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Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784.

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theile sind ein Compendium der Welt: Kalk und Erde, Sal-
ze und Säuren, Oel und Wasser, Kräfte der Vegetation, der
Reize, der Empfindungen sind in ihm organisch vereint und
in einander verwebet.

Entweder müssen wir diese Dinge als Spiele der Na-
tur ansehen (und sinnlos spielte die Verstandreiche Natur
nie) oder wir werden darauf gestoßen, auch ein Reich un-
sichtbarer Kräfte
anzunehmen, daß in eben demselben ge-
nauen Zusammenhange und dichten Uebergange
steht,
als wir in den äußern Bildungen wahrnehmen. Je mehr
wir die Natur kennen lernen, desto mehr bemerken wir diese
inwohnenden Kräfte auch sogar in den niedrigsten Ge-
schöpfen, Moosen, Schwämmen u. dgl. Jn einem Thier,
das sich beinah unerschöpflich reproducirt, in der Muskel, die
sich vielartig und lebhaft durch eignen Reiz beweget, sind sie
unläugbar und so ist alles voll organisch-wirkender Allmacht.
Wir wissen nicht, wo diese anfängt, noch wo sie aufhöret: denn
wo Wirkung in der Schöpfung ist, ist Kraft, wo Leben sich
äußert, ist inneres Leben. Es herrscht also allerdings nicht
nur ein Zusammenhang, sondern auch eine aufsteigende
Reihe von Kräften
im unsichtbaren Reich der Schöpfung,
da wir diese in ihrem sichtbaren Reich, in organisirten For-
men vor uns wirken sehen.


Ja

theile ſind ein Compendium der Welt: Kalk und Erde, Sal-
ze und Saͤuren, Oel und Waſſer, Kraͤfte der Vegetation, der
Reize, der Empfindungen ſind in ihm organiſch vereint und
in einander verwebet.

Entweder muͤſſen wir dieſe Dinge als Spiele der Na-
tur anſehen (und ſinnlos ſpielte die Verſtandreiche Natur
nie) oder wir werden darauf geſtoßen, auch ein Reich un-
ſichtbarer Kraͤfte
anzunehmen, daß in eben demſelben ge-
nauen Zuſammenhange und dichten Uebergange
ſteht,
als wir in den aͤußern Bildungen wahrnehmen. Je mehr
wir die Natur kennen lernen, deſto mehr bemerken wir dieſe
inwohnenden Kraͤfte auch ſogar in den niedrigſten Ge-
ſchoͤpfen, Mooſen, Schwaͤmmen u. dgl. Jn einem Thier,
das ſich beinah unerſchoͤpflich reproducirt, in der Muskel, die
ſich vielartig und lebhaft durch eignen Reiz beweget, ſind ſie
unlaͤugbar und ſo iſt alles voll organiſch-wirkender Allmacht.
Wir wiſſen nicht, wo dieſe anfaͤngt, noch wo ſie aufhoͤret: denn
wo Wirkung in der Schoͤpfung iſt, iſt Kraft, wo Leben ſich
aͤußert, iſt inneres Leben. Es herrſcht alſo allerdings nicht
nur ein Zuſammenhang, ſondern auch eine aufſteigende
Reihe von Kraͤften
im unſichtbaren Reich der Schoͤpfung,
da wir dieſe in ihrem ſichtbaren Reich, in organiſirten For-
men vor uns wirken ſehen.


Ja
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[268[248]/0270] theile ſind ein Compendium der Welt: Kalk und Erde, Sal- ze und Saͤuren, Oel und Waſſer, Kraͤfte der Vegetation, der Reize, der Empfindungen ſind in ihm organiſch vereint und in einander verwebet. Entweder muͤſſen wir dieſe Dinge als Spiele der Na- tur anſehen (und ſinnlos ſpielte die Verſtandreiche Natur nie) oder wir werden darauf geſtoßen, auch ein Reich un- ſichtbarer Kraͤfte anzunehmen, daß in eben demſelben ge- nauen Zuſammenhange und dichten Uebergange ſteht, als wir in den aͤußern Bildungen wahrnehmen. Je mehr wir die Natur kennen lernen, deſto mehr bemerken wir dieſe inwohnenden Kraͤfte auch ſogar in den niedrigſten Ge- ſchoͤpfen, Mooſen, Schwaͤmmen u. dgl. Jn einem Thier, das ſich beinah unerſchoͤpflich reproducirt, in der Muskel, die ſich vielartig und lebhaft durch eignen Reiz beweget, ſind ſie unlaͤugbar und ſo iſt alles voll organiſch-wirkender Allmacht. Wir wiſſen nicht, wo dieſe anfaͤngt, noch wo ſie aufhoͤret: denn wo Wirkung in der Schoͤpfung iſt, iſt Kraft, wo Leben ſich aͤußert, iſt inneres Leben. Es herrſcht alſo allerdings nicht nur ein Zuſammenhang, ſondern auch eine aufſteigende Reihe von Kraͤften im unſichtbaren Reich der Schoͤpfung, da wir dieſe in ihrem ſichtbaren Reich, in organiſirten For- men vor uns wirken ſehen. Ja

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit. Bd. 1. Riga u. a., 1784, S. 268[248]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_geschichte01_1784/270>, abgerufen am 26.11.2024.