dürfniss denen fühlbar, welche das Schauspiel des Ge- dränges unter den verschiedenartigen, vorerwähnten Maxi- men, unbefangen betrachten.
§. 151.
Maximen der Leidenschaften, der Gefühle vom An- genehmen und Unangenehmen, der ästhetischen, und un- ter ihnen, der sittlichen Urtheile, -- dies sind nur erst die Classen der Maximen. Aber jede Classe fasst wie- derum eine Fülle von Maximen in sich, die nach den Umständen ihrer Entstehung mehr oder minder allgemein, und nach der Mannigfaltigkeit der Leidenschaften, der Gefühle, der ästhetischen und sittlichen Urtheile, unter einander verschieden, endlich nach der ganzen Individua- lität in dem Gemüthe eines Jeden, unter sich verwebt sind. Wenn nun bey den Vorfällen des Lebens eine Menge heterogener Maximen, sammt den augenblickli- chen Begehrungen und Gefühlen, im Bewusstseyn zusam- menstossen: was muss sich daraus ergeben?
Dass hier die praktische Ueberlegung, dass die prak- tische Vernunft sich zeigen müsse, wird eben so klar seyn, als aus dem Ganzen unserer Untersuchung offen- bar hervorgeht, die praktische Vernunft könne nicht ein besonderes, hinzukommendes, von jenen zusammensto- ssenden Vorstellungsmassen verschiedenes, in sie hinein- greifendes, und sie nach sich bildendes Vermögen seyn. Sondern, wenn es etwas gleichsam von oben her hinein- greifendes giebt, so hat dieses seinen Sitz in gewissen appercipirenden Vorstellungsmassen, dergleichen wir schon beym innern Sinne und bey der künstlerisch bildenden Phantasie kennen lernen; und wenn die appercipirenden Vorstellungsmassen hier einen höheren Charakter anneh- men, um dessentwillen man ihnen den ehrenvollen Na- men der Vernunft zugesteht, so verdanken sie dieses hinwiederum der Natur praktischer Maximen, besonders solcher, die schon durch logische Thätigkeit im Urthei- len geläutert, bestimmt und verdeutlicht sind.
Die praktische Vernunft zeigt sich im Erwägen, im
II. D d
dürfniſs denen fühlbar, welche das Schauspiel des Ge- dränges unter den verschiedenartigen, vorerwähnten Maxi- men, unbefangen betrachten.
§. 151.
Maximen der Leidenschaften, der Gefühle vom An- genehmen und Unangenehmen, der ästhetischen, und un- ter ihnen, der sittlichen Urtheile, — dies sind nur erst die Classen der Maximen. Aber jede Classe faſst wie- derum eine Fülle von Maximen in sich, die nach den Umständen ihrer Entstehung mehr oder minder allgemein, und nach der Mannigfaltigkeit der Leidenschaften, der Gefühle, der ästhetischen und sittlichen Urtheile, unter einander verschieden, endlich nach der ganzen Individua- lität in dem Gemüthe eines Jeden, unter sich verwebt sind. Wenn nun bey den Vorfällen des Lebens eine Menge heterogener Maximen, sammt den augenblickli- chen Begehrungen und Gefühlen, im Bewuſstseyn zusam- menstoſsen: was muſs sich daraus ergeben?
Daſs hier die praktische Ueberlegung, daſs die prak- tische Vernunft sich zeigen müsse, wird eben so klar seyn, als aus dem Ganzen unserer Untersuchung offen- bar hervorgeht, die praktische Vernunft könne nicht ein besonderes, hinzukommendes, von jenen zusammensto- ſsenden Vorstellungsmassen verschiedenes, in sie hinein- greifendes, und sie nach sich bildendes Vermögen seyn. Sondern, wenn es etwas gleichsam von oben her hinein- greifendes giebt, so hat dieses seinen Sitz in gewissen appercipirenden Vorstellungsmassen, dergleichen wir schon beym innern Sinne und bey der künstlerisch bildenden Phantasie kennen lernen; und wenn die appercipirenden Vorstellungsmassen hier einen höheren Charakter anneh- men, um dessentwillen man ihnen den ehrenvollen Na- men der Vernunft zugesteht, so verdanken sie dieses hinwiederum der Natur praktischer Maximen, besonders solcher, die schon durch logische Thätigkeit im Urthei- len geläutert, bestimmt und verdeutlicht sind.
Die praktische Vernunft zeigt sich im Erwägen, im
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dürfniſs denen fühlbar, welche das Schauspiel des Ge-
dränges unter den verschiedenartigen, vorerwähnten Maxi-
men, unbefangen betrachten.
§. 151.
Maximen der Leidenschaften, der Gefühle vom An-
genehmen und Unangenehmen, der ästhetischen, und un-
ter ihnen, der sittlichen Urtheile, — dies sind nur erst
die Classen der Maximen. Aber jede Classe faſst wie-
derum eine Fülle von Maximen in sich, die nach den
Umständen ihrer Entstehung mehr oder minder allgemein,
und nach der Mannigfaltigkeit der Leidenschaften, der
Gefühle, der ästhetischen und sittlichen Urtheile, unter
einander verschieden, endlich nach der ganzen Individua-
lität in dem Gemüthe eines Jeden, unter sich verwebt
sind. Wenn nun bey den Vorfällen des Lebens eine
Menge heterogener Maximen, sammt den augenblickli-
chen Begehrungen und Gefühlen, im Bewuſstseyn zusam-
menstoſsen: was muſs sich daraus ergeben?
Daſs hier die praktische Ueberlegung, daſs die prak-
tische Vernunft sich zeigen müsse, wird eben so klar
seyn, als aus dem Ganzen unserer Untersuchung offen-
bar hervorgeht, die praktische Vernunft könne nicht ein
besonderes, hinzukommendes, von jenen zusammensto-
ſsenden Vorstellungsmassen verschiedenes, in sie hinein-
greifendes, und sie nach sich bildendes Vermögen seyn.
Sondern, wenn es etwas gleichsam von oben her hinein-
greifendes giebt, so hat dieses seinen Sitz in gewissen
appercipirenden Vorstellungsmassen, dergleichen wir schon
beym innern Sinne und bey der künstlerisch bildenden
Phantasie kennen lernen; und wenn die appercipirenden
Vorstellungsmassen hier einen höheren Charakter anneh-
men, um dessentwillen man ihnen den ehrenvollen Na-
men der Vernunft zugesteht, so verdanken sie dieses
hinwiederum der Natur praktischer Maximen, besonders
solcher, die schon durch logische Thätigkeit im Urthei-
len geläutert, bestimmt und verdeutlicht sind.
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/452>, abgerufen am 22.11.2024.
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