Regen uns von oben herabbeschert wird? Das ist nicht ganz richtig, dacht ich --
Warum sagen Sie das, Mylady? Warum diese Zweifel nicht lieber verschweigen? Ungläu¬ bige, die keinen Himmel glauben, sollten nicht Proseliten machen; minder tadelnswerth, sogar lobenswerth ist die Proselitenmacherey derjenigen Leute, die einen süperben Himmel haben, und dessen Herrlichkeiten nicht selbstsüchtig allein genie¬ ßen wollen, und deßhalb ihre Nebenmenschen ein¬ laden dran Theil zu nehmen, und sich nicht eher zufrieden geben, bis diese ihre gütige Einladung angenommen.
Ich habe mich aber immer gewundert, Doktor, daß manche reiche Leute dieser Gattung, die wir, als Präsidenten, Vicepräsidenten, oder Sekretäre von Bekehrungsgesellschaften, eifrigst bemüht sehen, etwa einen alten verschimmelten Betteljuden him¬ melfähig zu machen und seine einstige Genossen¬ schaft im Himmelreich zu erwerben, dennoch nie
Regen uns von oben herabbeſchert wird? Das iſt nicht ganz richtig, dacht ich —
Warum ſagen Sie das, Mylady? Warum dieſe Zweifel nicht lieber verſchweigen? Unglaͤu¬ bige, die keinen Himmel glauben, ſollten nicht Proſeliten machen; minder tadelnswerth, ſogar lobenswerth iſt die Proſelitenmacherey derjenigen Leute, die einen ſuͤperben Himmel haben, und deſſen Herrlichkeiten nicht ſelbſtſuͤchtig allein genie¬ ßen wollen, und deßhalb ihre Nebenmenſchen ein¬ laden dran Theil zu nehmen, und ſich nicht eher zufrieden geben, bis dieſe ihre guͤtige Einladung angenommen.
Ich habe mich aber immer gewundert, Doktor, daß manche reiche Leute dieſer Gattung, die wir, als Praͤſidenten, Vicepraͤſidenten, oder Sekretaͤre von Bekehrungsgeſellſchaften, eifrigſt bemuͤht ſehen, etwa einen alten verſchimmelten Betteljuden him¬ melfaͤhig zu machen und ſeine einſtige Genoſſen¬ ſchaft im Himmelreich zu erwerben, dennoch nie
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Regen uns von oben herabbeſchert wird? Das
iſt nicht ganz richtig, dacht ich —
Warum ſagen Sie das, Mylady? Warum
dieſe Zweifel nicht lieber verſchweigen? Unglaͤu¬
bige, die keinen Himmel glauben, ſollten nicht
Proſeliten machen; minder tadelnswerth, ſogar
lobenswerth iſt die Proſelitenmacherey derjenigen
Leute, die einen ſuͤperben Himmel haben, und
deſſen Herrlichkeiten nicht ſelbſtſuͤchtig allein genie¬
ßen wollen, und deßhalb ihre Nebenmenſchen ein¬
laden dran Theil zu nehmen, und ſich nicht eher
zufrieden geben, bis dieſe ihre guͤtige Einladung
angenommen.
Ich habe mich aber immer gewundert, Doktor,
daß manche reiche Leute dieſer Gattung, die wir,
als Praͤſidenten, Vicepraͤſidenten, oder Sekretaͤre
von Bekehrungsgeſellſchaften, eifrigſt bemuͤht ſehen,
etwa einen alten verſchimmelten Betteljuden him¬
melfaͤhig zu machen und ſeine einſtige Genoſſen¬
ſchaft im Himmelreich zu erwerben, dennoch nie
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Heine, Heinrich: Reisebilder. Nachträge. Hamburg, 1831, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder04_1831/82>, abgerufen am 16.02.2025.
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