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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

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mächtigen Sprunge nicht zum Lauf gemacht ist und keine
Fäulung ihn reizt. Die überdeckte, gefruchte Stirn ist klein
gegen den Untertheil des Gesichts, die Raubknochen und
Freßmuskeln. Plump und lang ist seine Nase: eisern sein
Nacken und Vorderfuß: ansehnlich seine Mähne und
Schweifmuskeln; der Hinderleib hingegen ist schwächer und
feiner. Die Natur hatte ihre furchtbare Kräfte verbraucht
und machte ihn im Geschlecht, auch sonst wenn ihn sein Blut-
durst nicht quält, zu einem sanften und edlen Thier. So
physiologisch ist also auch dieses Geschöpfs Art und Seele.

Ein drittes Beispiel mag der Unau seyn, dem Ansehn
nach das letzte und ungebildetste der vierfüßigen Thiere; ein
Klumpe des Schlammes, der sich zur thierischen Organisa-
tion erhoben. Klein ist sein Kopf und rund; auch alle
Glieder desselben rund und dick, unausgebildet und wulstig.
Sein Hals ist ungelenk; gleichsam Ein Stück mit dem
Kopf. Die Haare desselben begegnen sich mit dem Rücken-
haar, als ob die Natur das Thier in zweierlei Richtungen
formirt habe, ungewiß, welche sie wählen sollte. Sie wähl-
te endlich den Bauch und Hintern zum Haupttheil, dem auch
in der Stellung, Gestalt und ganzen Lebensweise der elende
Kopf nur dienet. Der Wurf liegt am After; Magen und
Gedärm füllen sein Jnneres: Herz, Lunge, Leber sind schlecht

ge-

maͤchtigen Sprunge nicht zum Lauf gemacht iſt und keine
Faͤulung ihn reizt. Die uͤberdeckte, gefruchte Stirn iſt klein
gegen den Untertheil des Geſichts, die Raubknochen und
Freßmuskeln. Plump und lang iſt ſeine Naſe: eiſern ſein
Nacken und Vorderfuß: anſehnlich ſeine Maͤhne und
Schweifmuskeln; der Hinderleib hingegen iſt ſchwaͤcher und
feiner. Die Natur hatte ihre furchtbare Kraͤfte verbraucht
und machte ihn im Geſchlecht, auch ſonſt wenn ihn ſein Blut-
durſt nicht quaͤlt, zu einem ſanften und edlen Thier. So
phyſiologiſch iſt alſo auch dieſes Geſchoͤpfs Art und Seele.

Ein drittes Beiſpiel mag der Unau ſeyn, dem Anſehn
nach das letzte und ungebildetſte der vierfuͤßigen Thiere; ein
Klumpe des Schlammes, der ſich zur thieriſchen Organiſa-
tion erhoben. Klein iſt ſein Kopf und rund; auch alle
Glieder deſſelben rund und dick, unausgebildet und wulſtig.
Sein Hals iſt ungelenk; gleichſam Ein Stuͤck mit dem
Kopf. Die Haare deſſelben begegnen ſich mit dem Ruͤcken-
haar, als ob die Natur das Thier in zweierlei Richtungen
formirt habe, ungewiß, welche ſie waͤhlen ſollte. Sie waͤhl-
te endlich den Bauch und Hintern zum Haupttheil, dem auch
in der Stellung, Geſtalt und ganzen Lebensweiſe der elende
Kopf nur dienet. Der Wurf liegt am After; Magen und
Gedaͤrm fuͤllen ſein Jnneres: Herz, Lunge, Leber ſind ſchlecht

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[132/0154] maͤchtigen Sprunge nicht zum Lauf gemacht iſt und keine Faͤulung ihn reizt. Die uͤberdeckte, gefruchte Stirn iſt klein gegen den Untertheil des Geſichts, die Raubknochen und Freßmuskeln. Plump und lang iſt ſeine Naſe: eiſern ſein Nacken und Vorderfuß: anſehnlich ſeine Maͤhne und Schweifmuskeln; der Hinderleib hingegen iſt ſchwaͤcher und feiner. Die Natur hatte ihre furchtbare Kraͤfte verbraucht und machte ihn im Geſchlecht, auch ſonſt wenn ihn ſein Blut- durſt nicht quaͤlt, zu einem ſanften und edlen Thier. So phyſiologiſch iſt alſo auch dieſes Geſchoͤpfs Art und Seele. Ein drittes Beiſpiel mag der Unau ſeyn, dem Anſehn nach das letzte und ungebildetſte der vierfuͤßigen Thiere; ein Klumpe des Schlammes, der ſich zur thieriſchen Organiſa- tion erhoben. Klein iſt ſein Kopf und rund; auch alle Glieder deſſelben rund und dick, unausgebildet und wulſtig. Sein Hals iſt ungelenk; gleichſam Ein Stuͤck mit dem Kopf. Die Haare deſſelben begegnen ſich mit dem Ruͤcken- haar, als ob die Natur das Thier in zweierlei Richtungen formirt habe, ungewiß, welche ſie waͤhlen ſollte. Sie waͤhl- te endlich den Bauch und Hintern zum Haupttheil, dem auch in der Stellung, Geſtalt und ganzen Lebensweiſe der elende Kopf nur dienet. Der Wurf liegt am After; Magen und Gedaͤrm fuͤllen ſein Jnneres: Herz, Lunge, Leber ſind ſchlecht ge-

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/154>, abgerufen am 21.11.2024.