Aussicht von meinem Zimmer ist bezaubernd. Rom liegt still da, wie ein friedlich Ueberbleibsel von der Herrschaft der Welt; wie ein junger Sproß steigt es hervor aus dem uralten hohlen Stamme der ehemals erhabnen ungeheuern Eiche. Voran grünt das fruchtbare lange und breite Thal, wodurch der Tyber strömt, zwischen rei- zenden Hügeln, die schöne Villen bekränzen; und in grauem Duft und blauer Ferne lagern sich die Gebirge von Sabina, Tivoli und Frascati ma- jestätisch herum. Man sieht so den Aufenthalt von süßen Geschöpfen vor sich, mit denen man auf allen Seiten, da und dort in die Höhen, um allein zu seyn, hinaus flüchten könnte.
Die Nachwelt hat die größten Meisterstücke der Mahlerey dem wilden und kühnen Pabst Julius zu verdanken; und es ist ein seltnes Glück, daß der Heftige einen so scharfen und sichern Blick für das Wesentliche hatte, und sich durch kein Gepränge oder Höflingsgeschwätz täu-
schen
Ausſicht von meinem Zimmer iſt bezaubernd. Rom liegt ſtill da, wie ein friedlich Ueberbleibſel von der Herrſchaft der Welt; wie ein junger Sproß ſteigt es hervor aus dem uralten hohlen Stamme der ehemals erhabnen ungeheuern Eiche. Voran gruͤnt das fruchtbare lange und breite Thal, wodurch der Tyber ſtroͤmt, zwiſchen rei- zenden Huͤgeln, die ſchoͤne Villen bekraͤnzen; und in grauem Duft und blauer Ferne lagern ſich die Gebirge von Sabina, Tivoli und Frascati ma- jeſtaͤtiſch herum. Man ſieht ſo den Aufenthalt von ſuͤßen Geſchoͤpfen vor ſich, mit denen man auf allen Seiten, da und dort in die Hoͤhen, um allein zu ſeyn, hinaus fluͤchten koͤnnte.
Die Nachwelt hat die groͤßten Meiſterſtuͤcke der Mahlerey dem wilden und kuͤhnen Pabſt Julius zu verdanken; und es iſt ein ſeltnes Gluͤck, daß der Heftige einen ſo ſcharfen und ſichern Blick fuͤr das Weſentliche hatte, und ſich durch kein Gepraͤnge oder Hoͤflingsgeſchwaͤtz taͤu-
ſchen
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Ausſicht von meinem Zimmer iſt bezaubernd.
Rom liegt ſtill da, wie ein friedlich Ueberbleibſel
von der Herrſchaft der Welt; wie ein junger
Sproß ſteigt es hervor aus dem uralten hohlen
Stamme der ehemals erhabnen ungeheuern Eiche.
Voran gruͤnt das fruchtbare lange und breite
Thal, wodurch der Tyber ſtroͤmt, zwiſchen rei-
zenden Huͤgeln, die ſchoͤne Villen bekraͤnzen; und
in grauem Duft und blauer Ferne lagern ſich die
Gebirge von Sabina, Tivoli und Frascati ma-
jeſtaͤtiſch herum. Man ſieht ſo den Aufenthalt
von ſuͤßen Geſchoͤpfen vor ſich, mit denen man
auf allen Seiten, da und dort in die Hoͤhen, um
allein zu ſeyn, hinaus fluͤchten koͤnnte.
Die Nachwelt hat die groͤßten Meiſterſtuͤcke
der Mahlerey dem wilden und kuͤhnen Pabſt
Julius zu verdanken; und es iſt ein ſeltnes
Gluͤck, daß der Heftige einen ſo ſcharfen und
ſichern Blick fuͤr das Weſentliche hatte, und ſich
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[Heinse, Wilhelm]: Ardinghello und die glückseeligen Inseln. Bd. 2. Lemgo, 1787, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heinse_ardinghello02_1787/14>, abgerufen am 23.11.2024.
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