Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.gen, die, gereizt und ermuntert, wieder andre Daß der Mensch sie ursprünglich mit den Fur-
gen, die, gereizt und ermuntert, wieder andre Daß der Menſch ſie urſpruͤnglich mit den Fur-
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gen, die, gereizt und ermuntert, wieder andre
gleich zart gebaute Geſchoͤpfe wecken, und wie
durch eine unſichtbare Kette, einem entfernten Her-
zen Funken mittheilen koͤnnen, fuͤr dies ungeſehene
Geſchoͤpf zu fuͤhlen — Dieſe Seufzer, dieſe
Toͤne ſind Sprache. Es giebt alſo eine Spra-
che der Empfindung, die unmittelbares Na-
turgeſetz iſt.
Daß der Menſch ſie urſpruͤnglich mit den
Thieren gemein habe, bezeugen jezt freilich
mehr gewiſſe Reſte, als volle Ausbruͤche; allein
auch dieſe Reſte ſind unwiederſprechlich. — Unſre
kuͤnſtliche Sprache mag die Sprache der Natur ſo
verdraͤnget, unſre buͤrgerliche Lebensart und geſell-
ſchaftliche Artigkeit mag die Fluth und das Meer
der Leidenſchaften ſo gedaͤmmet, ausgetroknet und
abgeleitet haben, als man will; der heftigſte Au-
genblick der Empfindung, wo? und wie ſelten er
ſich finde? nimmt noch immer ſein Recht wieder,
und toͤnt in ſeiner muͤtterlichen Sprache unmittel-
bar durch Accente. Der auffahrende Sturm einer
Leidenſchaft, der ploͤzliche Ueberfall von Freude oder
Frohheit; Schmerz und Jammer, wenn ſie tiefe
Fur-
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