ſo wenig wie jene
anderen Feſtungen, von denen Philipp von Mace¬
donien ſpricht, einem mit Gold beladenen Eſel
widerſtehen wuͤrde. Die andere Dame, die Frau
Schweſter, bildete ganz den Gegenſatz der eben
beſchriebenen. Stammte jene von Pharaos fetten
Kuͤhen, ſo ſtammte dieſe von den magern. Das
Geſicht nur ein Mund zwiſchen zwey Ohren, die Bruſt
troſtlos oͤde wie die Luͤneburger Haide; die ganze,
ausgekochte Geſtalt glich einem Freytiſch fuͤr arme
Theologen. Beyde Damen fragten mich zu gleicher
Zeit: ob im Hotel de Bruͤhbach auch ordentliche
Leute logirten. Ich bejahte es mit gutem Ge¬
wiſſen, und als das holde Kleeblatt abfuhr, gruͤßte
ich nochmals zum Fenſter hinaus. Der Sonnen¬
wirth laͤchelte gar ſchlau und mochte wohl wiſſen,
daß der Carzer von den Studenten in Goͤttingen
Hotel de Bruͤhbach genannt wird.
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 1. Hamburg, 1826, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder01_1826/137>, abgerufen am 27.11.2024.
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