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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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Und nun kommt es: -- die Worte, welche
so tiefgeflüstert und gemurmelt wurden, schwellen
an so laut, daß sie selbst den Jubelruf der eignen
Parthey übertönen, und nachdem irgend ein un¬
glückseliger Gegner bis auf die Knochen geschun¬
den, und seine verstümmelten Glieder durch alle
Redefiguren durchgestampft worden, dann ist der
Leib des Redners wie niedergebrochen und zerschla¬
gen von der Kraft seines eignen Geistes, er sinkt
auf seinen Sitz zurück und der Beyfalllärm der
Versammlung kann jetzt unaufhaltbar hervorbrechen."

Ich habe es nie so glücklich getroffen, daß ich
Brougham während einer solchen Rede im Par¬
lamente ruhig betrachten konnte. Nur stückweis
oder Unwichtiges hörte ich ihn sprechen, und nur
selten kam er mir dabey selbst zu Gesicht. Im¬
mer aber -- das merkte ich gleich -- sobald er
das Wort nahm, erfolgte eine tiefe, fast ängstliche
Stille. Das Bild, das oben von ihm entworfen

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Und nun kommt es: — die Worte, welche
ſo tiefgefluͤſtert und gemurmelt wurden, ſchwellen
an ſo laut, daß ſie ſelbſt den Jubelruf der eignen
Parthey uͤbertoͤnen, und nachdem irgend ein un¬
gluͤckſeliger Gegner bis auf die Knochen geſchun¬
den, und ſeine verſtuͤmmelten Glieder durch alle
Redefiguren durchgeſtampft worden, dann iſt der
Leib des Redners wie niedergebrochen und zerſchla¬
gen von der Kraft ſeines eignen Geiſtes, er ſinkt
auf ſeinen Sitz zuruͤck und der Beyfalllaͤrm der
Verſammlung kann jetzt unaufhaltbar hervorbrechen.“

Ich habe es nie ſo gluͤcklich getroffen, daß ich
Brougham waͤhrend einer ſolchen Rede im Par¬
lamente ruhig betrachten konnte. Nur ſtuͤckweis
oder Unwichtiges hoͤrte ich ihn ſprechen, und nur
ſelten kam er mir dabey ſelbſt zu Geſicht. Im¬
mer aber — das merkte ich gleich — ſobald er
das Wort nahm, erfolgte eine tiefe, faſt aͤngſtliche
Stille. Das Bild, das oben von ihm entworfen

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[265/0279] Und nun kommt es: — die Worte, welche ſo tiefgefluͤſtert und gemurmelt wurden, ſchwellen an ſo laut, daß ſie ſelbſt den Jubelruf der eignen Parthey uͤbertoͤnen, und nachdem irgend ein un¬ gluͤckſeliger Gegner bis auf die Knochen geſchun¬ den, und ſeine verſtuͤmmelten Glieder durch alle Redefiguren durchgeſtampft worden, dann iſt der Leib des Redners wie niedergebrochen und zerſchla¬ gen von der Kraft ſeines eignen Geiſtes, er ſinkt auf ſeinen Sitz zuruͤck und der Beyfalllaͤrm der Verſammlung kann jetzt unaufhaltbar hervorbrechen.“ Ich habe es nie ſo gluͤcklich getroffen, daß ich Brougham waͤhrend einer ſolchen Rede im Par¬ lamente ruhig betrachten konnte. Nur ſtuͤckweis oder Unwichtiges hoͤrte ich ihn ſprechen, und nur ſelten kam er mir dabey ſelbſt zu Geſicht. Im¬ mer aber — das merkte ich gleich — ſobald er das Wort nahm, erfolgte eine tiefe, faſt aͤngſtliche Stille. Das Bild, das oben von ihm entworfen 17 **

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/279>, abgerufen am 29.11.2024.