Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.sondern
hiebey kommt im wirklichen Leben die ganze Wech- 235. Allemal ist die Selbstbeherrschung ein. streng ge- sondern
hiebey kommt im wirklichen Leben die ganze Wech- 235. Allemal ist die Selbstbeherrschung ein. streng ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0194" n="186"/> sondern hiebey kommt im wirklichen Leben die ganze Wech-<lb/> selwirkung des Menschen und seiner Umgebung in Betracht.<lb/> Wie das Wollen ursprünglich aus dem Gedankenkreise her-<lb/> vorging, so leitet es hinwiederum die fernere Bildung des-<lb/> selben durch die Wahl der Beschäfftigungen und Hülfsmittel.<lb/><hi rendition="#g">Bibel</hi> und <hi rendition="#g">Gesangbuch</hi> sind unendlich wichtige Stützen<lb/> der Selbstbeherrschung. Manchem auch kommt Horaz oder<lb/> Cicero zu Hülfe. Gegen Abspannungen des Geistes wirkt<lb/> Diät, Bewegung, das Bad und der Gesundbrunnen. Den<lb/> gebildeten Klassen könnten die Künste, insbesondre das Thea-<lb/> ter viel leisten; ginge nur nicht die Kunst nach Brod! Zwar<lb/> wenn man sieht, daß große Dichter, bey aller Liebhaberey<lb/> für das Theater, doch nicht ihre poetische. Laune in die Be-<lb/> dingungen theatralischer Darstellung fügen mochten, so kann<lb/> man nur den Mangel an deutscher Selbstständigkeit bedau-<lb/> ern, die, von französischer Peinlichkeit zurückgestoßen, sich<lb/> nicht bloß der Bewunderung, sondern auch der Nachahmung<lb/> Shakespeares hingab. Aber der eigentliche Fehler des Thea-<lb/> ters liegt im Speculiren auf die Börsen der Reichen, und<lb/> auf die Schaulust der Masse. Jn die Schlingen der Geld-<lb/> Aristokratie sich zu verstricken, — das ist allgemein die Ge-<lb/> fahr, welche das Zeitalter läuft bey seinen Bestrebungen nach<lb/> Freyheit. Man blicke auf England und Amerika.</p><lb/> <p>235. Allemal ist die Selbstbeherrschung ein. streng ge-<lb/> setzmäßiges psychologisches Ereigniß, und die Gewalt, die<lb/> sie ausübt, hat eine <hi rendition="#g">endliche Größe</hi>, jedoch so, daß<lb/> man niemals behaupten kann, diejenige Stärke der Selbst-<lb/> beherrschung, die ein bestimmtes Jndividuum in einem be-<lb/> stimmten Augenblicke besitzt, sey die größte, zu der irgend<lb/> Jemand, oder zu der auch jenes Jndividuum selbst hätte<lb/> gelangen können. Darum setzt mit Recht die Sittenlehre<lb/> im Allgemeinen voraus: <hi rendition="#g">jede Leidenschaft könne be-<lb/> zwungen werden</hi>, und wenn irgend Jemand seine Lei-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [186/0194]
sondern hiebey kommt im wirklichen Leben die ganze Wech-
selwirkung des Menschen und seiner Umgebung in Betracht.
Wie das Wollen ursprünglich aus dem Gedankenkreise her-
vorging, so leitet es hinwiederum die fernere Bildung des-
selben durch die Wahl der Beschäfftigungen und Hülfsmittel.
Bibel und Gesangbuch sind unendlich wichtige Stützen
der Selbstbeherrschung. Manchem auch kommt Horaz oder
Cicero zu Hülfe. Gegen Abspannungen des Geistes wirkt
Diät, Bewegung, das Bad und der Gesundbrunnen. Den
gebildeten Klassen könnten die Künste, insbesondre das Thea-
ter viel leisten; ginge nur nicht die Kunst nach Brod! Zwar
wenn man sieht, daß große Dichter, bey aller Liebhaberey
für das Theater, doch nicht ihre poetische. Laune in die Be-
dingungen theatralischer Darstellung fügen mochten, so kann
man nur den Mangel an deutscher Selbstständigkeit bedau-
ern, die, von französischer Peinlichkeit zurückgestoßen, sich
nicht bloß der Bewunderung, sondern auch der Nachahmung
Shakespeares hingab. Aber der eigentliche Fehler des Thea-
ters liegt im Speculiren auf die Börsen der Reichen, und
auf die Schaulust der Masse. Jn die Schlingen der Geld-
Aristokratie sich zu verstricken, — das ist allgemein die Ge-
fahr, welche das Zeitalter läuft bey seinen Bestrebungen nach
Freyheit. Man blicke auf England und Amerika.
235. Allemal ist die Selbstbeherrschung ein. streng ge-
setzmäßiges psychologisches Ereigniß, und die Gewalt, die
sie ausübt, hat eine endliche Größe, jedoch so, daß
man niemals behaupten kann, diejenige Stärke der Selbst-
beherrschung, die ein bestimmtes Jndividuum in einem be-
stimmten Augenblicke besitzt, sey die größte, zu der irgend
Jemand, oder zu der auch jenes Jndividuum selbst hätte
gelangen können. Darum setzt mit Recht die Sittenlehre
im Allgemeinen voraus: jede Leidenschaft könne be-
zwungen werden, und wenn irgend Jemand seine Lei-
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(2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-07-05T12:13:38Z)
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(2013-07-05T12:13:38Z)
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(2013-07-05T12:13:38Z)
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