Vergebliches Bemühen! Eine flammende Rie¬ sinn, schreitet die Zeit ruhig weiter, unbekümmert um das Gekläffe bissiger Pfäffchen und Junkerlein da unten. Wie heulen sie jedesmahl, wenn sie sich die Schnautze verbrannt an einem Fuße jener Riesinn, oder wenn diese ihnen mahl unversehens auf die Köpfe trat, daß das obscure Gift her¬ ausspritzte! Ihr Grimm wendet sich dann um so tückischer gegen einzelne Kinder der Zeit, und, ohnmächtig gegen die Masse, suchen sie an Indi¬ viduen ihr feiges Müthchen zu kühlen.
Ach! wir müssen es gestehen, manch armes Kind der Zeit fühlt darum nicht minder die Stiche, die ihm lauernde Pfaffen und Junker im Dun¬ keln beyzubringen wissen, und ach! wenn auch eine Glorie sich zieht um die Wunden des Siegers, so bluten sie dennoch, und schmerzen dennoch! Es ist ein seltsames Martyrthum, das solche Sie¬ ger in unseren Tagen erdulden, es ist nicht abge¬
Vergebliches Bemuͤhen! Eine flammende Rie¬ ſinn, ſchreitet die Zeit ruhig weiter, unbekuͤmmert um das Geklaͤffe biſſiger Pfaͤffchen und Junkerlein da unten. Wie heulen ſie jedesmahl, wenn ſie ſich die Schnautze verbrannt an einem Fuße jener Rieſinn, oder wenn dieſe ihnen mahl unverſehens auf die Koͤpfe trat, daß das obſcure Gift her¬ ausſpritzte! Ihr Grimm wendet ſich dann um ſo tuͤckiſcher gegen einzelne Kinder der Zeit, und, ohnmaͤchtig gegen die Maſſe, ſuchen ſie an Indi¬ viduen ihr feiges Muͤthchen zu kuͤhlen.
Ach! wir muͤſſen es geſtehen, manch armes Kind der Zeit fuͤhlt darum nicht minder die Stiche, die ihm lauernde Pfaffen und Junker im Dun¬ keln beyzubringen wiſſen, und ach! wenn auch eine Glorie ſich zieht um die Wunden des Siegers, ſo bluten ſie dennoch, und ſchmerzen dennoch! Es iſt ein ſeltſames Martyrthum, das ſolche Sie¬ ger in unſeren Tagen erdulden, es iſt nicht abge¬
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Vergebliches Bemuͤhen! Eine flammende Rie¬
ſinn, ſchreitet die Zeit ruhig weiter, unbekuͤmmert
um das Geklaͤffe biſſiger Pfaͤffchen und Junkerlein
da unten. Wie heulen ſie jedesmahl, wenn ſie
ſich die Schnautze verbrannt an einem Fuße jener
Rieſinn, oder wenn dieſe ihnen mahl unverſehens
auf die Koͤpfe trat, daß das obſcure Gift her¬
ausſpritzte! Ihr Grimm wendet ſich dann um ſo
tuͤckiſcher gegen einzelne Kinder der Zeit, und,
ohnmaͤchtig gegen die Maſſe, ſuchen ſie an Indi¬
viduen ihr feiges Muͤthchen zu kuͤhlen.
Ach! wir muͤſſen es geſtehen, manch armes
Kind der Zeit fuͤhlt darum nicht minder die Stiche,
die ihm lauernde Pfaffen und Junker im Dun¬
keln beyzubringen wiſſen, und ach! wenn auch eine
Glorie ſich zieht um die Wunden des Siegers,
ſo bluten ſie dennoch, und ſchmerzen dennoch!
Es iſt ein ſeltſames Martyrthum, das ſolche Sie¬
ger in unſeren Tagen erdulden, es iſt nicht abge¬
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/130>, abgerufen am 21.11.2024.
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