nichts ausführen soll, gar keine Macht ist, weil sie gar nichts wirkt. Es ist eben so klar, dass eine bloss aus- führende Macht, ganz abhängig von der ihr entfremde- ten Gesetzgebung, nichts anders ist, wie die Armee ohne den König; diese ist bekanntlich keine Macht; und es ist viel daran gelegen, dass sie es niemals werde! Es ist wiederum klar, dass der Richter abhängt von dem, welcher ihn einsetzt, so wie von dem, welcher seinen Richterspruch vollziehen wird; ja dass er überhaupt nur durch die Duldung und den guten Willen Dessen exi- stirt, der wirklich die Macht, -- die eine und untheil- bare, -- in Händen hat.
Auf einem Boden kann nur eine Macht seyn; das ist der evidenteste Satz der ganzen Politik. Sind ihrer mehrere, so kann man sich auf keine verlassen; ihr Streit steht bevor, oder bricht aus, vernichtet eine, oder die andre, oder beyde.
Die Unbegreiflichkeit, welche Herr von Haller darin findet, dass so viele sonst gute Köpfe sich mit jener offenbaren Ungereimtheit getragen haben, lässt sich näher beleuchten; und indem ich es thue, wird der Leser meine Absicht, weswegen ich gerade hier -- scheinbar am un- rechten Orte -- von diesen Dingen rede, deutlich ein- sehen.
Zuvörderst: der Begriff des Staats, als einer Gesell- schaft, die geschützt sey durch eine in ihr selbst lie- gende Macht, ist ein vollkommener Widerspruch. Denn die Macht kann eben so gut zerstören, als schützen. Sollte die Gesellschaft dagegen gesichert seyn, und zwar durch eine in ihr selbst liegende Macht, so wäre diese Macht, a) nothwendig sehr viel stärker als die erste, denn sonst entstünde ein Kampf mit zwei- felhaftem Ausgange, also kein Schutz; b) dadurch würde die vorige Macht gebunden, also unnütz, und c) die zweyte Macht wäre nun noch gefährlicher, als die erste; und das Bedürfniss des Schutzes wäre nicht befriedigt, sondern gesteigert.
nichts ausführen soll, gar keine Macht ist, weil sie gar nichts wirkt. Es ist eben so klar, daſs eine bloſs aus- führende Macht, ganz abhängig von der ihr entfremde- ten Gesetzgebung, nichts anders ist, wie die Armee ohne den König; diese ist bekanntlich keine Macht; und es ist viel daran gelegen, daſs sie es niemals werde! Es ist wiederum klar, daſs der Richter abhängt von dem, welcher ihn einsetzt, so wie von dem, welcher seinen Richterspruch vollziehen wird; ja daſs er überhaupt nur durch die Duldung und den guten Willen Dessen exi- stirt, der wirklich die Macht, — die eine und untheil- bare, — in Händen hat.
Auf einem Boden kann nur eine Macht seyn; das ist der evidenteste Satz der ganzen Politik. Sind ihrer mehrere, so kann man sich auf keine verlassen; ihr Streit steht bevor, oder bricht aus, vernichtet eine, oder die andre, oder beyde.
Die Unbegreiflichkeit, welche Herr von Haller darin findet, daſs so viele sonst gute Köpfe sich mit jener offenbaren Ungereimtheit getragen haben, läſst sich näher beleuchten; und indem ich es thue, wird der Leser meine Absicht, weswegen ich gerade hier — scheinbar am un- rechten Orte — von diesen Dingen rede, deutlich ein- sehen.
Zuvörderst: der Begriff des Staats, als einer Gesell- schaft, die geschützt sey durch eine in ihr selbst lie- gende Macht, ist ein vollkommener Widerspruch. Denn die Macht kann eben so gut zerstören, als schützen. Sollte die Gesellschaft dagegen gesichert seyn, und zwar durch eine in ihr selbst liegende Macht, so wäre diese Macht, a) nothwendig sehr viel stärker als die erste, denn sonst entstünde ein Kampf mit zwei- felhaftem Ausgange, also kein Schutz; b) dadurch würde die vorige Macht gebunden, also unnütz, und c) die zweyte Macht wäre nun noch gefährlicher, als die erste; und das Bedürfniſs des Schutzes wäre nicht befriedigt, sondern gesteigert.
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ten Gesetzgebung, nichts anders ist, wie die Armee ohne
den König; diese ist bekanntlich keine Macht; und es
ist viel daran gelegen, daſs sie es niemals werde! Es
ist wiederum klar, daſs der Richter abhängt von dem,
welcher ihn einsetzt, so wie von dem, welcher seinen
Richterspruch vollziehen wird; ja daſs er überhaupt nur
durch die Duldung und den guten Willen Dessen exi-
stirt, der wirklich die Macht, — die eine und untheil-
bare, — in Händen hat.
Auf einem Boden kann nur eine Macht seyn; das
ist der evidenteste Satz der ganzen Politik. Sind ihrer
mehrere, so kann man sich auf keine verlassen; ihr Streit
steht bevor, oder bricht aus, vernichtet eine, oder die
andre, oder beyde.
Die Unbegreiflichkeit, welche Herr von Haller darin
findet, daſs so viele sonst gute Köpfe sich mit jener
offenbaren Ungereimtheit getragen haben, läſst sich näher
beleuchten; und indem ich es thue, wird der Leser meine
Absicht, weswegen ich gerade hier — scheinbar am un-
rechten Orte — von diesen Dingen rede, deutlich ein-
sehen.
Zuvörderst: der Begriff des Staats, als einer Gesell-
schaft, die geschützt sey durch eine in ihr selbst lie-
gende Macht, ist ein vollkommener Widerspruch.
Denn die Macht kann eben so gut zerstören, als
schützen. Sollte die Gesellschaft dagegen gesichert
seyn, und zwar durch eine in ihr selbst liegende Macht,
so wäre diese Macht, a) nothwendig sehr viel stärker
als die erste, denn sonst entstünde ein Kampf mit zwei-
felhaftem Ausgange, also kein Schutz; b) dadurch würde
die vorige Macht gebunden, also unnütz, und c) die
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/46>, abgerufen am 21.11.2024.
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