Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.nicht gesondert vom Begehrungsvermögen; daher auch die
b) Die gemachten Eintheilungen können zwar zur er- nicht gesondert vom Begehrungsvermögen; daher auch die
b) Die gemachten Eintheilungen können zwar zur er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0049" n="41"/> nicht gesondert vom Begehrungsvermögen; daher auch die<lb/> Affecten nicht von den Leidenschaften. Wir werden tiefer<lb/> unten zeigen, daß die Affecten nicht in die Klasse der Ge-<lb/> sichte (und noch weniger in die andern, folglich in gar keine<lb/> der gemachten. Klassen) gehören, obgleich Gefühle bey den<lb/> Affecten vorkommen, so wie Affecten bey den Leidenschaf-<lb/> ten — Das Moralische und Ästhetische wird der Erfahrung<lb/> gemäß gefühlt, erkannt und begehrt; dessen ungeachtet ist<lb/> man nicht geneigt, es so wie etwa die Sinnlichkeit, durch<lb/> alle drey Hauptvermögen sich erstrecken zu lassen, als ob<lb/> es moralische Gefühle, Erkenntnisse und Entschließungen <hi rendition="#g">ne-<lb/> ben einander</hi> mit gleicher Selbstständigkeit gäbe, — son-<lb/> dern man streitet darüber, ob das Sittliche seinen Ursprung<lb/> in einem Gebote, <hi rendition="#g">oder</hi> einer Erkenntniß, <hi rendition="#g">oder</hi> einem Ge-<lb/> fühle Habe. Fragt man die Erfahrung, so antwortet sie<lb/> unlängbar, das Sittliche werde am häufigsten gefühlt, sel-<lb/> tener richtig erkannt, und am seltensten gewollt. Damit ist<lb/> aber nichts entschieden, als nur die Unsicherheit und Schwan-<lb/> kung der empirischen Psychologie und jeder Untersuchung,<lb/> die kein besseres Fundament hat.</p><lb/> <p>b) Die gemachten Eintheilungen können zwar zur er-<lb/> sten Übersicht, aber keineswegs zu einer genauen Schilde-<lb/> rung dessen, was im Menschen vorgeht, gebraucht werden;<lb/> denn sie zerreißen das, was in der Wirklichkeit stets verbun-<lb/> den ist. Ob es ein Vorstellen ohne Fühlen und Begehren<lb/> gebe, läßt sich in der Erfahrung nicht nachweisen; diese Re-<lb/> gungen des Gemüths laufen vielmehr unaufhörlich in ein-<lb/> ander. Daß zu jedem Fühlen ein <hi rendition="#g">Gefühltes</hi>, zu jedem<lb/> Begehren ein <hi rendition="#g">Begehrtes</hi> gehöre, leuchtet ein; ob aber<lb/> beydes in jedem Falle ein <hi rendition="#g">Vorgestelltes</hi> seyn müsse, läßt<lb/> sich aus der Erfahrung weder verneinen poch bejahen, weil<lb/> ein Vorgestelltes bis zur Unkenntlichkeit dunkel seyn kann:<lb/> die bejahende Antwort hat indessen das Vorurtheil für sich </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [41/0049]
nicht gesondert vom Begehrungsvermögen; daher auch die
Affecten nicht von den Leidenschaften. Wir werden tiefer
unten zeigen, daß die Affecten nicht in die Klasse der Ge-
sichte (und noch weniger in die andern, folglich in gar keine
der gemachten. Klassen) gehören, obgleich Gefühle bey den
Affecten vorkommen, so wie Affecten bey den Leidenschaf-
ten — Das Moralische und Ästhetische wird der Erfahrung
gemäß gefühlt, erkannt und begehrt; dessen ungeachtet ist
man nicht geneigt, es so wie etwa die Sinnlichkeit, durch
alle drey Hauptvermögen sich erstrecken zu lassen, als ob
es moralische Gefühle, Erkenntnisse und Entschließungen ne-
ben einander mit gleicher Selbstständigkeit gäbe, — son-
dern man streitet darüber, ob das Sittliche seinen Ursprung
in einem Gebote, oder einer Erkenntniß, oder einem Ge-
fühle Habe. Fragt man die Erfahrung, so antwortet sie
unlängbar, das Sittliche werde am häufigsten gefühlt, sel-
tener richtig erkannt, und am seltensten gewollt. Damit ist
aber nichts entschieden, als nur die Unsicherheit und Schwan-
kung der empirischen Psychologie und jeder Untersuchung,
die kein besseres Fundament hat.
b) Die gemachten Eintheilungen können zwar zur er-
sten Übersicht, aber keineswegs zu einer genauen Schilde-
rung dessen, was im Menschen vorgeht, gebraucht werden;
denn sie zerreißen das, was in der Wirklichkeit stets verbun-
den ist. Ob es ein Vorstellen ohne Fühlen und Begehren
gebe, läßt sich in der Erfahrung nicht nachweisen; diese Re-
gungen des Gemüths laufen vielmehr unaufhörlich in ein-
ander. Daß zu jedem Fühlen ein Gefühltes, zu jedem
Begehren ein Begehrtes gehöre, leuchtet ein; ob aber
beydes in jedem Falle ein Vorgestelltes seyn müsse, läßt
sich aus der Erfahrung weder verneinen poch bejahen, weil
ein Vorgestelltes bis zur Unkenntlichkeit dunkel seyn kann:
die bejahende Antwort hat indessen das Vorurtheil für sich
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