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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831.

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Vermählungsfest mit dem Tode feyert und Schön¬
heit und Jugend dazu eingeladen hat. Ja, es
war so ein lebendes Todtenfest, ich weiß nicht wie
es im Kalender genannt wird, auf jeden Fall so
ein Schindungstag irgend eines geduldigen Mar¬
tyrers, denn ich sah nachher einen heiligen Todten¬
schädel und noch einige Extra-Knochen, mit Blu¬
men und Edelsteinen geziert, und unter hochzeitli¬
cher Musik herumtragen. Es war eine schöne
Prozession.

Voran gingen die Kapuziner, die sich von den
anderen Mönchen durch lange Bärte auszeichneten,
und gleichsam die Sapeurs dieser Glaubensarmee
bildeten. Darauf folgten Kapuziner ohne Bärte,
worunter viele männlich edle Gesichter, sogar
manch jugendlich schönes Gesicht, das die breite
Tonsur sehr gut kleidete, weil der Kopf dadurch
wie mit einem zierlichen Haarkranz umflochten
schien, und sammt dem bloßen Nacken recht
anmuthig aus der braunen Kutte hervortrat.

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Vermaͤhlungsfeſt mit dem Tode feyert und Schoͤn¬
heit und Jugend dazu eingeladen hat. Ja, es
war ſo ein lebendes Todtenfeſt, ich weiß nicht wie
es im Kalender genannt wird, auf jeden Fall ſo
ein Schindungstag irgend eines geduldigen Mar¬
tyrers, denn ich ſah nachher einen heiligen Todten¬
ſchaͤdel und noch einige Extra-Knochen, mit Blu¬
men und Edelſteinen geziert, und unter hochzeitli¬
cher Muſik herumtragen. Es war eine ſchoͤne
Prozeſſion.

Voran gingen die Kapuziner, die ſich von den
anderen Moͤnchen durch lange Baͤrte auszeichneten,
und gleichſam die Sapeurs dieſer Glaubensarmee
bildeten. Darauf folgten Kapuziner ohne Baͤrte,
worunter viele maͤnnlich edle Geſichter, ſogar
manch jugendlich ſchoͤnes Geſicht, das die breite
Tonſur ſehr gut kleidete, weil der Kopf dadurch
wie mit einem zierlichen Haarkranz umflochten
ſchien, und ſammt dem bloßen Nacken recht
anmuthig aus der braunen Kutte hervortrat.

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[33/0047] Vermaͤhlungsfeſt mit dem Tode feyert und Schoͤn¬ heit und Jugend dazu eingeladen hat. Ja, es war ſo ein lebendes Todtenfeſt, ich weiß nicht wie es im Kalender genannt wird, auf jeden Fall ſo ein Schindungstag irgend eines geduldigen Mar¬ tyrers, denn ich ſah nachher einen heiligen Todten¬ ſchaͤdel und noch einige Extra-Knochen, mit Blu¬ men und Edelſteinen geziert, und unter hochzeitli¬ cher Muſik herumtragen. Es war eine ſchoͤne Prozeſſion. Voran gingen die Kapuziner, die ſich von den anderen Moͤnchen durch lange Baͤrte auszeichneten, und gleichſam die Sapeurs dieſer Glaubensarmee bildeten. Darauf folgten Kapuziner ohne Baͤrte, worunter viele maͤnnlich edle Geſichter, ſogar manch jugendlich ſchoͤnes Geſicht, das die breite Tonſur ſehr gut kleidete, weil der Kopf dadurch wie mit einem zierlichen Haarkranz umflochten ſchien, und ſammt dem bloßen Nacken recht anmuthig aus der braunen Kutte hervortrat. 3

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/47>, abgerufen am 23.11.2024.