sonst so vorlaut, und sind jetzt so nachstill. Wie schmähten sie damals die Franzen und das wel¬ sche Babel und den undeutschen, frivolen Vater¬ landsverräther, der das Franzenthum lobte. Jenes Lob hat sich bewährt in der großen Woche.
Ach, die große Woche von Paris! Der Frey¬ heitsmuth, der von dort herüberwehte nach Deutsch¬ land, hat freylich hie und da die Nachtlichter umgeworfen, so daß die rothen Gardinen an eini¬ gen Thronen in Brand geriethen, und die gold¬ nen Kronen heiß wurden unter den lodernden Schlafmützen; -- aber die alten Häscher, denen die Reichspolizey anvertraut, schleppen schon die Löscheymer herbey, und schnüffeln jetzt um so wach¬ samer, und schmieden um so fester die heimlichen Ketten, und ich merke schon, unsichtbar wölbt sich eine noch dichtere Kerkermauer um das deutsche Volk.
Armes, gefangenes Volk! verzage nicht in dei¬
ſonſt ſo vorlaut, und ſind jetzt ſo nachſtill. Wie ſchmaͤhten ſie damals die Franzen und das wel¬ ſche Babel und den undeutſchen, frivolen Vater¬ landsverraͤther, der das Franzenthum lobte. Jenes Lob hat ſich bewaͤhrt in der großen Woche.
Ach, die große Woche von Paris! Der Frey¬ heitsmuth, der von dort heruͤberwehte nach Deutſch¬ land, hat freylich hie und da die Nachtlichter umgeworfen, ſo daß die rothen Gardinen an eini¬ gen Thronen in Brand geriethen, und die gold¬ nen Kronen heiß wurden unter den lodernden Schlafmuͤtzen; — aber die alten Haͤſcher, denen die Reichspolizey anvertraut, ſchleppen ſchon die Loͤſcheymer herbey, und ſchnuͤffeln jetzt um ſo wach¬ ſamer, und ſchmieden um ſo feſter die heimlichen Ketten, und ich merke ſchon, unſichtbar woͤlbt ſich eine noch dichtere Kerkermauer um das deutſche Volk.
Armes, gefangenes Volk! verzage nicht in dei¬
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ſonſt ſo vorlaut, und ſind jetzt ſo nachſtill. Wie
ſchmaͤhten ſie damals die Franzen und das wel¬
ſche Babel und den undeutſchen, frivolen Vater¬
landsverraͤther, der das Franzenthum lobte. Jenes
Lob hat ſich bewaͤhrt in der großen Woche.
Ach, die große Woche von Paris! Der Frey¬
heitsmuth, der von dort heruͤberwehte nach Deutſch¬
land, hat freylich hie und da die Nachtlichter
umgeworfen, ſo daß die rothen Gardinen an eini¬
gen Thronen in Brand geriethen, und die gold¬
nen Kronen heiß wurden unter den lodernden
Schlafmuͤtzen; — aber die alten Haͤſcher, denen
die Reichspolizey anvertraut, ſchleppen ſchon die
Loͤſcheymer herbey, und ſchnuͤffeln jetzt um ſo wach¬
ſamer, und ſchmieden um ſo feſter die heimlichen
Ketten, und ich merke ſchon, unſichtbar woͤlbt ſich
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/333>, abgerufen am 23.11.2024.
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