Herder, Johann Gottfried von: Abhandlung über den Ursprung der Sprache. Berlin, 1772.Ohne alle Verschwärzung und Verketzerung Da
Ohne alle Verſchwaͤrzung und Verketzerung Da
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0202" n="196"/> <p>Ohne alle Verſchwaͤrzung und Verketzerung<lb/> der menſchlichen Natur koͤnnen zween oder meh-<lb/> rere nahe Staͤmme, wenn wir uns in ihre Fami-<lb/> liendenkart ſetzen, nicht anders, als bald Gegen-<lb/> ſtaͤnde des Zwiſtes finden. Nicht blos, daß aͤhn-<lb/> liche Beduͤrfniſſe ſie bald in einen Streit, wenn<lb/> ich ſo ſagen darf, des Hungers und Durſtes ver-<lb/> wickeln, wie ſich z. E. zwo Rotten von Hirten<lb/> uͤber Brunnen und Weide zanken, und nach Be-<lb/> ſchaffenheit der Weltgegenden oft ſehr natuͤrlich<lb/> zanken doͤrfen; ein viel heißerer Funke glimmt<lb/> ihr Feuer an — <hi rendition="#fr">Eiferſucht, Gefuͤhl der Ehre,<lb/> Stolz auf ihr Geſchlecht</hi> und ihren <hi rendition="#fr">Vorzug.</hi><lb/> Dieſelbe Familienneigung, die <hi rendition="#fr">in ſich ſelbſt</hi> ge-<lb/> kehret, Staͤrke der <hi rendition="#fr">Eintracht Eines</hi> Stammes<lb/> gab, macht <hi rendition="#fr">außer ſich</hi> gekehrt, gegen ein an-<lb/> dres Geſchlecht, Staͤrke der <hi rendition="#fr">Zwietracht, Fami-<lb/> lienhaß!</hi> dort zogs viele zu Einem deſto veſter<lb/> zuſammen; hier machts aus zwei Partheien gleich<lb/> Feinde. Der Grund dieſer Feindſchaft und ewi-<lb/> gen Kriege iſt in ſolchem Falle mehr edle menſch-<lb/> liche Schwachheit, als niedertraͤchtiges Laſter.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0202]
Ohne alle Verſchwaͤrzung und Verketzerung
der menſchlichen Natur koͤnnen zween oder meh-
rere nahe Staͤmme, wenn wir uns in ihre Fami-
liendenkart ſetzen, nicht anders, als bald Gegen-
ſtaͤnde des Zwiſtes finden. Nicht blos, daß aͤhn-
liche Beduͤrfniſſe ſie bald in einen Streit, wenn
ich ſo ſagen darf, des Hungers und Durſtes ver-
wickeln, wie ſich z. E. zwo Rotten von Hirten
uͤber Brunnen und Weide zanken, und nach Be-
ſchaffenheit der Weltgegenden oft ſehr natuͤrlich
zanken doͤrfen; ein viel heißerer Funke glimmt
ihr Feuer an — Eiferſucht, Gefuͤhl der Ehre,
Stolz auf ihr Geſchlecht und ihren Vorzug.
Dieſelbe Familienneigung, die in ſich ſelbſt ge-
kehret, Staͤrke der Eintracht Eines Stammes
gab, macht außer ſich gekehrt, gegen ein an-
dres Geſchlecht, Staͤrke der Zwietracht, Fami-
lienhaß! dort zogs viele zu Einem deſto veſter
zuſammen; hier machts aus zwei Partheien gleich
Feinde. Der Grund dieſer Feindſchaft und ewi-
gen Kriege iſt in ſolchem Falle mehr edle menſch-
liche Schwachheit, als niedertraͤchtiges Laſter.
Da
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |