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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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spielend verschiedene Spiele, empfunden hat; und die
nun so verschmolzen wieder erwachen, dass in ihnen das
Streben, mit den Karten beschäfftigt zu seyn, vorherrscht,
die besondern Bestimmungen irgend eines Kartenspiels und
irgend welcher Mitspieler dagegen kein Gewicht haben.

Kaum bedarf es der Erinnerung, dass das hier ge-
sagte, auf jede Lieblingsbeschäfftigung passt. Aber etwas
Leidenschaftliches ist wirklich auch in jeder Lieblingsbe-
schäfftigung, in wiefern es nämlich Ueberwindung kostet,
sich von ihr zu trennen.

Eine andre, reiche Quelle gleichartig sich wieder-
hohlender Begehrungen sind die Gefühle des Angeneh-
men und Unangenehmen, in dem Sinne des §. 108. Aber
hier stossen wir auf einen der allerdunkelsten Gegenstände
in der ganzen Psychologie, obgleich auf einen der be-
kanntesten, gewöhnlichsten und in Ansehung dessen die
Gewohnheit es meistens gar nicht zu einer Frage kom-
men lässt. -- Nicht als ob es schwer wäre, das Allge-
meine
der Maximen zu erklären, die aus den erwähn-
ten Gefühlen entspringen; sondern weil die ganz unbe-
zweifelte Thatsache, dass wir das Angenehme begehren
und das Unangenehme fliehen, unsern Blick in eine
Tiefe hineinleitet, zu der wir kein Licht, oder doch nur
einen äusserst schwachen, und mühsam zu gewinnenden,
Schimmer mitnehmen können. Nach gemeiner Psycho-
logie freylich wäre hier mit einem Einflusse des Gefühl-
vermögens auf das Begehrungsvermögen alles abgethan.
Und eben darum wollen wir wenigstens die Dunkelheit
der Stelle kenntlich machen, über die man so leicht hin-
wegzuschlüpfen pflegt.

Was die Thatsache selbst anlangt, so hat schon
Locke darauf aufmerksam gemacht, dass man sie zwar
nicht leugnen, aber sehr beschränken müsse. Im 21 sten
Capitel des zweyten Buchs entwickelt er, dass durch jene
Gefühle zwar ein Verlangen, aber noch nicht der Wille
bestimmt werde; eine Unterscheidung, auf die wir bald
kommen wollen. Den letztern, meint er, treibe vielmehr

spielend verschiedene Spiele, empfunden hat; und die
nun so verschmolzen wieder erwachen, daſs in ihnen das
Streben, mit den Karten beschäfftigt zu seyn, vorherrscht,
die besondern Bestimmungen irgend eines Kartenspiels und
irgend welcher Mitspieler dagegen kein Gewicht haben.

Kaum bedarf es der Erinnerung, daſs das hier ge-
sagte, auf jede Lieblingsbeschäfftigung paſst. Aber etwas
Leidenschaftliches ist wirklich auch in jeder Lieblingsbe-
schäfftigung, in wiefern es nämlich Ueberwindung kostet,
sich von ihr zu trennen.

Eine andre, reiche Quelle gleichartig sich wieder-
hohlender Begehrungen sind die Gefühle des Angeneh-
men und Unangenehmen, in dem Sinne des §. 108. Aber
hier stoſsen wir auf einen der allerdunkelsten Gegenstände
in der ganzen Psychologie, obgleich auf einen der be-
kanntesten, gewöhnlichsten und in Ansehung dessen die
Gewohnheit es meistens gar nicht zu einer Frage kom-
men läſst. — Nicht als ob es schwer wäre, das Allge-
meine
der Maximen zu erklären, die aus den erwähn-
ten Gefühlen entspringen; sondern weil die ganz unbe-
zweifelte Thatsache, daſs wir das Angenehme begehren
und das Unangenehme fliehen, unsern Blick in eine
Tiefe hineinleitet, zu der wir kein Licht, oder doch nur
einen äuſserst schwachen, und mühsam zu gewinnenden,
Schimmer mitnehmen können. Nach gemeiner Psycho-
logie freylich wäre hier mit einem Einflusse des Gefühl-
vermögens auf das Begehrungsvermögen alles abgethan.
Und eben darum wollen wir wenigstens die Dunkelheit
der Stelle kenntlich machen, über die man so leicht hin-
wegzuschlüpfen pflegt.

Was die Thatsache selbst anlangt, so hat schon
Locke darauf aufmerksam gemacht, daſs man sie zwar
nicht leugnen, aber sehr beschränken müsse. Im 21 sten
Capitel des zweyten Buchs entwickelt er, daſs durch jene
Gefühle zwar ein Verlangen, aber noch nicht der Wille
bestimmt werde; eine Unterscheidung, auf die wir bald
kommen wollen. Den letztern, meint er, treibe vielmehr

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[412/0447] spielend verschiedene Spiele, empfunden hat; und die nun so verschmolzen wieder erwachen, daſs in ihnen das Streben, mit den Karten beschäfftigt zu seyn, vorherrscht, die besondern Bestimmungen irgend eines Kartenspiels und irgend welcher Mitspieler dagegen kein Gewicht haben. Kaum bedarf es der Erinnerung, daſs das hier ge- sagte, auf jede Lieblingsbeschäfftigung paſst. Aber etwas Leidenschaftliches ist wirklich auch in jeder Lieblingsbe- schäfftigung, in wiefern es nämlich Ueberwindung kostet, sich von ihr zu trennen. Eine andre, reiche Quelle gleichartig sich wieder- hohlender Begehrungen sind die Gefühle des Angeneh- men und Unangenehmen, in dem Sinne des §. 108. Aber hier stoſsen wir auf einen der allerdunkelsten Gegenstände in der ganzen Psychologie, obgleich auf einen der be- kanntesten, gewöhnlichsten und in Ansehung dessen die Gewohnheit es meistens gar nicht zu einer Frage kom- men läſst. — Nicht als ob es schwer wäre, das Allge- meine der Maximen zu erklären, die aus den erwähn- ten Gefühlen entspringen; sondern weil die ganz unbe- zweifelte Thatsache, daſs wir das Angenehme begehren und das Unangenehme fliehen, unsern Blick in eine Tiefe hineinleitet, zu der wir kein Licht, oder doch nur einen äuſserst schwachen, und mühsam zu gewinnenden, Schimmer mitnehmen können. Nach gemeiner Psycho- logie freylich wäre hier mit einem Einflusse des Gefühl- vermögens auf das Begehrungsvermögen alles abgethan. Und eben darum wollen wir wenigstens die Dunkelheit der Stelle kenntlich machen, über die man so leicht hin- wegzuschlüpfen pflegt. Was die Thatsache selbst anlangt, so hat schon Locke darauf aufmerksam gemacht, daſs man sie zwar nicht leugnen, aber sehr beschränken müsse. Im 21 sten Capitel des zweyten Buchs entwickelt er, daſs durch jene Gefühle zwar ein Verlangen, aber noch nicht der Wille bestimmt werde; eine Unterscheidung, auf die wir bald kommen wollen. Den letztern, meint er, treibe vielmehr

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/447>, abgerufen am 22.11.2024.