Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

gemacht, hatte die ganze Liebesgeschicht ein Ende.
Mark Anton nahm dies zwar nicht wie einen
lustigen Streich bey dergleichen Laufbahnen auf
die leichte Achsel; doch konnt er sich sogleich nicht
rächen, und lies die Sache lieber im Verborgnen.
Der Großherzog, in der Folge davon benachrich-
tiget, gebrauchte ihn hernach, als ein Mann, der
seine Leute kannte, zu seinen Absichten. Ardinghello,
noch Knabe, bekümmerte sich nicht um solche
Dinge. So entstehen immer die wichtigsten
Folgen aus Kleinigkeiten.

Ich gieng darauf zu meiner Mutter; und
er schloß sich auf sein Zimmer. Um Mitternacht
schlich er heraus, und stieg in Cäciliens Garten.
Sie hatten sich gleich im Anfang ihrer Liebe Zei-
chen für Augen und Ohren erfunden, die kein
andrer Mensch verstand und die ohne allen Ver-
dacht waren. Sie vernahm ihn, und erschrack:
diese Zeit über sollte keine Zusammenkunft mehr
gehalten werden; und besann sich, ob sie kom-

men

gemacht, hatte die ganze Liebesgeſchicht ein Ende.
Mark Anton nahm dies zwar nicht wie einen
luſtigen Streich bey dergleichen Laufbahnen auf
die leichte Achſel; doch konnt er ſich ſogleich nicht
raͤchen, und lies die Sache lieber im Verborgnen.
Der Großherzog, in der Folge davon benachrich-
tiget, gebrauchte ihn hernach, als ein Mann, der
ſeine Leute kannte, zu ſeinen Abſichten. Ardinghello,
noch Knabe, bekuͤmmerte ſich nicht um ſolche
Dinge. So entſtehen immer die wichtigſten
Folgen aus Kleinigkeiten.

Ich gieng darauf zu meiner Mutter; und
er ſchloß ſich auf ſein Zimmer. Um Mitternacht
ſchlich er heraus, und ſtieg in Caͤciliens Garten.
Sie hatten ſich gleich im Anfang ihrer Liebe Zei-
chen fuͤr Augen und Ohren erfunden, die kein
andrer Menſch verſtand und die ohne allen Ver-
dacht waren. Sie vernahm ihn, und erſchrack:
dieſe Zeit uͤber ſollte keine Zuſammenkunft mehr
gehalten werden; und beſann ſich, ob ſie kom-

men
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0149" n="143"/>
gemacht, hatte die ganze Liebesge&#x017F;chicht ein Ende.<lb/>
Mark Anton nahm dies zwar nicht wie einen<lb/>
lu&#x017F;tigen Streich bey dergleichen Laufbahnen auf<lb/>
die leichte Ach&#x017F;el; doch konnt er &#x017F;ich &#x017F;ogleich nicht<lb/>
ra&#x0364;chen, und lies die Sache lieber im Verborgnen.<lb/>
Der Großherzog, in der Folge davon benachrich-<lb/>
tiget, gebrauchte ihn hernach, als ein Mann, der<lb/>
&#x017F;eine Leute kannte, zu &#x017F;einen Ab&#x017F;ichten. Ardinghello,<lb/>
noch Knabe, beku&#x0364;mmerte &#x017F;ich nicht um &#x017F;olche<lb/>
Dinge. So ent&#x017F;tehen immer die wichtig&#x017F;ten<lb/>
Folgen aus Kleinigkeiten.</p><lb/>
        <p>Ich gieng darauf zu meiner Mutter; und<lb/>
er &#x017F;chloß &#x017F;ich auf &#x017F;ein Zimmer. Um Mitternacht<lb/>
&#x017F;chlich er heraus, und &#x017F;tieg in Ca&#x0364;ciliens Garten.<lb/>
Sie hatten &#x017F;ich gleich im Anfang ihrer Liebe Zei-<lb/>
chen fu&#x0364;r Augen und Ohren erfunden, die kein<lb/>
andrer Men&#x017F;ch ver&#x017F;tand und die ohne allen Ver-<lb/>
dacht waren. Sie vernahm ihn, und er&#x017F;chrack:<lb/>
die&#x017F;e Zeit u&#x0364;ber &#x017F;ollte keine Zu&#x017F;ammenkunft mehr<lb/>
gehalten werden; und be&#x017F;ann &#x017F;ich, ob &#x017F;ie kom-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0149] gemacht, hatte die ganze Liebesgeſchicht ein Ende. Mark Anton nahm dies zwar nicht wie einen luſtigen Streich bey dergleichen Laufbahnen auf die leichte Achſel; doch konnt er ſich ſogleich nicht raͤchen, und lies die Sache lieber im Verborgnen. Der Großherzog, in der Folge davon benachrich- tiget, gebrauchte ihn hernach, als ein Mann, der ſeine Leute kannte, zu ſeinen Abſichten. Ardinghello, noch Knabe, bekuͤmmerte ſich nicht um ſolche Dinge. So entſtehen immer die wichtigſten Folgen aus Kleinigkeiten. Ich gieng darauf zu meiner Mutter; und er ſchloß ſich auf ſein Zimmer. Um Mitternacht ſchlich er heraus, und ſtieg in Caͤciliens Garten. Sie hatten ſich gleich im Anfang ihrer Liebe Zei- chen fuͤr Augen und Ohren erfunden, die kein andrer Menſch verſtand und die ohne allen Ver- dacht waren. Sie vernahm ihn, und erſchrack: dieſe Zeit uͤber ſollte keine Zuſammenkunft mehr gehalten werden; und beſann ſich, ob ſie kom- men

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/149
Zitationshilfe: [Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/149>, abgerufen am 17.05.2024.