und den Petrarca zur Unterlage; und die from- me schrieb, und lächelte unter Thränen:
"Wenn Ardinghello mir meinen Bräutigam Florio Branca aus der Sklaverey erlöst und frey wieder herstellt, und zärtlich liebt und schweigt: so soll er meine erste höchste Gunst ha- ben mit diesen Zeilen, oder Madonna mich nie zu Gnaden annehmen; aber eher er auch nicht einen gütigen Blick verlangen.
Lucinde.
Darauf gab sie mir das Zettelchen mit ei- nem strengen Blick voll Bedachtsamkeit, und sagte: "nun gehorche, und verwahr es sorgfäl- tiglich, wenn ich so viel über dich vermag, als du sprichst. Und noch eins, wer hat dich hie- her gebracht?" Hier mußte mir nun platterdings eine Lüge aus der Noht helfen: "ich sagte; ich sey ihr nachgegangen, und habe mich dort hinter den Schrank versteckt, ohne von ihr bemerkt zu
wer-
und den Petrarca zur Unterlage; und die from- me ſchrieb, und laͤchelte unter Thraͤnen:
„Wenn Ardinghello mir meinen Braͤutigam Florio Branca aus der Sklaverey erloͤſt und frey wieder herſtellt, und zaͤrtlich liebt und ſchweigt: ſo ſoll er meine erſte hoͤchſte Gunſt ha- ben mit dieſen Zeilen, oder Madonna mich nie zu Gnaden annehmen; aber eher er auch nicht einen guͤtigen Blick verlangen.
Lucinde.
Darauf gab ſie mir das Zettelchen mit ei- nem ſtrengen Blick voll Bedachtſamkeit, und ſagte: „nun gehorche, und verwahr es ſorgfaͤl- tiglich, wenn ich ſo viel uͤber dich vermag, als du ſprichſt. Und noch eins, wer hat dich hie- her gebracht?“ Hier mußte mir nun platterdings eine Luͤge aus der Noht helfen: „ich ſagte; ich ſey ihr nachgegangen, und habe mich dort hinter den Schrank verſteckt, ohne von ihr bemerkt zu
wer-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0236"n="230"/>
und den Petrarca zur Unterlage; und die from-<lb/>
me ſchrieb, und laͤchelte unter Thraͤnen:</p><lb/><p>„Wenn Ardinghello mir meinen Braͤutigam<lb/><hirendition="#fr">Florio Branca</hi> aus der Sklaverey erloͤſt und<lb/>
frey wieder herſtellt, und zaͤrtlich liebt und<lb/>ſchweigt: ſo ſoll er meine erſte hoͤchſte Gunſt ha-<lb/>
ben mit dieſen Zeilen, oder Madonna mich nie<lb/>
zu Gnaden annehmen; aber eher er auch nicht<lb/>
einen guͤtigen Blick verlangen.</p><lb/><p><hirendition="#et"><hirendition="#fr">Lucinde</hi>.</hi></p><lb/><p>Darauf gab ſie mir das Zettelchen mit ei-<lb/>
nem ſtrengen Blick voll Bedachtſamkeit, und<lb/>ſagte: „nun gehorche, und verwahr es ſorgfaͤl-<lb/>
tiglich, wenn ich ſo viel uͤber dich vermag, als<lb/>
du ſprichſt. Und noch eins, wer hat dich hie-<lb/>
her gebracht?“ Hier mußte mir nun platterdings<lb/>
eine Luͤge aus der Noht helfen: „ich ſagte; ich<lb/>ſey ihr nachgegangen, und habe mich dort hinter<lb/>
den Schrank verſteckt, ohne von ihr bemerkt zu<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wer-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[230/0236]
und den Petrarca zur Unterlage; und die from-
me ſchrieb, und laͤchelte unter Thraͤnen:
„Wenn Ardinghello mir meinen Braͤutigam
Florio Branca aus der Sklaverey erloͤſt und
frey wieder herſtellt, und zaͤrtlich liebt und
ſchweigt: ſo ſoll er meine erſte hoͤchſte Gunſt ha-
ben mit dieſen Zeilen, oder Madonna mich nie
zu Gnaden annehmen; aber eher er auch nicht
einen guͤtigen Blick verlangen.
Lucinde.
Darauf gab ſie mir das Zettelchen mit ei-
nem ſtrengen Blick voll Bedachtſamkeit, und
ſagte: „nun gehorche, und verwahr es ſorgfaͤl-
tiglich, wenn ich ſo viel uͤber dich vermag, als
du ſprichſt. Und noch eins, wer hat dich hie-
her gebracht?“ Hier mußte mir nun platterdings
eine Luͤge aus der Noht helfen: „ich ſagte; ich
ſey ihr nachgegangen, und habe mich dort hinter
den Schrank verſteckt, ohne von ihr bemerkt zu
wer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 1. Lemgo, 1787, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello01_1787/236>, abgerufen am 17.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.