außerordentlichen Biegsamkeit ihres Geistes und ihren andern Fähigkeiten die Rolle nicht zu schwer. Er müsse das äußerste wagen, sie diese Nacht noch zu sprechen: es wäre nohtwendig, daß sie sich vor- her darauf bereite.
Uebrigens sahen wir immer klärer in dem, was vorgegangen war. Mark Anton stieg nicht aus bloßer Höflichkeit bey seiner letzten Ankunft an unserm Haus ab, da er es bey den vorigen Besuchen nicht that, die er bey seiner Braut ab- legte; der Großherzog mochte Wind bekommen haben, wie der junge Frescobaldi heranwächse, und daß kein bloßer Mahler in ihm stecke, weß- wegen ihn der Adel zu Florenz gewissermaßen ver- achtete; und wollte bey Zeiten der gefährlichen Brut den Nacken brechen. Der Mörder des Vaters hatte denselben in Venedig ausgekundschaf- tet, und sein eigen bös Gewissen dazu angetrie- ben. Das andre ergab sich von selbst: er ließ ihn bey sich mahlen, um ihn genauer kennen zu lernen, und ob er wirklich ge-
fähr-
außerordentlichen Biegſamkeit ihres Geiſtes und ihren andern Faͤhigkeiten die Rolle nicht zu ſchwer. Er muͤſſe das aͤußerſte wagen, ſie dieſe Nacht noch zu ſprechen: es waͤre nohtwendig, daß ſie ſich vor- her darauf bereite.
Uebrigens ſahen wir immer klaͤrer in dem, was vorgegangen war. Mark Anton ſtieg nicht aus bloßer Hoͤflichkeit bey ſeiner letzten Ankunft an unſerm Haus ab, da er es bey den vorigen Beſuchen nicht that, die er bey ſeiner Braut ab- legte; der Großherzog mochte Wind bekommen haben, wie der junge Frescobaldi heranwaͤchſe, und daß kein bloßer Mahler in ihm ſtecke, weß- wegen ihn der Adel zu Florenz gewiſſermaßen ver- achtete; und wollte bey Zeiten der gefaͤhrlichen Brut den Nacken brechen. Der Moͤrder des Vaters hatte denſelben in Venedig ausgekundſchaf- tet, und ſein eigen boͤs Gewiſſen dazu angetrie- ben. Das andre ergab ſich von ſelbſt: er ließ ihn bey ſich mahlen, um ihn genauer kennen zu lernen, und ob er wirklich ge-
faͤhr-
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außerordentlichen Biegſamkeit ihres Geiſtes und
ihren andern Faͤhigkeiten die Rolle nicht zu ſchwer.
Er muͤſſe das aͤußerſte wagen, ſie dieſe Nacht noch
zu ſprechen: es waͤre nohtwendig, daß ſie ſich vor-
her darauf bereite.
Uebrigens ſahen wir immer klaͤrer in dem,
was vorgegangen war. Mark Anton ſtieg nicht
aus bloßer Hoͤflichkeit bey ſeiner letzten Ankunft
an unſerm Haus ab, da er es bey den vorigen
Beſuchen nicht that, die er bey ſeiner Braut ab-
legte; der Großherzog mochte Wind bekommen
haben, wie der junge Frescobaldi heranwaͤchſe,
und daß kein bloßer Mahler in ihm ſtecke, weß-
wegen ihn der Adel zu Florenz gewiſſermaßen ver-
achtete; und wollte bey Zeiten der gefaͤhrlichen
Brut den Nacken brechen. Der Moͤrder des
Vaters hatte denſelben in Venedig ausgekundſchaf-
tet, und ſein eigen boͤs Gewiſſen dazu angetrie-
ben. Das andre ergab ſich von ſelbſt: er
ließ ihn bey ſich mahlen, um ihn genauer
kennen zu lernen, und ob er wirklich ge-
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/147>, abgerufen am 21.11.2024.
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